Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN Staatsoper : Wolfgang Amadeus Mozart DIE ZAUBERFLÖTE

Monostatos mit geschwärztem Gesicht – Ja, dürfen´s denn das?

16.12.2018 | Oper

Benjamin BERNHEIM und Clemens UNTEREINER vulgo Tamino und Papageno  Foto(C) Michael Pöhn

WIEN / Staatsoper

DIE ZAUBERFLÖTE  von Wolfgang Amadeus Mozart
26. Aufführung in dieser Inszenierung

Am 15. Dezember 2018


Monostatos mit geschwärztem Gesicht – Ja, dürfen´s denn das?

 

Gerade einmal auf 26 Aufführungen kommt die Neuinszenierung aus dem Jahr 2013, das macht durchschnittlich rund fünf Abende pro Jahr. Das ist für eine Oper, die als eine der beliebtesten der Welt- wenn nicht gar als die beliebteste überhaupt – gilt, nicht gerade viel. Immerhin steht Die Zauberflöte in der nun begonnenen Aufführungsserie bis Jahresende noch fünf weitere Male auf dem Programm. Und es lohnt sich, hinzugehen. Interessante Rollenbesetzungen sorgen für erfreuliche Lichtblicke in einem nicht gerade idealen (Bühnenbild Christian Fenouillat) Umfeld.

Anfang des Jahres machte Benjamin Bernheim an der Wiener Staatsoper erstmals auf sich aufmerksam. Als Nemorino in L´Elisir d´amore bestätigte er den ihm vorauseilenden Ruf, einer der vielversprechendsten lyrischen Tenöre der nachrückenden Sängergeneration zu sein. Zehn Monate später erlebt das Wiener Publikum nun das, was man in Sportkreisen einen „Lauf“ nennen würde (Um einen O-Ton Armin Assingers zu zitieren: Wann´s laaft, dann laaft´s!): Einem gefeierten Rodolfo in La Boheme lässt Bernheim nahezu nahtlos einen ebenso überzeugenden Tamino folgen (wenn auch in eine lächerliche Pluderhose gesteckt) und beweist dabei, dass sein strahlend heller, in allen Lagen sicher geführter Tenor durchaus auch heldisches Potenzial aufzubieten hat, was bei der Gestaltung dieser Partie alles andere als ein Nachteil ist. Auf die weitere Entwicklung dieses Sängers und seine damit einhergehende Erweiterung des Repertoires darf man zu Recht gespannt sein.

Voll Interesse blickte man auch dem Rollendebüt Clemens Unterreiners entgegen. Über die Jahre hat er in vielen grundverschiedenen Produktionen gezeigt, dass er auch noch so kleinen Rollen ein eigenes Profil zu verleihen versteht, ja, dass es ihm fast immer gelingt, aus einer Nebenrolle – wenigstens für den Moment – eine Hauptrolle zu machen und so die Bühne mit seinem Spiel wie mit seinem fein timbrierten Bariton vorübergehend zur Gänze einzunehmen. Der gewohnt naive Naturbursche ist es diesmal wohl nicht, was er da auf die Bühne stellt, aber er gibt einen ebenso sympathisch wie humorvoll gezeichneten – und eben nicht outrierend überzeichneten – Papageno und darf, den Heimvorteil nützend, beim Schlussapplaus als letzter den Beifall entgegennehmen. Ob diese Partie, die er auch schon an der Volksoper gesungen hat, ideal für ihn ist, wird sich freilich erst im Laufe dieser Serie erweisen. Ein Graf Almaviva dürfte ihm derzeit aber vermutlich besser liegen.

René Pape, der in der nächsten Zauberflöte-Aufführung am Dienstag verdienterweise zum Österreichischen Kammersänger ernannt wird, ist ein souveräner Sarastro. Respektgebietend, weise und autoritär steht er dem elitären Kreis der Eingeweihten vor. Warum er bei der Einberufung dieses Gremiums zur Initiation Taminos einen erlegten Hirsch auf den Schultern herbeischleppen muss und diesen auf den Boden knallen lässt, war schon bei der Premiere 2011 ein Rätsel – und man weiß es immer noch nicht. Dieser Hirsch erscheint dann irritierenderweise vor der Feuerprobe nochmals, diesmal an einen Haken von der Decke hängend. Ist diese illustre Runde in Wahrheit nur eine gut als Wohltäterverein getarnte Jagdgesellschaft? Alle Männer tragen Hüte, wenn auch ohne Gamsbart! Die eigentliche Feuerprobe, wenn Tamino und Pamina durch eine geöffnete Klappe in eine glutrote Unterwelt hinabgelassen werden, nimmt sich dann aus wie Don Giovannis Höllenfahrt – nur eben mit der falschen Musik. Dennoch: Die Inszenierung hat auch ihre Meriten, denn Moshe Leiser und Patrice Caurier vergessen nicht, mit sparsamen, dafür aber umso wirkungsvoller gesetzten Akzenten auf die Zauber(märchen)haftigkeit des Geschehens hinzuweisen und so ein Gegengewicht zum salbungsvollen Gelabere der Gutmenschen rund um Sarastro  (Jochen Schmeckenbecher und Peter Jelosits als eindrucksvolle Priester/Sprecher) zu bilden. Wenn sie schließlich Papageno und seine Papagena (komödiantisch Ileana Tonca) als Paar in den Himmel fahren lassen, scheinen sie damit auch zu bekunden, wohin ihre wahren Sympathien tendieren.

Hila FAHIMA als fesche Schwiegermutter für Tamino (C)M.Pöhn

Valentina NAFORNITA und Benjamin BERNHEIM  (C)M.Pöhn

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Valentina Nafornita lässt mit ihrem vollen Sopran als Pamina nichts zu wünschen übrig und spielt anmutig-ergeben die dem heldenhaften Prinzen versprochene Belohnung. Hila Fahima verströmt klar aneinandergereihte Koloraturen, die geheimnisvolle Aura der Königin der Nacht bleibt sie aber schuldig, was wohl auch dem Umstand geschuldet ist, dass sie in dieser Inszenierung auf einer Ebene mit den übrigen Personen agieren muss und nicht von oben herab ihre furiose Rachearie schmettern darf. Benedikt Kobel ist ein ordentlich singender Monostatos. Warum man aber – Stichwort blackening – den Otello inzwischen weltweit auf den Bühnen längst kein schwarzes Antlitz mehr verpassen darf, dem Monostatos in dieser Produktion hingegen schon, wäre eine Hinterfragung wert.

Zufriedenstellende Rollendebüts gab es auch in den Ensembles der Drei Damen (Fiona Jopson) sowie bei den Geharnischten (Lukhanyo Moyake und Ayk Martirossian). Besonderes Lob gebührt den drei ungenannten Wiener Sängerknaben und dem stets verlässlichen Adam Fischer am Dirigentenpult, auch wenn es ein paar Missstimmigkeiten zwischen dem Orchestergraben und der Bühne zu registrieren gab.

Insgesamt also doch eine recht runde Sache, diese Zauberflöte. Das ändert aber nichts daran, dass die derzeit im Repertoire der Staatsoper befindlichen Mozart-Opern von einem Idealzustand weit entfernt sind. Das gilt vor allem für die beiden inszenatorisch schwer verunglückten Da Ponte-Werken La nozze di Figaro und Don Giovanni. Alle Hoffnung ruht somit auf der für nächstes Jahr angekündigten Neuinszenierung von Cosi fan tutte, zu der Maestro Riccardo Muti an das Haus zurückkehren soll und bei der seine Tochter Chiara Regie führen wird. Regietheater ist bei dieser Paarung garantiert nicht zu erwarten. Ob es zu mehr reichen wird als zu einem fremdenverkehrswerbewirksamen Bühnenprospekt à la Mauro Carosi (Bühnenbild) in der auch bei den Wiener Festwochen gezeigte Inszenierung von Roberto de Simone aus dem Jahr 1992, bleibt abzuwarten.

16.12.2018
Manfred A. Schmid

 

Diese Seite drucken