Ab 10. Oktober 2014 in den österreichischen Kinos
VIEL LÄRM UM NICHTS
Much Ado About Nothing / USA / 2012
Regie: Joss Whedon
Mit: Amy Acker, Alexis Denisof u.a.
Es ist schon vorgekommen, dass Schauspieler, die an einem großen Projekt beschäftigt waren, freie Zeit genützt haben, um „nebenbei“ ganz schnell einen „kleinen“ Film zu drehen, was dann stets hohes Lob hervorrief. Auch in diesem Fall, wo Regisseur Joss Whedon, wie man lesen kann, in 12 Tagen in seinem (nicht üblen!) Privathaus in Santa Monica eine in die Gegenwart versetzte Version von Shakespeares berühmtem Stück „Viel Lärm um nichts“ drehte – in Schwarzweiß, was die Sache zwar ein bisschen geschmäcklerisch, aber immerhin unverwechselbar macht.
Von den Darstellern, die gleichzeitig in seinem Blockbuster „Marvel’s The Avengers“ beschäftigt waren (da tummelten sich eine Menge Stars), hat er allerdings nur zwei weniger bekannte mitgebracht, und auch der Rest der Besetzung erfreut sich keiner Popularität, die über amerikanisches TV hinausgeht (wo ja auch Joss Whedon fest verankert war, bevor er zum Film schwenkte). Der Reiz des Ganzen kann also nicht vom Star-Glamour ausgehen, sondern nur von der Behauptung, dass „der gute alte Shakespeare“ auch heute noch so stimmt wie eh und je.
Was natürlich wiederum so nicht stimmt. Was an der Geschichte ewig ist, ist die Zähmung der beiden Widerspenstigen Beatrice und Benedick durch Liebe, und das funktioniert insofern, dass Shakespeare um den unwiderstehlichen Reiz dessen weiß, geliebt zu werden. Zwei Leute, die nicht zugeben wollen, sich vom anderen angezogen zu fühlen (und darum besonders grob zu einander sind), können leicht manipuliert werden, wenn man ihnen einredet, dass der andere völlig wahnsinnig nach ihm ist. Das besorgen diesmal die Freunde (in den bekannten Szenen, wo man sich willig „belauschen“ lässt), und so findet das Hauptpaar des Stücks zusammen.
Ob der Rest so ohne weiteres von Sizilien nach Kalifornien zu verlegen ist, mit Prinzen, Grafen, Gouverneuren, mächtigen Edelmännern, die auf die übliche Shakespeare-Art intrigieren, bleibt fraglich (wobei man nicht umhin kommt, wie auch bei „Othello“, danach zu fragen, warum jeder Verleumdung so unbedingt, so ohne Überprüfung gleich geglaubt wird und man in die Katastrophe stürzt). Das parallele „tragische“ Paar, das durch die Behauptung von der „Unehrenhaftigkeit“ der jungen Frau auseinander gebracht wird, ist schon bei jeder „normalen“ Inszenierung, die sich an das Shakespeare’sche Original hält, ein Problem in der Komödie. Man braucht also, wenn man das hier und heute glauben soll, viel guten Willen vom Kinopublikum.
Wirklich gelungen ist an dem Film (der vermutlich / hoffentlich nur in der englischen Originalfassung läuft) die Behandlung des Textes – dass die Darsteller Shakespeare mit einer Selbstverständlichkeit sprechen, die mit heutigen Menschen nicht auf Konfrontationskurs gehen. Und dass sich das Zusammenkommen im Hause Leonatos durchaus als große Party begreifen lässt, wo man sich gewissermaßen im Freizeit-Feeling mit Liebschaften, Spekulationen und eben auch Intrigen abgibt.
Wenn die Handlung dann tragisch und für unsere Verhältnisse einfach zu „theaterhaft“ wird, muss man sich als Zuschauer mit Hilfe der Darsteller über die Geschichte turnen. Als Kenneth Branagh das Stück 1993 (mit sich selbst, Emma Thompson, Keanu Reeves, Denzel Washington und anderen Promis) im Kostüm verfilmte, machte die Geschichte solcherart a priori mehr Sinn…
Der Reiz des gegenwärtigen Films geht von der Lockerheit der Darsteller aus, denen die Kamera durch das Landhaus folgt. Beatrice und Benedick (wie er hier heißt) sind zwar nicht wirklich jung, aber das macht nichts: Dadurch wird die Spritzigkeit ihrer Auseinandersetzung noch überzeugender, und Amy Acker und Alexis Denisof (mit Bart attraktiver als ohne) erweisen sich als starke Persönlichkeiten und betreiben das Florett-Fechten der Worte auf hohem Niveau. Auch das zweite Paar mit Fran Kranz als Claudio und Jillian Morgese als Hero überzeugt, obwohl der Shakespeare’sche Nebeneffekt (Claudio interessiert sich für die Dame nicht zuletzt, weil sie eine so reiche Erbin ist) eher ausgeklammert bleibt. Weniger profiliert erscheinen die „Mächtigen“ der Geschichte, und die Shakespaere’schen Narren funktionieren als Sicherheitsleute-Blödel fast gar nicht.
Das ganz große Lob, das dieser hübsche Film erzielte, kann man nicht nachvollziehen. Aber dass Shakespeare, begabt gespielt, aufgrund seiner Psychologie immer wieder funktioniert (wenn auch nicht in jeder Hinsicht) – dafür hat Joss Whedon ein sehenswertes Beispiel geliefert.
Renate Wagner