Wiens städtisches Musiktheater unter neuer Leitung – Opernregisseur Stefan Herheim ist jetzt der Chef
Stefan Herheim. Foto: Herheim
Nach dem Abgang von Langzeitchef Roland Geyer hat sich nun die neue Leitung des Theaters an der Wien mit dem Programm für die Saison 2022/23 sowie der Ankündigung eines ‘fulminanten‘ Musiktheaters gemeldet. Mit den auffordernden Worten: „Wir lieben Begegnungen zwischen den Menschen, sei es auf der Bühne, backstage oder auch in der Stadt.“
Die Stadt Wien hat sich für das Stagione-Opernhaus der von ihr hoch finanzierten Vereinigten Bühnen Wien für den Opernkonsum ihrer intellektuellen Bürger ein norwegisch–deutsches Trio ins Theater an der Wien geholt: Der international erfolgreiche Opernregisseur Stefan Herheim aus Oslo, Jahrgang 1970, ist jetzt der jugendlich wirkende wie durchaus charmante Chef im Haus. Peter Heilker wirkt als sein Programm- und Castingdirektor, Carolin Wielpütz übernimmt die künstlerische Betriebsdirektion. Und somit heißt nun die niveauvolle Show MusikTheater an der Wien. Mit dem Zusatz: … im Museumsquartier.
Kuriosum gleich am Beginn von Herheims Direktion: Für ganze zwei Jahre muss unser MusikTheater in die Halle E des Museumsquartier übersiedeln – da das historisch Theatergebäude durch viele Monate renoviert wird. Zur Verwunderung so mancher Mitarbeiter: Statt Ausbesserungen von gegebenen diversen Defekten wird gleich höchst aufwendig eine Generalsanierung durchgeführt. Ermöglicht durch ein gehöriges Zusatzbudget der Stadt. Eine vernünftigere Lösung wäre wohl gewesen, mit der ins Land geholten stets wechselnden Künstlerschar in eine der beiden Musical-Lokalitäten (Ronacher, Raimund Theater) der Vereinigten Bühnen zu ziehen und auf eine jeweils zweite teure wie eher geistig magere Musical-Produktion zu verzichten. Aber auch: der Fluss der zusätzlichen Subventionen hätte in diese Wiener Distrikte geleitet werden können, in denen es so ganz und gar nicht rosig mit der kulturellen Bildung der Jugendlichen aussieht.
Jedenfalls sollte nun ein frischer Wind in der kommende Saison Wiens alte Opernfreunde erfreuen. Geld ist da, ein offen denkender Intendant ist da – und vielleicht werden nach einer einigermaßen verwehten Corona wieder mehr Besucher in Wiens Opernhäuser gelockt. Und kurz noch der beschränkte Versuch, die Denkungsart der neuen Direktion ganz, ganz knapp zu charakterisieren.
Der künstlerische Blickwinkel: Ganz eindeutig in Richtung Europa; Wien finanziert.
Heimische Fixpunkte: der Arnold Schönberg Chor ist ganz intensiv im Einsatz, ORF-Orchester, Wiener Symphoniker.
Die Besetzungen: Zusammen geholt, ständig wechselnde Gastspiele und Gäste, die sich hier vielleicht einen Namen machen könnten.
Jugendarbeit: Die Dependance Kammeroper am Fleischmarkt wird zu einem Campus mit offenen Meisterklassen (und natürlich auch Inszenierungen) umfunktioniert.
Kreativität und Neuschöpfungen: Mit Fragezeichen …. ist anzunehmen, könnte schon passen. Wäre auch notwendige in diesen Zeit des kulturellen Umbruches.
Kooperationen: Etwa mit den Wiener Festwoche oder dem Teatro Real Madrid.
Offensichtlich kein Thema jetzt: Die vom Stadtrechnungshof angesprochenen extrem hohen Subventionskosten für jeden einzelnen Sitzplatz.
Somit auf in die kommende Saison! Und dies mit dem Chef als Regisseur: Leo Janáceks „Das schlaue Füchslein“ wird in der Eröffnungswoche ab Mitte Oktober im Wiener Museumsquartier zu sehen sein.
Meinhard Rüdenauer
Programm der ersten Saison 2022/2023
Programm zusammengefasst von Dr. Renate Wagner