Wolfgang Bankl, Eva Maria Westbroek. Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn
„LADY MACBETH VON MZENSK“ am 22.4.2017
Zur Zeit haben russische Katerinen in der Staatsoper Hochsaison. Nach der von der Wolga (die an den Hudson River ausgewandert ist), folgt am nächsten Tag ihre mörderische Namensvetterin aus Mzensk. Es ist erst die dritte Serie dieser Produktion und die 13.Aufführung, wobei nach wie vor die starke Inszenierung des ehemaligen Burgtheaterdirektors Matthias Hartmann beeindruckt. Musikalisch wurden nahezu alle größeren Partien neu besetzt, geblieben ist es bei der musikalischen Leitung von Ingo Metzmacher. Er ist ein Garant für eine spannende Interpretation der Partitur und greift in die Vollen, wo es notwendig und wirkungsvoll ist (beispielsweise dort, wo Schostakowirsch dortsetzt, was Richard Strauss im Rosenkavalier-Vorspiel beginnt oder bei vom Jazz beeinflussten Passagen), gibt aber auch den zarten, leisen Stellen Raum. Die neue Katerina ist nun Eva-Maria Westbroek, die nun ihrem Mädchen aus dem goldenen Westen eine Frau aus dem dunklen Osten folgen lässt. Die Ehe mit dem sehr schönstimmigen Carlos Osuna lässt in ihr eine Leere zurück, die durch die verächtliche Behandlung durch den Schwiegervater zu echtem Hass gesteigert wird. Sie wirfts ich mit vollem Einsatz in ihre Partie und dabei stören die oft scharfen Höhen nicht wirklich. In ihrem letzten Arioso, in dem ihr das Zerplatzen aller Träume bewusst wird vermag sie echt zu berühren. Ihr schmieriger Geliebter Sergej ist Brandon Jovanovich, der in dieser Partie einen wesentlich stärkeren Eindruck hinterlässt als bei seinem Don José. Er ist ein überzeugender gewissenloser Macho, der stets auf seinen Vorteil bedacht ist und seine Wirkung auf Frauen rücksichtslos ausnutzt und mit sicheren Höhen aufwarten kann. Der Schwiegervater Boris, der mit Brutalität sein Geschäft führt und sich als Familientyrann geriert ist Wolfgang Bankl. Anfang des zweiten Aktes bringen ihn seine Johannistriebe (zu den verzerrten Walzerklängen) in die Nähe des Baron Ochs. Wenn er seinen Sessel liebevoll abknutscht, scheint es nicht weit zu „Zwei Stunden noch zu Tisch“. Leider wird dann dieser Tisch mit vergifteten Pilzen gedeckt, was zum Erscheinen des ziemlich betrunkenen Popen in Gestalt von Jongmin Park führt. Dieser beeindruckt wieder mit seiner schwarzen Stimme und launigem Spiel. Nicht neu in der Produktion ist der versoffene Schäbige von Herwig Pecoraro, der in seiner großen Soloszene die Leiche des Sinowi entdeckt und sie an einem Strick auf die Polizeistation schleppt, wo mittlerweile Clemens Unterreiner das Kommando übernommen hat und seine Truppe mit großer Geste verteidigt und dazu motiviert, im Trüben zu fischen. Rosie Aldridge als Axinja fühlt sich in der Partie offensichtlich nicht sehr wohl. Das ist aber auch kein Wunder, wenn man in einem herumfahrenden Wäschekorb vergewaltigt wird und dabei rhythmisch äußerst vertrackte Passagen zu singen hat. Im düsteren Schlussbild kann Ayk Martirossian mit seinem Solo „russische Seele“ und Melancholie verbreiten und Zoryana Kushpler sich ein Paar Strümpfe der verachteten Nebenbuhlerin erschmeicheln.
Eva Maria Westbroek, Brandon Jovanovich. Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn
Übrigens: Das Intermezzo vor dem Schlussbild ist ganz in Piano geschrieben und sehr zart. Da stören die durch den Vorhang dringenden Umbaugeräusche gewaltig. Gibt es denn keinen Schallschutzvorhang mehr ?
Eine sehr solide Leistung auch vom Chor der Wiener Staatsoper, der von Thomas Lang einstudiert wurde. Zusätzlich sind auch einige der kleinen Partien mit Mitgliedern des Chores besetzt. Das Bühnenorchester ist in dieser Produktion auch nicht zur Unsichtbarkeit verdammt, sondern kann sich in voller Blechstärke auf der Bühne präsentieren.
Interessanterweise gab es diesmal in der ersten Lichtpause keinen Publikumsschwund (der kam erst in der großen Pause), sondern eine größere Anzahl von Zuschauern, die vermutlich durch die Sperren wegen des Stadtmarathons zu spät kamen, suchten ihre Plätze.
Wolfgang Habermann