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SALZBURG: EIN RÜCKBLICK AUF DIE PFINGSTFESTSPIELE 2017

13.06.2017 | Reflexionen-Festspiele

SALZBURG : PFINGSTFESTSPIELE vom 2.- 5.Juni 2017 – ein Rückblick

DIe von Cecilia Bartoli künstlerisch geleiteten Salzburger Pfingstfestpiele sind vielleicht das kompakteste und dramaturgisch durchdachteste Festival der Welt. Heuer war das Programm -unter dem Titel „Wonne der Wehmut“ – Werken gewidmet, die als roter Faden ihre Beziehung zu Schottland verbindet.


Bryn Terfel, Tatjana Serjan. Copyright: Marco Borelli

So spielte beim Orchesterkonzert die Accademia Nazionale di Santa Cecilia unter Antonio Pappano zuerst Felix Mendelssohn Bartholdys Konzert-Ouverrtüre „Die Hebriden“ und dann seine Symphonie Nr.3, gennant die „Schottische“. Dazwischen sangen Bryn Terfel und Tatiana Serjan Arien aus Verdis „Macbeth“. Terfel war sympathisch, wortdeutlich und ehrfurchtsgebietend wie immer, wieso allerdings Frau Serjan quasi ein Monopol für die Rolle der Lady besitzt, ist für ihren Berichterstatter angesichts des Charakters ihrer Stimme nicht ganz nachvollziehbar.


© State Academic Mariinsky Theatre / Valentin Baranovsky

Am Abend desselben Tages gastierte anschließend das Marijnsky-Theater aus Sankt Petersburg mit dem Ballett „La Sylphide“, das ja bekanntlich ebenfalls in Schottland ansiedelt ist. Die technische Brillanz der russischen Tänzer/innen ist über jeden Zweifel erhaben, schließlich und endlich wurde das klassische Ballett in der ehemaligen Hauptstadt des Zarenreichs quasi „erfunden“. Die Inszenierung jedoch wirkte leider auch wie aus dieser Zeit, sozusagen einem lebendigen Theatermuseum entsprungen. Und vor lauter Schottenröcken (ich habe noch nie sooviele auf einer Bühne gesehen) bekam man gegen Schluss fast schon selber karierte Augen.


Gianluca Capuano. Copyright: Monika Rittershaus

Am Tag darauf wiederum freuten sich schon alle auf die konzertante Aufführung von Rossinis „La Donna del Lago„(nach dem Roman des Schotten Sir Walter Scott). In der Titelrolle der femme fatale vom See Elena, die sich – im Gegensatz zu Cenerentola – g e g e n den Prinzen entscheidet, war Cecilia Bartoli selbst zu hören. Die in Salzburg total vergötterte Chefin wurde nach drei Stunden wieder einmal völlig zu recht einhellig bejubelt. Einige Damen der Gesellschaft mäkelten hingegen an der Besetzung des Uberto herum – aus dem einzigen Grund, weil es nicht der umschwärmte Juan Diego Florez war. Was total ungerecht ist, denn der junge uruguayanische Tenor Edgardo Rocha bot wie schon in den letzten Jahren seiner internationalen Karriere (zB. im Otello oder im Barbiere) auch hier eine tadellose und hervorragende Leistung. Nichts zu mäkeln gabs auch am restlichen Ensemble – Vivica Genaux, Norman Reichhardt und Nathan Berg sowie am Orchester Les Muisciens du Prince unter Gianluca Capuano.


Kathryn Leweck, Christophe Dumaux. Copyright: Monika Rittershaus

Den absoluten Höhepunkt des schottischen Themenwochenendes in Salzburg stellte aber  naturgemäß die szenische Produktion des Händelschen „Ariodante“ dar, wieder mit der Göttin in der Titelrolle. Eine intelligente Regie von Christof Loy, grossartige, die Handlung verdoppelnde und kommentierende Tanzszenen von Andreas Heise, dazu ein handverlesenes Sängerensemble, das seinesgleichen sucht. Daraus besonders hervorzuheben Sandrine Piau als geile Dienerin und der Countertenor Christophe Dumaux als absoluter Bösewicht, vor allem jedoch die Entdeckung Kathryn Lewek als Ginevra. Ihre fünfzehnminütige Arie im zweiten Akt zählt (gemeinsam mit der ebensolangen Arie der Bartoli als Ariodante) zum Sublimsten, zum Zeitstillstehmachendsten, zum Nichtvondieserweltseiendsten, das man in den letzten Jahren in der Oper erleben durfte. Zum Süchtigwerden. Gott sei dank gibt es im Sommer bei der Wiederaufnahme noch einige Vorstellungen dieses barocken Wunders…

Robert Quitta, Salzburg

 

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