Ein Stadtrundgang mit Wien Modern
Leger & locker, ohne dunklen Anzug oder feiner Dress …. soll wohl heißen, dass allzu Ehrerbietiges hier wohl nicht geboten wird. Doch so lässt sich´s auf Aufforderung von Wien Modern recht frisch zwischen Konzerthaus, Musikverein und Kunsthistorischem Museum, von der Albertina bis ins Planetarium im Prater oder dem Jugendstiltheater und wieder zurück in das Museum moderner Kunst, spazieren. Immer mit einem Hörgenuss verbunden – einem gewissen wohl nur, für Connaisseurs, einige Neugierige und so manch diesbezüglich Gläubige. Solch ein Stadtrundgang mit Wien Modern, ganze 27 Spielstätten!, ergibt schon seinen Sinn: Raus aus dem Konzertsaal, Bekanntschaft mit musikalischen Persönlichkeiten und deren Ideen, deren Schöpfergeist, deren Aussagebestreben – und somit gut gepaart mit dem Zeitgeist.
Modern Sound-Fans können auf diesem Stadtrundgang sehr wohl so manch tönendes Gustostückerl entdecken und aufnehmen. Etwas durcheinander geht es dabei schon, allzu viel an in die Tiefe gehendes bleibt in Ohr oder Seele eher nicht haften. Namen wie Helmut Lachenmann, Morton Feldman, Georg Friedrich Haas, Beat Furrer, Matthias Kranebitter scheinen auf, Schönberg mal so dazwischen. Die Jüngeren richten sich Klang- und Geräuschmixturen wie „Encyclopedia of pitch and deviation“ oder „Pure bliss“ zurecht, und spezielle Ensembles wie etwa das Klangforum Wien helfen ihnen dabei. Besonders wichtig, nicht wegzudenken: die Tonstudios mit ihrer Mehrkanal-Elektronik, ihren andauernden Beschallungs-Manipulationen und suggestiven Zaubertricks.
Bis hinauf in das Universum hat die kompositorische „Kabbala“-Deutung des heuer im März verstorbenen Wiener Alte Musik-Großmeisters René Clemencic im Planetarium des Naturhistorischen Museums geklungen. Ein interessantes Klangbild, doch ohne gemeinsame Schwingungen mit dem wechselnden überwältigenden Sternenhimmel in der Kuppel des Hauses. Und Deutschlands Altmeister Heiner Goebbels hat den Fehler begangen, für das auf der Bühne des Volkstheaters groß ausgebreitete und intensiv musizierende Frankfurter ‚Ensemble Modern Orchestra‘ seine Collage „Heiner Goebbels: A House of Call“ als szenisches Konzert auszugeben. Bloß ein Schmäh, kein einziger theatralischer Reiz – nur beinahe pausenlose zwei Stunden Goebbels Klangflächen, durchaus kompakt geformte, mit einigen Afro-Gesangseinblendungen und gelegentlich manch aparten Harmonien dazwischen. Da dürfte sich auch manch Sachkundiger gedacht haben: Also, Goebbels, jetzt aber doch genug von ihm!
Info: www.wienmodern.at
Meinhard Rüdenauer