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2. SINFONIEKONZERT mit dem Staatsorchester Stuttgart in der Liederhalle (Stream)

08.12.2020 | Konzert/Liederabende

2. SINFONIEKONZERT mit dem Staatsorchester Stuttgart in der Liederhalle am 7.12.2020 (Stream)

Mit zündenden Rhythmen

Europa und Lateinamerika wurden bei diesem reizvollen Konzertabend wirkungsvoll miteinander verbunden. Unter der elektrisierenden Leitung der mexikanischen Dirigentin Alondra de la Parra musizierte das bestens disponierte Staatsorchester Stuttgart zunächst „Metro Chabacano“ von Javier Alvarez, einem mexikanischen Komponisten. Dabei kamen der rhythmische Drive und die lebhaften kurzen Melodien sehr gut zum Vorschein. Und die rhythmischen Prozesse entwickelten sich wie von selbst. Beim Concerto in D von Igor Strawinsky überraschte das Staatsorchester Stuttgart unter Alondra de la Parra mit Klangfarbenreichtum und vollendetem Formgefühl. Die einzelnen Sätze Toccata, Aria und Capriccio fesselten aufgrund ihrer dynamischen Kontraste und harmonischen Vielschichtigkeit. Virtuosität war hier nie Selbstzweck – und die erstaunlichen Kombinationsmöglichkeiten der einzelnen Instrumente wurden voll ausgekostet. Auch die Nähe zum Barock blieb erkennbar. Und die Wandlungen der Satztechnik waren stets nachvollziebar.  Leicht und beschwingt kam das Klavierkonzert Nr. 23 A-Dur KV 488 von Wolfgang Amadeus Mozart daher, das ohne Trompeten instrumentiert ist. Die junge Pianistin Elisabeth Brauß agierte hier mit selbstsicherer Natürlichkeit im Formalen wie im Thematischen. Das Allegro besaß so eine maßvolle Heiterkeit und Helle, aber auch die facettenreichen dunklen Schatten des Werkes kamen nicht zu kurz. Man spürte bei dieser sensiblen Wiedergabe, wie die Harmonik sich in immer fernere Gefilde bewegte. Elisabeth Brauß faszinierte mit ihrem Spiel aufgrund ihrer Fähigkeit, die ganze Skala der verschiedenartigsten Stimmungen konsequent zu erfassen und spieltechnisch zu beleuchten. Das zweite und dritte Thema gipfelte in einer flüssig gehaltenen Durchführung. Resignation, aber auch leise Hoffnung prägten dann den zweiten Adagio-Satz, der in der subtilen Wiedergabe durch Elisabeth Brauß und das Staatsorchester Stuttgart unter der Leitung von Alondra de la Parra  einen bewegenden Eindruck hinterließ. Selbst die Vorstufe zur Romantik wurde bei dieser konzentrierten Interpretation sichtbar. Der Siciliano-Rhythmus der Adagio-Melodie prägte sich tief ins Gedächtnis ein. Heiter und geistvoll erschien zuletzt das glanzvoll musizierte Rondo-Finale, dessen elektrisierende Atemlosigkeit ungemein fesselte. Auch ein Nachhall des Adagio-Satzes stellte sich in berührender Weise ein. Zum Abschluss begeisterte noch die feurige Wiedergabe der „Variaciones Concertantes“ von Alberto Ginastera, wo folkloristische Momente in aufwühlend-erregender Weise ausgekostet wurden. Ganz entfernt kündigte sich schon die Verwandtschaft mit Elementen der Zwolftontechnik an. Die Rhythmen der argentinischen Folklore werden hier in reizvoller Weise mit der Harmonik moderner klassischer Musik verbunden. Dissonanzen und modale Tonalität gewannen bei der gelungenen Wiedergabe eine ausgesprochen starke Präsenz. Insbesondere das facettenreiche Zusammenspiel von Harfe und Violoncello fesselte den Zuschauer. Anlässlich dieses Benefizkonzerts zugunsten der Künstlersoforthilfe sprachen Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Staatsopernintendant Viktor Schoner ein Grußwort. Kretschmann sprach von einem „Alptraum“ für die Kulturschaffenden. Zugunsten der Musiker konnten die Zuschauer Geld spenden. Übrigens hat der Konzertmeister der Metropolitan Opera New York, der amerikanisch-kanadische Violinist Benjamin Bowman, die Elternzeitvertretung für die Stuttgarter Konzertmeisterin Elena Graf übernommen. Er spielte zum ersten Mal im Orchester mit.  

Alexander Walther

 

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