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VENEZIA: AUF DEN SPUREN VON GIACOMO CASANOVA ZU SEINEM 300.GEBURTSTAG

22.12.2025 | REISE und KULTUR

VENEZIA: AUF DEN SPUREN VON GIACOMO CASANOVA ZU SEINEM 300.GEBURTSTAG

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Venedig im 18. Jahrhundert. Foto: Robert Quitta

Zum 300. Geburtstag von Giacomo Girolamo  Casanova, der sich selbst auch noch Chevalier de Seingalt nannte, gab es in seiner Heimatstadt Venedig unzählige Initiativen, Kongresse, Symposien, Konzerte etc. Als krönenden Abschluss der Feierlichkeiten hat die Fondazione Cini jetzt zwei große Ausstellungen organisiert: die eine im Palazzo Cini mit dem Titel Casanova a Venezia, die andere auf der wunderbaren Insel San Giorgio mit dem Titel Casanova e l‘Europa.

Die Ausstellung im Palazzo Cini widmet sich dem Umfeld Casanovas, in dem er zu einem europäischen Universalgelehrten heranreifen konnte: dem Venedig des 18.Jahrhunderts. Mit selten zu sehenden Gemälden wie z.B. von Guardi, Canaletto etc. wird uns vor Augen geführt, was für ein unfassbar lebendiger, vitaler, reicher, überschäumender Brennpunkt für Malerei, Musik, Theater, Oper, Handwerk, Handel, Glückspiel und Kurtisanen etc. Venedig damals gewesen ist, was für ein Goldenes Zeitalter diese Epoche für die Serenissima Repubblica bedeutet hat. (Wer dieses Erlebnis vertiefen will, gut daran, das Ca‘ Rezzonico zu besuchen, dessen Museum ausschließlich dem 18.Jahrhundert gewidmet ist.)

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Mit Masken im Casino. Foto: Robert Quitta

Die Ausstellung auf San Giorgio beschäftigt sich mit Casanova (der ja aus Venezia verbannt worden war) und seinem Verhältnis zu Europa: seinen Reisen, seinen Bekanntschaften, seinen Netzwerken, seinen intellektuellen Gesprächspartnern, seinen adeligen Freunden, seinem Hang zur Esoterik und Scharlatanerie, seiner Erfindung des Lotto etc…

Und das alles sehr ansprechend gestaltet von einem Bühnenbildner des Teatro La Fenice: mit einer nachgebauten venezianischen Calle, mit dem nachgebauten Dach der berüchtigten Bleikammern, einer hölzernen Kulisse des Teatro San Samuele, einem Geisterbeschwörungstisch mit Tarotkarten etc.

Dazu kommen kostbare Ausstellungsstücke wie Libretti aus der hauseigenen (mehr als 20000 Exemplare umfassenden) Sammlung Rinaldi u.v.a.m.

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Die Kulissen des Teatro San Samuele (in dem Casanovas Eltern aufgetreten sind). Foto: Robert Quitta

Es steht sehr zu wünschen, dass diese beiden Ausstellungen unter anderem dazu beitragen mögen, dass doch s e h r einseitige Bild von Giacomo Girolamo Casanova Chevalier de Seingalt ein wenig zu erweitern.

Touristen sind, so hört man, einigermaßen verwundert, zu hören, dass es einen Herrn dieses Namens überhaupt gegeben hat. Sie hielten „Casanova“ für einen Gattungsbegriff für Frauenheld und Schürzenjäger. Dabei war er doch soooviel mehr: promovierter Jurist, Schriftsteller und Bibliothekar, Dichter, Philosoph und Übersetzer, Chemiker, Alchemist und Mathematiker, Historiker und Diplomat, Glücksspieler und Geheimagent, Freimaurer usw. usf.

Und er hat mit seiner auf Schloss Dux in französischer Sprache verfassten (halben) Autobiographie Histoire de Ma Vie auf 3700 Seiten ein literarisches Meisterwerk verfasst, das umfangreichste und aufschlussreichste Panorama des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens im 18.Jahrhundert, das es gibt.

Und das wiederum – Geschichte seines Lebens ! – erst vor ein paar Jahrzehnten ungekürzt, unverfälscht, ungesäubert in seiner originalen Form veröffentlicht worden ist. Ehrenrettet den Chevalier de Seingalt !

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Der Blick aus dem Casanova Hideawav. Foto: Robert Quitta

Wer bei der Übernachtung auch im Thema bleiben will, dem sei das neueröffnete Hotel Casanova Hideaway empfohlen. Es befindet sich in einem Palazzo, das einst Casanovas Gönner, Grimani, der wahrscheinlich sein leiblicher Vater gewesen ist, gehörte.

Es gibt zehn Zimmer, die aber nicht nummeriert sind, sondern die Namen von 10 seiner Geliebten tragen (für alle, angeblich an die 1000, müsste wahrscheinlich eine Kette daraus werden): Henriette, Bettina (Elisabetta Guardi), Teresa Lanti, M.M.,5. Jeanne Camus de Pontcarré (Madame d’Urfé), Manon Balletti, Anna Binetti, La Forti, Francesca Bruschini und La Charpillon.

Eine reizende Idee, die nur einen Schönheitsfehler hat: ein Zimmer nach der letzteren zu benennen. Denn La Charpillon war die einzige (bekannte) Frau, die Casanovas Verführungskünsten nicht erlegen ist. Für Paare, die in Venedig ein romantisches Wochenende verbringen wollen, möglicherweise ein schlechtes Omen…

Das Tolle an diesem Hotel ist auch, dass es in einem belebten, von Venezianern bewohnten und besuchten Viertel, liegt. Auf dem Campo S.Barnaba kann man im Caffè degli Artisti gemütlich frühstücken.

Und im Restaurant Al Vecio Marangon kann man auf kaum übertreffbare Weise mittag-und abendessen. Es ist ein kleines Lokal, mit 7 oder 8 Tischen. Unter der Obhut der sympathischen Chefin Frau Marina, einer warmherzigen Wirtin wie aus einem Goldoni-Stück, fühlt man sich quasi in einem zweiten Wohn-oder Speisezimmer. Die Atmosphäre ist warm, freundlich und willkommenheissend, das Service aufmerksam, und die,venezianischen Spezialitäten – genauso wie sie sich gehören zubereitet- ein Genuss und eine Wonne: Cichetti, Sarde in saor, Gamberi in saor, Fegato alla Veneziana, Seppie al Nero con Polenta…

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Seppie al Nero con Polenta. Foto: Robert Quitta

Man fühlt sich sooo wohl, dass ein französischer Gast, tiefenentspannt, davon offenbar verleitet wurde, seiner hübschen Freundin hier spontan (nach zehn Jahren endlich !) einen Heiratsantrag zu machen…

 

Venezia, Casanova-Ausstellungen, Casanova Hideaway, Al Vecio Marangon…definitiv eine unschlagbare Kombination!

Robert Quitta, Venexia (wie es die Venezianer nennen)

 

Beide Ausstellungen sind noch bis 2.März geöffnet.

 

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