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WIEN/ Staatsoper: DIE WALKÜRE

23.04.2018 | Oper

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Copyright: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

Wiener Staatsoper: DIE WALKÜRE – 22.4.2018


Iréne Theorin. Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Nach einer zweijährigen Absenz konnte ich am gestrigen Abend einer Walküre, die als „Draufgabe“ zum kompletten Ring an der Wiener Staatsoper auf dem Spielplan stand, beiwohnen. Und es war (jedenfalls für meine Ohren) ein bewegender Abend starker Frauen! IréneTheorin brillierte in der Titelrolle nicht nur mit den lupenrein gesungenen „Hojotoho“-Rufen zu Beginn des zweiten Aktes, sondern auch bei der Todesverkündigung und dem geradezu herzergreifenden Abschied von ihrem, bei aller väterlichen Strenge, doch sehr angetanen Götterpapi Wotan. Vortrefflich auch ein Regiedetail von Sven-Eric Bechtolf, wenn sich Brünnhilde gegen Ende des zweiten Aktes darüber Gewissheit verschafft, ob aus der geschwisterlichen Liebesnacht von Siegmund und Sieglinde eine Frucht entsprießt, indem sie den Bauch der schlafenden Sieglinde vorsichtig betastet. Fricka, ihre Stiefmutter, war bei Michaela Schuster bestens aufgehoben. Äußerst wandlungsfähig zieht sie alle Register der verbitterten, weil entehrten und gedemütigten Frau Wotan. Einmal drohend, dann wieder schmeichlerisch, versucht sie mit ihrem gebieterischen Mezzosopran ihren Hallodri von Göttergatten zurück zu gewinnen und scheitert darin nur dadurch, dass sie als Hüterin der Ehe nicht auf ihre Forderung nach dem Tod Siegmunds, Frucht eines der zahlreichen Seitensprünge ihres Gatten Wotans, zu verzichten. Um Wotan dieses Versprechen abzuringen, bekniet sie ihn sogar, wird aber letzlich in ihrem Liebeswerben von ihm kalt zurückgewiesen.


Simone Schneider. Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

 Simone Schneider als Sieglinde verfügte über einen warmen Sopran, mit dem sie die zärtliche Schwester des zunächst noch schutzsuchenden fremden Gastes gefühlvoll unterlegte. Sie gibt sich ihrem noch unerkannten Zwillingsbruder zu Beginn des ersten Aufzugs lediglich als „Hundings Weib und Eigen“ zu erkennen und nennt ihn nach einigem Überlegen schließlich „Siegmund“, knapp bevor dieser das Schwert aus der Weltesche zieht. Danach findet sie auch für sich einen passenden Namen, „Sieglinde“, seine Schwester und Braut. Bei den Männern war Jongmin Park mit seinem bedrohlichen Bass als Hunding ein vokales wie darstellerisches Erlebnis für sich. Argwöhnisch beobachtete er den Fremden, den das heilige Gastrecht unverletzlich macht und den er für die Nacht in sein Haus aufnehmen muss. Ihm bleibt natürlich nicht die Ähnlichkeit mit seinem eigenen Weib verborgen und so beobachtet er deren Reaktionen und das wachsende Interesse an dem Fremden voller Argwohn. Christopher Ventris schwächelte ein wenig als Siegmund und man hat in dem altehrwürdigen Haus am Ring natürlich auch schon imposantere „Wälse-Rufe“ vernommen, was aber kein Gradmesser für stimmliche Qualität sein sollte. Auch seine noch immer „verybritish“ klingende Aussprache, etwa bei Worten, die mit dem Konsonantenpaar „sp“ oder „st“ beginnen und das typische „dark l“ der Briten, das sich gelegentlich in Worte wie „Quell“ oder „Schild“ einschlich, konnte er noch immer nicht ausmerzen. Fallweise musste er auch im forte stark forcieren, wobei sich seine Stimme dann etwas angestrengt anhörte. Darstellerisch blieb er der Rolle aber nichts schuldig und punktete auf diesem Gebiet mit sublimer Ausdruckskunst. Tomasz Konieczny reüssierte vor allem im Sprechgesang, bisweilen nahm er aber seine Stimme allzu sehr zurück, sodass man sich nicht des Eindruckes erwehren konnte, dass er wohl etwas indisponiert war. Das besserte sich aber im Laufe des Abends und so fand er in der finalen Auseinandersetzung mit seiner Lieblingstochter Brünnhilde zu stimmlicher wie darstellerischer Größe, die er würdevoll mit der Ehrfurcht gebietenden Warnung, das Feuer nie zu durchschreiten, würdevoll krönte. Das Oktett des Walküren im bajuwarischen Dirndloutfit sang durchwegs homogen und tollte auf der Bühne wie gewohnt herum, um die gefallenen Helden, die offenbar nicht so gerne nach Walhall gebracht werden wollen, einzufangen. Donna Ellen/Helmwige, Caroline Wenborne/Gerhilde, Anna Gabler/Ortlinde, Stephanie Houtzeel/Waltraute, Ulrike Helzel/Siegrune, Zsuzsanne Szabó/Grimgerde, Bongiwe Nakani/Schwertleite und Miriam Albano/Roßweiße sangen sowohl ihre kurzen Soli als auch in Kleingruppen und gemeinsammit Aplomb.

Das Orchester der Wiener Staatsoper hat trotz seines umsichtig agierenden musikalischen Leiters Adam Fischer am Pult nicht seinen besten Nachmittag bzw. Frühabend. Einige Bläserpassagen waren verwackelt und auch sonst schlich sich fallweise ein falscher Ton ein, allerdings nicht bei den Streichern und Holzbläsern, die spielten wahrlich famos. Die Fehler konzentrierten sich vermehrt bei den Blechbläsern.

Alle Mitwirkenden wurden am Ende ausgiebig beklatscht. Bravorufe für die stupende Theorin und Konieczny sowie den routiniert agierenden Adam Fischer, der den Abend trotz mancher Mängel aus dem Orchestergraben mit gewohnter Routine leitete.

Harald Lacina

 

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