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REISE UND KULTUR: DANZIG IM SEPTEMBER

21.09.2025 | REISE und KULTUR

REISE UND KULTUR: DANZIG IM SEPTEMBER

Allen Reisenden, denen man begegnet, die schon einmal in Danzig waren, sind voll des Lobs und kommen geradezu ins Schwärmen: „schönste Stadt Polens“, „faszinierend“, „unbedingt hinfahren !“…Dermaßen zu wiederholten Malen aufgefordert, haben wir uns also ein Herz genommen und sind hingefahren.

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Danzig, Langgasse. Foto :Robert Quitta

Und in der Tat: beim ersten Anblick der „Langgasse“ ist man von ihrer Schönheit, von ihren vielen vielen bunten schmalen (einerseits an Hamburg, aber auch an Amsterdam erinnernden) hohen Giebelhäusern wie geblendet, wie berauscht. Sie ist vielleicht das schönste Strassenensensemble Europas.Was umso bemerkenswerter ist, bzw,an ein unglaubliches Wunder grenzt, denn ganz Danzig war ja nach dem Krieg total zerstört, und es ist nur den übermenschlichen Anstrengungungen der Polen, den unangefochtenen Weltmeistern im historisch getreuen Wiederaufbau, zu verdanken, dass wir alle heute in so überwältigend glanzvollen Umgebung lustwandeln können.

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Danzig, Altes Rathaus. Foto: Robert Quitta

Wunderschön rekonstruiert sind auch das Alte Rathaus, der Artushof, der Neptun-Brunnen, das Grüne Tor, das Hohe Tor, das Fahrenheit-Monument, die Marienstrasse, die Marienkirche etc.etc.

Naturgemäss gibt es dabei auch ein paar Wermutstropfen: zum Einen ist die Langgasse bei all ihrer Schönheit halt ein bisschen potemkisch. Es gibt eigentlich nur Cafés, Bars, Restaurants und – Bernsteingeschäfte. Und – zumindest im Sommer – einen unglaublichen Overtourismus, auf den man überhaupt nicht gefasst war. Danzig – so wie Venedig oder Amsterdam – ein Opfer seiner Schönheit.

Wenn man sich allerdings „zufälligerweise“ gerade am 1.September in der alten Hansestadt befindet, relativieren sich diese Wermutströpfchen sofort, und man ist nur noch unendlich dankbar und glücklich, das wir Nachgeborenen 80 Jahre nach der totalen Zerstörung bei Sonnenschein und Gesundheit und (noch) im Frieden diese wiederhergestellte Pracht erleben dürfen.

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Danzig, am Motlawa-Ufer. Foto: Robert Quitta

Für die naiven Landratten kommt es auch überraschend, dass Danzig gar nicht am Meer liegt, sondern eine Hafenstadt an einem Fluss ist: der Motlawa. An ihren Ufern spazierenzugehen ist ein äußerst vergnüglicher Zeitvertreib. Es gibt hier das berühmte Krantor, das Maritimmuseum, eine Drehbrücke und ab und zu sogar noch echte Schiffe.

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Danzig, Gdanski Bowke. Foto: Robert Quitta

Und es gibt eine Unzahl von Esslokalen. Das älteste davon (vor über 200 Jahren gegründet)) heißt Gdanski Bowke (Danziger Schelm) und ist eine urige ehemalige Matrosenkneipe mit äußerst deftigen polnischen Speisen: Enten-und Wildschweinpasteten, Speck, Sülzen, Stelzen und den berühmten Eintopf Bigos.

Darauf kann ich nur einen ordentlichen Quittenschnaps empfehlen !

Auf der anderen Seite der Motlawa, in der revitalisierten Speicherstadt, liegt ein anderes, moderneres Lokal namens Tygle (Tiegel), das zwar ebenfalls traditionelle Speisen anbietet – aber mit einem kreativen Twist. Zum Spottpreis von 130 Zloty (ca.30 €) bekommt man hier ein 5-gängiges Menü mit hausgemachtem Sauerteigbrot und Sardellenbutter (köstlich!), Gänselebermousse in einer Waffel mit Feigenmarmelade, eine schwarze Tintenfischsuppe mit Zanderknödel und Flusskrebsen, ein rosa Forellenfilet in Kaviarsauce, Radieschen, Spargel und einem Kohlrabi mit Bröseln und zum Abschluss, wenn man schon keinen Platz mehr hat,     ein cremiges Schokoladeneis mit gerösteten Äpfeln und Marzinpan-Crumble…..

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Forelle, Kaviar, Kohlrabi, Bösel. Foto: Robert Quitta

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Goldwasser. Foto: Robert Quitta

Da hilft dann nur noch ein Glas Goldwasser, dem Digestiv mit dem schönsten Namen der Welt. ein alchimistisches Elixier aus 20 Wurzeln und Kräutern, das 22karätige Goldplättchen enthalten soll…

Damit man nach so einem Essen nur noch einmal umfallen muss, um ins Bett zu kommen, empfiehlt es sich, auch gleich am Ufer der Mottlau (deutscher Name) zu übernachten: am besten nicht im riesigen Hilton, sondern in dem familiär geführten, kleinen, heimeligen Hotel Hanza mit einem aufmerksamen Service und einer unübertrefflichen Aussicht auf den Fluss und das (auf einer Danziger Werft gebauten)  Museumsschiff Soldek.

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Danzig, Ausblick aus dem Hotel Hanza. Foto: Robert Quitta

Wenn man mit so einem Anblick aufwacht, ist auch der nächste Tag schon gewonnen…

Robert Quitta, Gdansk/Danzig

 

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