Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

Sopran

Vom malerischen Montenegro in die Welt: PETRA RADULOVIĆ

Die junge Sopranistin Petra Radulović wurde in Montenegro geboren und studierte an der Universität für Musik und Darstellende Kunst in Wien, der Boston Arts Academy sowie der St. Croix Preparatory Academy in Stillwater, Minnesota.

2022 debütierte die Sopranistin beim Verbier Festival in Humperdincks „Hänsel und Gretel“. 2020 und 2021 war Petra Radulović im Schlosstheater Schönbrunn als Papagena zu erleben, wo sie im Vorjahr auch Une pastourelle in Ravels „L’enfant et les sortilèges“ sang. 2020 debütierte die Sopranistin in Wien (Neue Studiobühne) als Zerlina in Mozarts „Don Giovanni“. Beim Operosa Montenegro Opera Festival 2019 sang sie die Serpina in Paisiellos „La serva padrona“. 

Seit der Spielzeit 2021/22 gehört Petra Radulović zum Ensemble des Internationalen Opernstudios der Staatsoper Hannover und machte hier in zahlreichen Rollen auf sich aufmerksam. Sie zieht im Herbst wieder nach Wien, um dort ihr Masterstudium zu absolvieren, bleibt der Niedersächsischen Staatsoper aber in der Saison 2023/24 als Gast verbunden.

petra radulovic
Voller ansteckender Lebensfreude: Sopranistin Petra Radulović | ©  David Erhardt

Woher rührte Ihr Interesse, Operngesang zu studieren?

„Niemand in meiner Familie beschäftigt sich beruflich mit Musik, aber wir sind mit Musik, Tanz und Liebe aufgewachsen. Jeder hat ein gutes musikalisches Gehör und Interesse an Musik, aber ich glaube, dass ich das Talent von meiner Großmutter Marija geerbt habe. Sie stammt aus einer bekannten Familie aus Dobrota, in deren Tradition eine musikalische Ausbildung Pflicht war.

Der aus meiner Geburtsstadt Kotor stammende Komponist Zoran Proročić, sowie Nada Popović, damals Lehrerin der Vorbereitungsklasse an der örtlichen Musikschule, hatten einen äußerst großen Einfluss auf meine musikalische Entwicklung. Sie erkannten mein Talent bereits 2005 und animierten mich, mich musikalisch weiterzubilden. Durch den Klavierunterricht bei Prof. Ana Mihaljević kam ich früh mit klassischer Musik in Berührung, aber die Liebe zu ihr entwickelte ich erst als ich reifer war und sie besser verstand. Eigentlich wollte ich seit meiner Kindheit Schauspielerin werden, aber als ich nach Amerika ging und die Boston Academy of Arts besuchte, entdeckte ich das Musiktheater. In Amerika wurde mir klar, dass meine beiden größten Leidenschaften, Schauspiel und Musik, in einer vereinbar waren: in der Oper. Jetzt bin ich eine singende Schauspielerin.“

Ihre Ausbildung setzten Sie an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien mit dem Hauptfach Operngesang fort. Es handelt sich um die weltweit renommierteste Bildungseinrichtung im Bereich Musik, Theater und Film. Wie war Ihre Studienzeit in der österreichischen Hauptstadt?

„Ich habe die Zeit in Wien genossen. Eigentlich habe ich kein typisches Studentenleben geführt, sondern jeden Tag an mir gearbeitet. Wien ist inspirierend und gibt einem viel. Die Möglichkeit, mich im Musikzentrum der Welt als Künstlerin weiterzuentwickeln, verpflichtete. Die meiste Zeit verbrachte ich in meiner Studentenwohnung am Klavier und mit meiner besten Freundin Lucija Spevec, die mittlerweile eine erfolgreiche Sopranistin ist. Wir kochten und sangen so lange, bis die Nachbarn sich über die Ruhestörung beschwerten. An der Universität war ich in der Klasse von Professorin Regina Köbler und später bei Professor Rainer Trost. Beide haben meine musikalische Ausbildung geprägt.“

Sie haben viel Zeit in Ihre Ausbildung investiert und viele Opfer gebracht. Würden Sie sagen, dass Sie mit Ihrer Arbeit heute einen angemessenen Lebensstandard erreichen?

„Ein reicher Mann ist jemand, der tut, was er liebt und sich jeden Tag auf seine Arbeit freut. Es fällt mir schwer, diese Frage anders zu beantworten.“

Was bedeutet Singen für Sie? Und was unterscheidet Sie von anderen Opernsängern, die Sie kennen?

the fall of the house of usher petra radulovic © clemens heidrich
Starke Bühnenpräsenz in „The Fall of the House of Usher“ in Hannover | © Clemens Heidrich

„Opernsänger zu sein bedeutet, darauf vorbereitet zu sein, für den Rest seines Lebens Student zu bleiben. Ähnlich wie Profisportler arbeiten wir jeden Tag an uns und unserer Technik. Für mich bedeutet Singen Freiheit, Entwicklung und Schönheit. Ich möchte nicht darüber spekulieren, was mich von anderen Kollegen unterscheidet, darüber möge sich das Publikum eine Meinung bilden.“

Sie haben an Ihrem Stammhaus in Hannover in über 60 Vorstellungen mitgewirkt. Sehen Sie sich auch als Schauspielerin?

„Oper ist eine darstellende Kunst. Ich lebe meinen Traum und bin tatsächlich eine singende Schauspielerin. Ich würde eines Tages gerne auch in Filmproduktionen mitwirken.“

Sie traten in ehrwürdigen Sälen wie dem Schlosstheater Schönbrunn und dem Alten Rathaus in Wien auf. Darüber hinaus sind Sie mehrfache Preisträgerin bei Wettbewerben. Wie definieren Sie einen erfolgreichen Künstler? Haben Sie ein Vorbild?

„Es ist schwierig, Erfolg zu definieren, da er oft etwas sehr subjektives ist. Für mich ist ein erfolgreicher Künstler jemand, der durch sein Schaffen etwas in den Menschen, die seine Kunst konsumieren, erweckt. Jemand, der es den Menschen ermöglicht, Gefühle zu empfinden und selbständig zu denken, ist ein erfolgreicher Künstler. Ich habe viele Vorbilder. Jeden Tag lasse ich mich mehr und mehr von der Arbeit meiner Kollegen inspirieren.“

Wie groß ist das Interesse des montenegrinischen Publikums an der Oper und was ist Ihrer Meinung nach nötig, damit die Oper auf der Bühne unseres Nationaltheaters zum Leben erweckt werden kann?

„Wir werden an der Aufklärung des jungen Publikums arbeiten. Ich glaube, dass unser Publikum sich ein Opernhaus wünscht. Ich bin stolz auf meine Kollegen, die für bessere Rechte der Künstler in Montenegro kämpfen. Abgesehen vom Publikum, das meiner Meinung nach schnell wachsen würde, weil die Montenegriner ein neugieriges und geselliges Volk sind, hätte ein Opernhaus auch erhebliche finanzielle Auswirkungen. Investitionen in die Kultur sind unerlässlich. Oper ist nicht selbsttragend. Zuerst brauchen wir ein an die Opernbühne angepasstes Theater mit Orchestergraben, dann ein Orchester, ein Opernensemble, einen Chor, Korrepetitoren, Dirigenten, Bühnenbildner, Dramaturgen, Kostümbildner, Beleuchtungsmeister, Techniker, Souffleure, Choreografen und viele andere. Ich bin bereit, meine Erfahrungen zu teilen und Montenegro auf dem Weg zum Aufbau eines Opernhauses zu unterstützen. Ich denke, wir könnten das gesamte Personal im eigenen Land finden.“

Oper bedeutet die Aufführung von Libretti in den unterschiedlichsten Sprachen. Welche Sprachen beherrschen Sie?

„Ich spreche fließend Deutsch, Italienisch und Englisch und dank der Oper lese und verstehe ich Russisch und Französisch. Ich singe auch in der tschechischen Sprache, die mir aufgrund meiner Muttersprache nahe steht.“

Sie haben erwähnt, dass der aus Kotor stammende Komponist Zoran Proročič einen großen Einfluss auf Ihr Interesse für Musik hatte. Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Zusammenarbeit? Gab es weitere inspirierende Begegnungen?

„Wie ich bereits erwähnt habe, haben mich Zoran Proročić und Professorin Nada Popović im Jahr 2005 entdeckt. Ich erinnere mich vor allem an die vielen Stunden, die ich im Studio in der Altstadt von Kotor verbracht habe. Diese Arbeit war sehr wertvoll für mich. Ich habe mit Zorans Lied „Dođi u moju malu Boku“ sogar am Festival „Zlatna pahulja“ teilgenommen. Zoran und Nada gaben mir auf jeden Fall das nötige Selbstvertrauen und entsprechend Rückenwind, sodass ich später ohne Angst durch das Meer der Musik segeln konnte.“

Ludwig van Beethoven schrieb einst: „Ein großer Künstler ist der wertvollste Schatz einer Nation.“ Es ist offensichtlich, dass Sie bereits heute zu den erfolgreichsten montenegrinischen Künstlern gehören. Wie sehr schätzt das Land Montenegro Ihrer Meinung nach seinen „Schatz“?

„Es wird eine Gelegenheit für Montenegro geben, stolz zu sein. Jetzt liegt es an mir, beständig an mir zu arbeiten, zu lernen und Montenegro mit Stolz zu repräsentieren.“

screenshot
Stets fokussiert: hier auf dem Verbier Festival | © Evgeny Evtyukhov

Sie leben seit Ihrem 16. Lebensjahr im Ausland: Boston, Minneapolis, Belgrad, Wien und jetzt in Hannover. Wie haben die Kulturen anderer Länder Sie und Ihre  Sicht auf die Welt beeinflusst? War es schwierig, sich in die deutsche Mentalität einzufügen?

„Jeder Tag meines Lebens und jede Erfahrung haben mich als Künstlerin geformt. Meine Auslandserfahrung und meine Reisen, auf denen ich zahlreiche Menschen und Kulturen kennenlernen durfte, helfen mir bei meinen Rolleninterpretationen. Es fällt mir nicht schwer, mich irgendwo zu integrieren. Ich liebe Menschen und ich liebe das Leben. Ich mag die deutsche Organisation und Disziplin.

Das Leben in Kotor ist malerisch, lebendig, voller Seele und jeder kennt dort jeden. Die Menschen rufen einander zu, laden sich gegenseitig auf einen Kaffee oder eine Mahlzeit ein. Vermissen Sie all dies in der Ferne?

„Ja. Ich habe jeden Tag ein wenig Sehnsucht. Ich liebe es, nach Kotor zu kommen und dort für hundert Meter Wegstrecke eine Stunde Zeit zu brauchen, weil ich mich mit jedem, den ich treffe, unterhalte. Oft vermisse ich die Bescheidenheit, die Spontaneität, die Unbeschwertheit, die Wärme, die Seele, das Meer, die Sonne und natürlich meine Familie.“

Wie verbringen Sie Ihre Zeit, wenn sie am Ende der Spielzeit nach Hause an die Bucht von Kotor zurückkehren? Gibt es außer dem Singen noch andere Hobbys und Freuden, die Sie gleichermaßen genießen?

„Am liebsten verbringe ich Zeit mit meiner Familie. Wir kochen und lachen sehr gerne miteinander. Während der Corona-Zeit habe ich einige Monate in Montenegro verbracht, und ich denke, diese Phase wird mir für immer als die schönste meines Lebens in Erinnerung bleiben. Ich war am Meer, in meiner menschenleeren Heimatstadt, in der Natur, mit dem Fahrrad unterwegs, mit meiner Familie in unserem wunderschönen Garten und habe Spaziergänge mit Freunden gemacht. Das Wetter war wunderbar und die Ruhe unbeschreiblich. Ich habe viele Hobbies. Ich liebe Bewegung: Tanz, Improvisation, Tango, Skifahren, Fitness-Training, Reisen, aber ich liebe auch häusliche Dinge wie Kochen und Singen in heimeliger Atmosphäre“

Sie sind in der malerischen Stadt Kotor in einer großen und angesehenen Familie aufgewachsen. Ihr enger Verwandter war der berühmte Anwalt Ilija Radulović aus Belgrad. Ihr Großvater, Milivoj Miško Radulović, war ein langjähriger Wasserballspieler beim Verein „VK Primorac Kotor“. Generationen erinnern sich an ihn als leidenschaftlichen und kämpferischen Spieler und er galt als beliebter Bewohner vor Boka. Wie hat Ihre Familie Ihren Werdegang beeinflusst? Hat Großvater Miško auch zu dem beigetragen, was Sie heute sind?

„Jedes Familienmitglied hat mich auf seine eigene Weise inspiriert. Es ist schade, dass Großvater Miško mich nicht auf der Opernbühne sehen konnte, denn ich weiß, wie stolz er  gewesen wäre. Meine Familie gibt mir Stabilität und Kraft und ich habe das große Glück, überhaupt eine Familie zu haben. Meine Eltern sind etwas Besonderes für mich, weil sie meine besten Freunde und Unterstützer sind, so lange ich denken kann. Sie ließen mich mutig meinen eigenen Weg wählen und unterstützten mich an jedem Scheideweg. Wo auch immer ich bin, ich weiß, dass ich ein Zuhause habe und geliebt werde. 

Abschließend – was sagen Sie den Lesern des Portals pozornica.me und des Neuen Merkers ?

„Arbeite an dir selbst und sei mutig, du selbst zu sein. Liebe, Liebe und nur Liebe.“

 

Darko Šćepanović
Übersetzung überarbeitet und ergänzt von Marc Rohde (06/2023)

KATERYNA KASPER: In Frankfurt habe ich meine musikalische Heimat gefunden

Die in der Ostukraine geborene Sopranistin Kateryna Kasper ist seit der Spielzeit 2014/2015 Ensemblemitglied der Oper Frankfurt. Für mich zählt ihr Sopran zu den schönsten Stimmen, die ich kenne und da sie noch am Anfang ihrer Karriere steht, bin ich zuversichtlich, dass wir noch viel von ihr hören werden. Merker-Kollege Sune Manninen schrieb über ihren Auftritt beim Mirjam Helin Gesangswettbewerb im Jahr 2014: „Mit ihrer silbrigen Stimme von hohem individuellen Reiz, noch angesiedelt zwischen lyrischer Soubrette und lyrischem Sopran, sang Kateryna Kasper sich mit einer zum Zuhören zwingenden Interpretation der Pamina-Arie in die Herzen des Publikums…“ Es ist fast unnötig, zu erwähnen, dass sie diesen Wettbewerb gewann.

(c) Andreas Kasper

(c) Andreas Kasper

Kateryna ist mit Musik aufgewachsen und singt seit ihrem dritten Lebensjahr. Sie begann mit Volksmusik und Pop und lernte diverse Musikinstrumente zu spielen. So war es die logische Konsequenz, dass sie an der Prokofiev-Musikakademie in Donetsk ein Gesangsstudium aufnahm. Durch ein Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes konnte sie nach dem Bachelor ihr Studium bei Edith Wiens in Nürnberg fortsetzen. Als diese nach New York zog setzte Frau Kasper ihr Studium in Frankfurt fort und schloss 2014 ihren Master und das Konzertexamen bei Hedwig Fassbender ab. „Als ich das erste Mal in Frankfurt war, spürte ich sofort, dass ich hierbleiben möchte. Ich habe hier meine musikalische Heimat gefunden. Die Stadt ist äußerst lebendig und international und kulturell wird sehr viel geboten. Ich bin hier glücklich und die Oper Frankfurt ist mein künstlerisches Zuhause.“ Das Hausdebüt fand im Jahr 2012 noch während ihrer Studienzeit statt: Waldvogel in Siegfried. Eine bei OehmsClassics erschienene CD zeugt von dieser ersten Rolle am Haus. Seitdem konnte sie sich ein Repertoire vom Barock bis zur Moderne erarbeiten und gastierte bereits in Los Angeles, in Bergen, bei den Bregenzer Festspielen und beim Edinburgh International Festival.

Ende 2016 kam Kateryna Kaspers Sohn zur Welt und der Wiedereinstieg als Sängerin fand mit dem Mozart Requiem in London und kurz darauf als Agilea in Händels Oper Teseo in Moskau statt. Dies war in mehrerlei Hinsicht aufregend. Die Rolle ist sehr virtuos und anspruchsvoll, es waren die ersten Konzertreisen gemeinsam mit dem Nachwuchs und im Unterbewusstsein schwang sicher auch eine gewisse Nervosität aufgrund der angespannten politischen Lage zwischen der besetzten Heimat und Russland mit. Diese unterschwelligen Gedanken erwiesen sich aber zum Glück als unbegründet, denn sie wurde vom russischen Publikum sehr freundlich empfangen. „2014 habe ich das letzte Mal in der Ukraine Silvester gefeiert. Seitdem habe ich mich nicht mehr in die Heimat getraut und mit Kind halte ich das jetzt sowieso für unverantwortlich. Meine Eltern wohnen noch dort und besuchen mich oft, um meinen musikalischen Auftritten beiwohnen zu können. Es ist schon sehr schmerzlich, dass ich nicht mehr nach Hause kann.“

Neben Oper und Konzerten gilt Katerynas Liebe der Kammermusik. Im Dezember durfte ich einem bezaubernden Liederabend mit Werken von Fanny und Felix Mendelssohn beiwohnen, den Katerina gemeinsam mit dem Pianisten Dmitry Ablogin gegeben hat. Es war ein sehr intensives Erlebnis und es wäre schön, wenn auch andernorts das Publikum die Möglichkeit erhalten wird, sich mit diesem Programm auseinander zu setzen. „Es ist ein Herzensprojekt von Dmitry und mir und wir schreiben kontinuierlich Veranstalter an, um hoffentlich mit diesem Programm eingeladen zu werden. Der Zauber, der bei einer Aufführung entstehen kann, liegt nicht nur in der Verantwortung der Künstler. Was wir machen, muss Resonanz im Publikum finden, um ein Konzert zu etwas Besonderem zu machen. Das hat an diesem Abend stattgefunden und war für uns alle sehr schön.“

Hier können Sie sich einen Eindruck des Abends verschaffen:

„Ein Traum, der für mich in Erfüllung gegangen ist, ist mein über Crowdfunding finanziertes Debutalbum ‚O wüßt‘ ich doch den Weg zurück….‘, das hoffentlich in diesem Jahr herauskommt. Wir haben die CD in Bayreuth am originalen Steinway Flügel von Richard Wagner aufgenommen. Mein Pianist Hilko Dumno und ich haben eng mit dem genialen Tonmeister Johann Steinecker zusammengearbeitet. Wir wollten, dass die CD möglichst ausdrucksstark und individuell wird. Natürlich ist es nur eine Momentaufnahme und manches würde ich sogar jetzt schon anders machen. Aber viele CDs, die heute veröffentlicht werden klingen für mich zu steril und damit sehr ähnlich. Ich glaube, oft haben Tonmeister und Künstler Angst davor, zu sehr von der aktuellen Hörgewohnheit abzuweichen. Und die würde ich eher als kühle und puristische „Hochglanz-Ästhetik“ bezeichnen. Es gibt heute fast eine Panik vor Kitsch und Geschmacklosigkeit, aber das ist für einen Künstler wie ein Korsett. Schon oft habe ich gehört ich solle ’nicht so viel Kunst machen‘ und doch lieber ganz schlicht singen. Das finde ich schade, denn damit beraubt man die Musik der unendlich vielen Nuancen, die letztendlich das sind was sie herzlich macht und berührt. Für mich ist eine Aufnahme ein ganz besonderes Medium, fast eine eigene Kunstform. Und ich wünsche mir, dass meine CDs auf ihre Art genauso berühren und fesseln wie ein Livekonzert.“ Über dieses Projekt schreibt Kateryna auf der Crowdfunding-Plattform: „Ich glaube, in unserer heutigen Zeit, in der alles gemessen, bewertet und optimiert wird, schlummert in vielen Menschen eine ‚romantische‘ Sehnsucht nach dem Geheimnisvollen, dem Irrationalen, dem Zeitlosen – nach dem Menschlichen. Die Musik und die Poesie der Romantik sind deshalb heute aktueller denn je!“

Der Ukrainerin sind Opern ebenso wichtig wie Operetten, Konzerte und Liederabende. Sie möchte sich die ganze Bandbreite der Möglichkeiten erhalten. Sei es Barock, sei es Strauss, sei es zeitgenössische Musik. Eine Beschränkung auf ein bestimmtes Segment ist für sie nicht vorstellbar. Sie hat große Lust einmal etwas ganz Ausgefallenes und Verrücktes auf der Bühne machen zu dürfen, gerne mit viel Tanz.

Eine gewisse Portion Lampenfieber vor ihren Auftritten gehört für Kateryna zum Geschäft, aber „Angst ist schlecht. Es bleibt nur ‚Fliehen oder Angreifen‘ und zum Fliehen haben wir auf der Bühne keine Möglichkeit. Wenn wir uns entschieden haben, vor Publikum zu singen, dann müssen wir auch die Verantwortung dafür übernehmen. Man muss mit dem Herzen und mit Liebe dabei sein und für das brennen, was man tut.

Auf der Bühne der Oper Frankfurt wird die Sopranistin in dieser Spielzeit als Valencienne in Die Lustige Witwe und bereits im Januar als Antonida in Iwan Sussanin zu erleben sein. Bachs Johannes-Passion führt sie im März nach Caen, Lille, Aix-en-Provence und Paris.

 

Das Gespräch führte Marc Rohde im Januar 2018