Sloweniens Kulturgut und historische Städte – der dezente Charme der Untersteiermark
Untersteiermark? Stimmt so nicht! Stajerska ist heute eine der Bezeichnungen der Region rund um Maribor und Celje. Diese ist bis 1918 der südliche Teil der Steiermark gewesen, war durch Jahrhunderte fest in der Hand der Habsburger und ihrer adeligen Eliten. Mit Graz als Hauptstadt. 85 Prozent der damaligen Bewohner der größeren Orte der Untersteiermark haben Deutsch gesprochen. Heute: Nicht die deutsche Sprache, sondern Englisch wird in den Schulen gelehrt. Der Bevölkerung ist zwar große Kontaktfreude gegeben, nach Harmonie wird gestrebt, doch man muss schon ein bisschen Glück haben, hier einen der deutschen Sprache perfekt kundigen Gesprächspartner zu finden.
Slowenien, wirtschaftlich gut in der EU integriert, wirbt mit seinen Kulturschätzen um internationale Beachtung, um Wertschätzung, um eine Aufwertung im Fremdenverkehr. Unterstützt von einer der Steiermark schon sehr ähnlich schönen Landschaft. Viel Natur und nochmals Natur. Touristen aus dem Westen zieht es allerdings überwiegend nach Kroatien, an die verführerischen Strände der Adria. Dieser zur Zeit langsam wieder verebbende Boom wird hier nicht so gerne gesehen. Um Besuch und Besichtigung bitten jedenfalls Sloweniens historische Städte, die alle im ganzen zweiten Jahrtausend aufs engste mit der österreichischen Geschichte verknüpft waren. Mit verbindender Kultur und vielfältigen gemeinsamen geschichtlichen Dokumentationen. Auch auf schmackhafte Art, Wein, Brot und Salami einbezogen. Angenehm zu vermerken ist, dass heute alle diese Reminiszenzen im Lande mit durchaus dezentem Charme kommentiert werden.
Die Südbahn hatte anno dazumal die Bürger von Wien nach Triest gebracht. Die als Museum geführte alte und schön renovierte Bahnstation in Sentjur (damals: St. Georgen, jetzt als Stadt der Musik und der Südbahn beworben) erinnert mit ihren überlieferten Aufzeichnungen und vergilbten Fahrplänen an die wechselnde Geschichte der Bevölkerung. ‚K.k. österreichische Staatsbahnen‘ hieß es viele, viele Jahre währende der Monarchie. Der 1. Weltkrieg hat daraus eine ‚Jugoslawische Staatsbahn‘ gemacht. Und nach Hitlers Einmarsch ist es für kure Zeit die ‚Deutsche Reichsbahn‘ geworden. Nun, heute ist man anstatt mit dem Zug oder mühsam auf den alten Pilgerwegen mit dem Auto durch fruchtbare Ebenen oder landschaftlich eindrucksvolle Mittelgebirge unterwegs, auf sehr gepflegten Straßen. Rundum finden wir überwiegend reine Naturlandschaft. Viel Grün, sehr viel Grün. Die Hälfte Sloweniens ist bewaldet. Auch die zumeist grüne Farbe der Flüsse mit deren langsam dahinfließendem Wasser sticht ins Auge.
Burg Zuzemberg. Foto: Cdp-Communications/Dagmar Postel
Diese frühere Untersteiermark ist ein richtiges Burgenland gewesen. Wer gern in den kahlen Gemäuern alter Adelssitz herumschaut, der kommt hier voll auf seine Rechnung. Die Burg Zuzemberk (heute wohl nur eine Ruine) thront mächtig über dem sich idyllisch windenden Fluß Krka. Immens schwere Ritterrüstung kann man hier anlegen, sich die verschiedensten Sturmhauben auf den Kopf setzen. Muss nicht lustig gewesen sein, so ein Kampf gegen die Türken oder andere plündernde Horden. Die Reste der Burg Planina nahe Sentjur erheben sich in einer völlige Ruhe ausstrahlenden malerischen Landschaft. Am berühmtesten ist die Alte Burg von Celje, hoch über der Stadt und der Save liegend. Von Verbundenheit mit deutscher Geschichte ist hier zu hören. Die Kärtner Grafen von Heunburg errichteten im 12. Jahrhundert den romanischen Palas, die Herren von Sanneck folgten als Grafen von Cilli, oder die Hollensteiner, andere Kärntner, Steirer. Heute dient das Burggelände als beliebter Veranstaltungsort. Etwa als Treffpunkt zu einem ‘Gräflichen Empfang‘. Oder gar ein Musical mit Rühreffekten wird als neue Attraktion angepriesen. Seit dem Sommer 2016 wird „Veronika“ hier am authentischen Schauplatz gespielt: Die unglückliche Liebe des Friedrich II. von Sanneck zur Schöheit Veronika von Denitz, die aus dynastischen Heirats-Gründen nach einem Hexenprozess ertränkt wurde.
Ptuj/ Ausstellungsstück. Foto: Cdp-Communications/Dagmar Postel
Ptuj (in den früheren österreichischen Geschichtsbüchern: Pettau) ist noch bis 1945 in der Hand der steirischen Herbersteins gewesen. Das auf einem Hügel prächtig thronende Schloss zumindest. Und der Nachruf für das so zahlreiche Schlösser einsammelnde Geschlecht der Herberstein – zu deren Hochblüte sollen es vierundvierzig gewesen sein – scheint hier nicht besonders positiv zu sein. Jetzt stellt sich das unter Denkmalschutz stehende Ptuj mit feiner Kultur als ‚Schatzkammer der Jahrtausende‘ vor. Im Schloss sind sowohl ein feines Museum mit historischen Musikinstrumente, einer Waffensammlung sowie eine Ausstellung lokaler Trachten zu besuchen. Unter dem Motto ‚Alte Stadt, neue Erlebnisse‘ wird auf kleinere Festivals der Reihe nach aufmerksam gemacht: die Schloss-Spiele Ptuj, eine Opernnacht am Panorama-Hügel, das Römer-Fest im August, das Internationale Musikfest Arsana oder Art Stays als zeitgenössischer Kunstmarkt, einiges mehr. Und ‚Tage der Poesie und des Weines‘ gehören im August dazu.
Celje/ Ausstellungsstück. Foto: Cdp-Communications/Dagmar Postel
In Celje, dem Cilli der Habsburger und als ‚Fürstenstadt‘ herrschaftlicher Mittelpunkt früherer Zeiten, ist neben der Alten Burg hoch am Berg auch die massive Fürstenburg, die Stadtresidenz der Grafen von Celje aus dem 15. Jahrhundert zu besichtigen. Mit Museum: Von fossilen Funden über einem archäologischen Keller und der ‚Stadt unter der Stadt‘ mit baulichen Überresten des römischen Celeia, damals ein bedeutendes Zentrum, bis in die Gegenwart. Novo mesto trumpft ebenfalls mit Fundgegenständen aus früheren Tagen auf, nennt sich die ‚Stadt der Situlen‘, den Bronze-Gefäßen der Urahnen. Im Dolenjska Museum sind in Fülle Ausgrabungen der wechselnden Bevölkerung durch Illyrer, Römer, Germanen …. alles ist da gewesen. Auch Attila mit seiner kriegerischen Hunnenschar.
Kostanjevica na Krki nennt sich zwar Stadt, ist aber nur ein beschaulicher Fleck welcher – stets von Hochwasser bedroht – auf einem vom Fluß Krka träg umflossenen Inselchen liegt. Nahe gelegen ist ein sehr sehenswertes ursprünglicher Zistersienserkloster mit der Kirche St. Jakob aus dem 13. Jahrhundert zu besuchen. Diese steht heute leer und kahl da, doch im Sommer dient sie als Theater- und Opern-Festspielort. Die Anlage ist später zu einem Schloss der Kärtner Spannheimer ausgebaut worden. In dessen ausgedehnten Arkaden ist in den unzähligen Räumen die Bozida Jakac Galerie mit heimischer historischer wie aktueller Kunst, speziell von slowenischen Expressionisten, untergebracht. Aber auch mit dem Klagenfurter Museum Moderner Kunst Kärnten werden gemeinsam Ausstellungen kuratiert. Und vor den Toren empfangen hier den Besucher Skulpturen des Internationalen Bildhauersymposion Forma viva.
Eine Reise durch das Land ohne Glas in der Hand ist nicht denkbar. Die Liebe, sich mit den verschiedensten Weinsorten zu spielen und die stete Suche nach neuen Mixturen, nach Verfeinerungen scheint hier angeboren zu sein. Es wird munter gezaubert. Frischer Weißwein ist das Markenzeichen der Weinkeller in Ptuj. Im 17. Jahrhundert sind hier die Minoriten die geschäftstüchtigen Weinbrüder gewesen. Der feine Geschmack des Sauvignon blanc ist ein Hit der Weine von Metlika. Süßer Muskat ist hier die älteste Sorte, und der Eiswein Kolédnik hat seinen Preis. Und Modra Frankinja wird hier derBlaufränkische genannt. Der hochmoderne, in jüngst in den Berg hineingebaute neue Weinkeller von Slovenske Konjice – als schönste slowenische Ausflugsstadt ausgezeichnet – mutet wie ist ein hochmoderner eleganter Museumbau an. Alles total gestylt, die hell glänzenden Zisternen aus Edelstahl wirken wie riesige Stelen. „Nur Bio, nur gesunde Trauben“, heißt es hier in der Weinregion Prodravje.“Wir haben eine frühere Reife als in Österreich. Dort wird später geerntet, hat der Wein deshalb mehr Säure. Unser Trend ist zu leichtem, trinkbaren, aromatischen Wein. Früher war halbtrocken gefragt, jetzt müssen die Weine in Slowenien ganz trocken sein“. Der Export floriert, doch trotz so nahe der Grenze gibt es keinen regen geschäftlichen Austausch mit Österreich: „Die Kundschaft hier wie dort denkt sehr lokalbezogen. Und die Weine der Steiermark sind ja auch wirklich sehr gut.“ Nun, Sloweniens Tourismuswerbung bewirbt das Land und dessen alten Kulturstädte der verflossenen k.u.k. Monarchie mit einigem Stolz und grün eingefärbtem Slogan – Grün. Aktiv. Gesund.
Info: www.slovenia.info
Meinhard Rüdenauer