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SALZBURG/Festspiele: JUGEND OHNE GOTT von Ödön von Horvath

11.08.2019 | Theater


Damir Avdic, Lukas Turtur, Laurenz Laufenberg. Foto: Arno Declair/Salzburger Festspiele

Salzburger Festspiele: Ö.v.Horvath – JUGEND OHNE GOTT

(Heinrich Schramm-Schiessl)

Premiere: 28. Juli 2019

Besuchte Vorstellung: 11. August 2019

Im Grunde ist es schon seit längerer Zeit ein Ärgernis, dass das Schauspielprogramm im Rahmen der Festspiele mit Ausnahme des „Jedermann“ ausschließlich aus Koproduktionen mit deutschen Bühnen besteht. Diese Tatsache sollte eigentlich Gegenstand eines eigenen Artikels sein, jedoch wäre ein solcher ohne genaue Kenntnis der Kostenaufteilung zwischen den Festspielen und den jeweiligen Bühnen unseiös.

In einer Koproduktion mit der Schaubühne Berlin steht heuer neben anderem der dramatisierte Roman „Jugend ohne Gott“ am Spielplan. Für die Dramatisierung zeichnen Thomas Ostermeier, der derzeitige Intendant der Schaubühne und Florian Borchmeyer verantwortlich, wobei es zunächst wieder einmal die Frage zu stellen gilt, welchen Sinn ein derartiges Unterfangen hat. Gibt es nicht genug Theaterstücke, mit denen man sich auseinandersetzen kann?  Es zeigt sich nämlich immer wieder, dass es problematisch ist, die oft verschiedenen Ebenen eines Romans so miteinander zu verknüpfen, dass die gesamte Aussage des Werkes den Zuschauer erreicht.

Der Roman von Ödön von Horvath erschien 1937 und er beschäftigt sich mit dem Konflikt eines Lehrers mit einigen seiner Schüler vor dem Hintergrund der damals bereits vorherschenden Rassenideologie der Nationalsozialisten. Als er bei der Rückgabe einer Klassenarbeit, die voll von rassistischen Elementen war, einem Schüler gegenüber die Ansicht vertritt, dass Afrikaner die gleichen Menschen seien wie Weisse, verlangen die Schüler seine Ablöse, was der Schuldirektor jedoch ablehnt. Im Rahmen des in den Tagen darauf stattfindenden Wehrsportübungslagers kommt es zu zahlreichen unliebsamen Vorfällen, die letztendlich in der Ermordung eines Schülers gipfeln. Im darauffolgenden Verfahren entzieht sich der tatsächliche Täter der Verurteilung durch Selbstmord und der Lehrer wandert in eine Missionsschule nach Afrika aus.

Bei diesem Roman ist eine Dramatisierung noch schwieriger, da es eine Ich-Erzählung aus Sicht des Lehrers ist. Dies führt dazu, dass der Lehrer immer wieder aus der Handlung treten muss, um das zu erzählen, was man nicht zeigen kann.

Nach langer Zeit gibt es mit diesem Stück wieder einmal eine gelungene Schauspielproduktion in Salzburg. Die Inszenierung, ebenfalls von Thomas Ostermeier ist authentisch, d.h. das Stück wird „vom Blatt“ gespielt. Es wird weder zeitlich noch örtlich etwas verlegt –das ist auch nicht nötig, denn es spielt ja in Deutschland zur Zeit des Nationalsozialismus –und die Personenführung war überzeugend, wobei man den Schauspielern die heute oft üblichen Verrenkungen ersparte. Auch die Videoeinspielungen, die mir oft fürchterlich auf die Nerven gehen, sind nicht nur dezent sondern auch logisch. Sie zeigen meist die oben erwähnten Ebenen des Romanes, die sich nicht gleichzeitig dramatisieren lassen. Lediglich die manchmal auf den Hintergrund projezierten einschlägigen Wochenschauausschnitte waren entbehrlich. Das Bühnenbild (Jan Pappelbaum) wird hinten von einem Wald begrenzt, die Vorderbühne war leer und wurden die nötigen Versatzstücke hereingeschoben. Die hiefür notwendigen Bäume wurden übrigens in Berlin-Grunewald gefällt und nach Salzburg transportiert. Wie das wohl mit dem Klimawandel in Einklang zu bringen ist??? Die Kostüme von Angelika Götz entsprachen der Zeit.

Die zentrale Rolle des Lehrers wurde von Jörg Hartmann – einer breiteren Öffentlichkeit als Dortmunder Tatort-Kommissar und als fieser Stasi-Offizier aus der DDR-Vergangenheitsbewältigungsserie „Weissensee“ bekannt – gespielt und er hat mich eigentlich enttäuscht. Da fehlten Ecken und Kanten und vieles wirkte ziemlich beiläufig. Gut hingegen die drei handlungsrelevanten Schüler in Person von Laurenz Laufenberg (Z), Moritz Gottwald (T) und Damir Avdic (N), die auch in zahlreichen anderen Rollen auftreten mussten. Sie zeigten gute Bühnenpäsenz und waren auch sprachlich durchaus eindrucksvoll. Alina Stiegler als Eva (und anderen Rollen) wirkte stellenweise etwas überdreht und geriet, wenn sie laut artikulieren sollte, sofort ins Schreien. Sehr persönlichkeisstark und auch stimmlich auftrumpfend Lukas Turtur als Feldwebel. Er, Bernardo Arias Porras und Veronika Bachfischer mussten ebenfalls in mehreren Rollen auftreten.

Es war dies die letzte Vorstellung der Serie und wurde vom  Publikum mit lauten Jubel aufgenommen.

Heinrich Schramm-Schiessl

 

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