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REISE UND KULTUR : KOMPONISTENQUARTIER HAMBURG

29.08.2024 | REISE und KULTUR

REISE UND KULTUR : KOMPONISTENQUARTIER HAMBURG

Hamburg hat sich schon immer als Musikstadt verstanden, und das nicht erst seit der Eröffnung der Elbphilharmonie.

Insofern ist es nicht weiter verwunderlich, dass gerade hier – und nicht im sich selbst als Welthauptstadt der Musik dünkenden Wien – auf Privatinitiative hin eine sehr spezielle Institution entstanden ist: das Komponistenquartier.

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Das Hamburger Komponistenquartier. Foto: Robert Quitta

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Sechs Komponisten und eine Komponistin. Foto: Robert Quitta

In sorgfältig re-konstruierten hanseatischen Bürgerhäusern (wobei natürlich sofort wieder der Disneyland-Vorwurf zur Hand war) wurden nicht weniger als 7 Museen für 7 Komponisten errichtet: für Johannes Brahms, Gustav Mahler, Georg Philipp Telemann, Johann Adolph Hasse, Carl Philipp Emanuel Bach, Fanny Mendelssohn und Felix Mendelssohn.

Alles auf engstem Raum, aber bestens kuratiert. Ein intensives Erlebnis.

Bei der Bedeutung, die der gebürtige Hamburger Johannes Brahms für unsere Stadt hatte, kann man sich als Wiener eigentlich eigentlich nur schämen, dass es bei uns (außer einem gelegentlich geöffneten Gedenkraum in Mürzzuschlag !) keinerlei Gedenkstätte für ihn gibt (mit Hamburg hatte er ja eigentlich künstlerisch nichts zu tun).

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Mahler in Hamburg. Foto: Robert Quitta

Dasselbe gilt für Gustav Mahler, der zwar eine wichtige Periode seines Lebens am Hamburg Stadttheater verbrachte, seine größte Wirkung aber doch als Wiener Hofoperndirektor entfaltete. Museum ? Fehlanzeige. Gerade noch eine Gedenktafel bei seiner Wohnung in Dritten…und ein Grab am Grinzinger Friedhof. Schande !

Was Georg Philipp Telemann, Johann Adolph Hasse, Carl Philipp Emanuel Bach, Fanny Mendelssohn und Felix Mendelssohn betrifft, sind wir hingegen schuldmäßig aus dem Schneider, denn alle diese Komponisten hatten für die Wienerstadt eigentlich keine Bedeutung.

Für die Geschwister Mendelssohn gibt es ja in Leipzig zwei ausführlichste, gerade neu gestaltete Ausstellungen, also sind für uns mitteleuropäische Landratten hier die Abteilungen für Telemann, Hasse und den Bach-Sohn CPE die interessantesten und erkenntnisreichsten.

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Telemanns Opern für Hamburg. Foto: Robert Quitta

Georg Philipp Telemann (1681-1767) war wohl der am längsten in Hamburg tätige Komponist. Ganze 46 Jahre wirkte er hier und verfasste nicht weniger als 3600 Werke in allen musikalischen Gattungen…was ihm später den nachteiligen Ruf eines uninspirierten Vielschreibers eintrug, der leider bis heute anhält. Was sehr ungerecht ist. Man höre sich z.B. die jüngst erschienene CD-Einspielung seiner „Pastorelle en Musique“ (unter Dorothée Oberlinger) an… oder die etwas ältere Aufnahme von „Orpheus und Die Beständigkeit der Liebe“ (unter René Jacobs) …und Sie werden eine bessere Meinung von ihm haben…

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Johann Adolf Hasse und seine Frau“La Bordoni“. Foto. Robert Quitta

Johann Adolph Hasse (1699-1783) war zwar aus Hamburg- Bergedorf gebürtig, bekam auch seine Ausbildung zum Sänger am Gänsemarkt, brachte es dann aber zum in ganz Europa gefragten erfolgreichsten Opernkomponisten seiner Zeit und zum fürstlich bezahlten (wenn auch oft lange abwesenden) königlichen Hofcapellmeister in Dresden. Maria Theresia und Friedrich II. schätzten ihn, Voltaire verehrte ihn, der junge Mozart wollte so unsterblich werden wie er…

Der Unterzeichnete hat zwar etliche CD – Aufnahmen und einige ganz wenige Aufführungen von seinen über 60 Opern gehört, würde aber sehr gerne mehr davon hören und sehen, denn bisher hat sich das Hasse-Erweckungserlebnis noch nicht eingestellt. Aber auf alle Fälle habe ich mir vorgenommen, beim nächsten Venedig-Besuch sein Grab in San Marcuola zu besuchen.

Carl Philipp Emanuel Bach war der direkte Nachfolger Telemanns als Hamburger Musikdirektor, erfand hier den „empfindsamen Stil“ und ist in der Krypta der Hauptkirche St.Michaelis auch begraben. Zu Lebzeiten weitaus berühmter als sein allmächtiger Vater, erlitt er wie die anderen komponierenden Söhne (Wilhelm Friedemann, Johann Christoph und Johann Christian nach der Wiederentdeckung Bachs (durch Mendelssohn) das bedauerliche Schicksal andauernd mit IHM, dem MEER verglichen zu werden, und da fällt der direkte Vergleich eigentlich immer zu ihren Ungunsten aus. Tja, wenn die begabten Buben anders heißen würden…könnte man ihre Musik unvoreingenommener geniessen…

Das Komponistenquartier ist jedenfalls eine äußerst gelungene Einrichtung. Musikfreunde sollten nicht verabsäumen, es bei der nächsten Hamburg-Reise zu besuchen, und sich auch viel Zeit dafür nehmen (es gibt zahlreiche Hör-Beispiele). Ihr musikalischer Horizont wird garantiert beträchtlich erweitert werden,

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Telemann, der Blumen-Freund. Foto: Robert Quitta

Nettes Detail am Rande: im Innenhof sind nach Telemann benannte Dahlien und Päonien gepflanzt, denn dieser war ein großer Blumenfreund und -züchter…

Robert Quitta, Hamburg

 

 

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