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WIEN / Staatsoper: Abschiedsgala JOSÉ CARRERAS

15.09.2021 | Konzert/Liederabende
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José Carreras mit Elina Garanca, Lorenzo Bavaj, Michael Arivony. Alle Fotos: Wiener Statsoper / Michael Pöhn

WIEN / Staatsoper: Abschiedsgala JOSÉ CARRERAS

14. September 2021

Nach vielen Jahren kehrt der katalanische Tenor José Carreras noch einmal an die Wiener Staatsoper zurück, um sich von seinem ihm treu gebliebenen Publikum zu verabschieden. Carreras, der sich seit der Genesung von einer Krebserkrankung immer wieder für karitative Zwecke engagiert, spendet die Gage, wie alle übrigen Mitwirkenden des Abends, der gemeinnützigen Organisation Cape 10 Stiftung, die sich für in Not geratene kranke Menschen einsetzt. Die Stiftung zeichnet für folgende drei Projekte verantwortlich: Soforthilfe, ein Kinderprojekt und das Haus der sozialen Innovation. Zu finden ist diese soziale Institution im Wiener Sonnwendviertel in der Nähe des Haupt-Bahnhofes.

Leider sind schon lange vor Galabeginn alle Programme ausverkauft, so dass man sich auf seine eigene Werkskenntnis verlassen muss. Der eigentliche Abend beginnt mit einer Filmvorführung von Höhepunkten einiger großer Carreras-Abende an der Staatsoper. Anschließend begrüßt der Staatsoperndirektor Bogdan Roscic das Publikum und beginnt mit der Würdigung des Startenors: Carreras debütiert 1974 im Haus am Ring als Herzog in Rigoletto. 1977 folgt sein erster und auf Anhieb stürmisch gefeierter Cavaradossi. 1977 ist er als Rodolfo in La Bohéme mitverantwortlich dafür, dass Karajans seine erfolgreiche Rückkehr an die Wiener Staatsoper feiern kann. Es gibt – heute unvorstellbare – 40 Minuten Applaus! Viele weitere Rollen, die seinen Ruf festigten, treten im Laufe der Jahre hinzu, immer wieder und gerne tritt er aber Don Carlo auf. Mit Calaf und Canio begibt er sich in dramatischere Gefilde. Insgesamt singt er 21 Rollen in 140 Abendvorstellungen.

Auf der Bühne, so Roscic in seiner Würdigung, ist Carreras nie ein Einzelgänger, denn er schätzt die Herausforderung durch gleichwertige Sängerkollegen wie Mirella Freni, Agnes Baltsa oder Katia Ricciarelli. Schon nach zehnjähriger Tätigkeit an der Staatsoper wird ihm der Kammersängertitel verliehen. 1987 unterbricht eine Leukämie-Erkrankung die Karriere. 1988 kann der Tenor mit Weltruf triumphal an die Staatsoper zurückkehren und bleibt Wien bis heute treu.

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Foto: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

Den Abend beginnt Carreras mit zwei Tosti-Liedern – und siehe da: der große Erkennungswert seiner einmaligen Stimme ist immer noch vorhanden. Natürlich hört man die Stimme eines 74jährigen Sängers, die an Schönheit aber fast nichts eingebüßt hat. Noch immer beherrscht er die noble Phrasierungskunst und ist dem Wort verbunden. Die Sopranistin Johanna Wallroth, eine vielversprechende junge Sängerin der Wiener Oper, singt eine Arie aus Gianni Schicchi. Der aus Madagaskar stammende Michael Arivony, ein Bariton des Opernstudios, folgt – stimmlich und interpretatorisch hervorragend – mit Schuberts „Ständchen“.

Zum Höhepunkt des Abends wird der Auftritt von Elina Garanca, die solo und auch mit Carreras im Duett neapolitanische Lieder singt. Ihre Stimme hat sehr an Volumen gewonnen. Man darf gespannt sein auf die ganz großen Partien ihres Faches. Besonders berührend ist die Bitte, die Carreras zusammen mit Garanca singt: „No ti scordar di me“ – vergiss mein nicht!

Fast der ganze Abend ist der neapolitanischen Musik gewidmet, die Carreras besonders liegt. Die katalanischen Muttersprache als Basis eignet sich besonders für den Gesang des italienischen und französischen Repertoires. Seit Giuseppe di Stefano hat niemand den neapolitanischen Dialekt so authentisch gekonnt.

Für die musikalische Begleitung sorgen an diesem Abend das Kallisto Quartett, das auch zwei Solonummern spielt und für ein schwungvoll vorgetragenes Mozart-Potpourri gefeiert wird. Den Klavierpart übernimmt an diesem Abend umsichtig Lorenzo Bavaj.

Nachdem ein jubelndes Publikum sich eine halbe Stunde Zugaben erklatscht hat, verabschiedet sich Carreras endgültig mit dem spanischen Lied „Granada“ des mexikanischen Komponisten Agustín Lara. So endet ein denkwürdiger Abend den man nicht so schnell vergessen wird!

Es gibt Stimmen, die ein Geschenk der Götter sind, und so einer durften wir noch einmal lauschen.

Karlheinz Schöberl

 

 

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