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CD MENDELSSOHN: Klavierkonzert Nr. 2, Symphonie Nr. 1 – FREIBURGER BAROCKORCHESTER

04.05.2019 | cd

CD MENDELSSOHN: Klavierkonzert Nr. 2, Symphonie Nr. 1 – FREIBURGER BAROCKORCHESTER, harmonia mundi

 

Kristian Bezuidenhout spielt das frühromantische Juwel des zweiten Klavierkonzerts in d-Moll aus der Feder Felix Mendelssohn-Bartholdys auf einem Hammerklavier von Érard, Paris 1837. Der 28-jährige Komponist hatte das dreisätzige Werk aus Anlass des Musikfestivals 1837 von Birmingham geschrieben und auch selbst dort uraufgeführt. Er muss ein technisch toller Pianist gewesen sein. Das Stück war während seiner gar nicht so romantischen Hochzeitsreise entstanden, und so schieben sich neben euphorisch, sonnig leuchtenden Themen auch düstere Wolken ins atmosphärische Marschgepäck. Bezuidenhout greift den nervös fiebrigen Duktus des Werks voller Leben und mit Bravour auf. Das lyrische Sehnen und die Leidenschaften im zarter klingenden Hammerklavier mischen sich stärker mit dem Orchesterpart, als wenn ein moderner Flügel zum Einsatz gekommen wäre. Heras-Casado weiß den mächtigen Orchesterapparat im richtigen Moment zu zügeln, damit die heikle Balance zum Solisten gewahrt bleibt. Nicht  nur in den Soli darf Bezuidenhout ganz der romantisch Held in allen vielschichtigen Facetten sein, von schalkhaft verspielt, träumerisch spintisierend bis zu und tragisch pathetisch.

 

Zuvor erklingt die erste Symphonie in c-Moll genau so quirlig, energiegeladen, spitzbübisch keck und überschwänglich, wie sie der junge Komponist aufs Notenpapier brachte. Die berühmte Frage, ob sie die dreizehnte Symphonie seiner Jugendzeit oder schon eine der reifen und großen Werke darstellt, kann beruhigt zugunsten letzterer Antwort entschieden werden. Die klassisch disponierte Symphonie enthält Anklänge an die ein Jahr später entstandenen Sommernachtstraum-Ouverture, im Andante sind überaus poetische, spirituell-träumerische Wesenszüge auszumachen.  Dass Mendelssohn ein Meister des Kontrapunkts war,  im Menuett aber auch “Sturm und Drang” Charakteristiken integrierte, weist auf einen auch mit formalen Strukturen perfekt vertrauten Musiker hin. Heras-Casado ist ein temperamentvoller Maestro und mit dem Freiburger Barockorchester ganz in seinem Element. Sie musizieren energiegeladen und quecksilbrig, kosten aber auch die lang geschwungenen Kantilenen in kunstvoll gesponnenen Bögen mit Lust an der Sache aus. Der Orchestersatz ist durchhörbar, das jeweils die Melodie führende Instrument darf vor den Vorhang. So wird eine Vielzahl an instrumentellen Details vor allem der atmosphärisch so dichten Holzbläsern hörbar, was in anderen Aufnahmen nicht der Fall ist. Die Vortragsbezeichnung im finalen “Allegro con fuoco” nimmt der Dirigent zu des Hörers Entzücken wörtlich. 

 

Zum Abschluss des Albums erklingt die “Ouverture zum Märchen von der schönen Melusine”, Op. 32. Eigentlich schon eine symphonische Dichtung im Lisztschen Sinn folgt sie programmatisch der mittelalterlichen Sage der Prinzessin Melusine. Ritter Raymond de Lusignan leistet aber der Bedingung, sie an Samstagen nicht zu beobachten (weil Melusine sich da immer in eine Nixe verwandelt) aus allzu großer Neugier nicht Folge. Aus, Schluss mit dem Liebesglück, Melusine ist fortan verdammt, immer als Nixe zu leben. Wie Mendelssohn hier die Wasser- und Ritterwelt in ein üppiges Klanggemälde packt und die Ausführenden der vorliegenden CD dieses Panorama reich kolorieren, ist  eine reine Freude.

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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