REISE UND KULTUR : BAD ISCHL – IN ERWARTUNG DES KULTURHAUPTSTADTJAHRS 2024
Nächstes Jahr wird Bad Ischl – neben dem estnischen Tartu und dem norwegischen Bodo – eine der drei Kulturhauptstädte Europas. Im Vorfeld gab und gibt es viele Polemiken – von Hannes Androsch abwärts. Da das offizielle Programm aber erst im Oktober vorgestellt wird, wäre es unseriös, sich jetzt schon dazu zu äussern.
Also beschreiben wir lieber den Ist-Zustand, schauen wir uns lieber in Ischl um, was denn die derzeitigen unbestrittenen Assets des Städtchens an der Traun sind.
Die Kaiservilla. Foto: Robert Quitta
Die Hauptattraktion, der Publikummagnet schlechthin ist klarerweise immer noch die Kaiservilla und der sie umgebende prachtvolle Park. Und ich muss sagen, völlig zu Recht. Von all den Habsburger-Gedenkstätten, die wir kennen, ist sie die einzige sympathische, anheimelnde, gemütliche. Man merkt halt sofort, dass sich die Kaisers selbst hier wohlgefühlt haben – in ihrer Datscha, in ihrem Sommerhaus, in ihrem „Zweitwohnsitz“ am Land, in den Bergen. Und dass in einem der Seitenflügel bis heute immer noch deren Nachfahren (von der Toscana-Linie) leben, trägt zu diesem Eindruck natürlich entscheidend bei. Auch das für Sissy auf einer Anhöhe im „Cottage-Stil“ errichtete Marmorschlössl ist entzückend und idyllisch.
Das Marmorschlössel. Foto: Robert Quitta
Wieder „in der Stadt“ sollte man unbedingt im „Café Ramsauer“ Station machen. Man wusste ja, dass Ischl damals im Sommer von Operettenkomponisten und – librettisten nur so überquoll, aber dass sie – wie verfeindet und wie eifersüchtig sie auch aufeinander waren – alle alle genau hier verkehrten, überrascht einen dann doch. Die Wände sind voll mit Gedenktafeln (z.B. für Johann Strauss und Robert Stolz) und Fotos aller legendären Grössen dieser goldenen Zeit (Emmerich Kalman, Franz Lehar, Oscar Straus, Leo Fall, Richard Tauber und und und…).
Café Ramsauer. Foto: Robert Quitta
Foto: Robert Quitta
Schade nur, dass all diese Fotografien schon leicht vergilbt, schlecht gerahmt und schief aufgehängt sind. Eigentlich sollte man aus dem Café Ramsauer einen glänzenden Tempel der Operettenkultur machen. Und dann gleich auch noch ein großes Operettenmuseum errichten, ein Zentrum für dieses einzige musikalische Genre, das je von Österreich aus seinen Siegeszug rund um die Welt angetreten hat, ein Zentrum also, das sich nicht nur mit Franz Lehar (dessen Villa am Traunufer gerade renoviert wird) beschäftigt. Als Ort würde sich dafür die Rosenvilla anbieten, in der z.B. Kalman seine Csardasfürstin komponiert hat…
Den Zauner an der Esplanade kennt ein jeder, weil man dort ja soo schön sitzt, aber wenn man den Zauner in der Pfarrgasse sieht, stutzt man zunächst: ist das ein Franchise, ist das eine neue Filiale zwecks Touristenfang? Nichts davon. Wahr ist ist vielmehr das Gegenteil: dieser Zauner ist das S t a m m h a u s ! Und wenn man dann dieses Mekka, diesen Vatikan, diesen Olymp der Konditorkunst betritt, gehen einem Augen, Mund und Speichelfluss über. Solche Unmengen von dermaßen liebevoll, dermassen hingebungsvoll, dermaßen kreativ, dermaßen detailverliebt gestalten Süßigkeiten in allen Formen und Größen hat man noch nie nirgends irgendwo im Leben gesehen. Wenn sich die Zauners entschließen würden, in Wien endlich auch ein solches Café aufzumachen, könnte der Demel am nächsten Tag einpacken und zusperren und endlich in eine Henry oder Aida-Filiale verwandelt werden…
Eines der größten Mankos Ischls ist das Fehlen einer adäquaten Beherbergungsstruktur. Denn leichtfertiger- und dummerweise hat man nach den Kriegen (wie in so vielen Orten) alle würdevollen schönbrunnergelben Grandhotels (Hotel Kaiserin Elisabeth, Hotel Post etc.) in Appartments, Büros und Ämter zerhäckselt oder gleich ganz niedergerissen. Und diese Riesenlücke macht sich jetzt, wo man den Tourismus in der ehemaligen Kaiserstadt wieder ein wenig upgraden will, schmerzlichst bemerkbar. Zwar wurde gerade – nach langen politischen Querelen – der Grundstein für ein neues Luxushotel namens Elisabeth (auf dem ehemaligen Parkplatz des Kongresshauses) gelegt, aber das kann ja bis zur Fertigstellung noch etwas dauern…
Blick auf das Hotel „Zum Goldenen Schiff. Foto: Robert Quitta
Insofern ist derzeit das einzig empfehlenswerte Hotel in Ischl das Traditionshaus „Zum Goldenen Schiff“, das jedoch während der Pandemie-Zeiten in ein unglaublich elegantes, ästhetisch und servicemässig hochstehendes „City-Hotel“ aufgevampt wurde, das man so in London, Paris oder New York vermuten würde und eher nicht in der Salzkammergutprovinz.
Weinhaus Attwenger. Foto: Robert Quitta
Wenn man das Glück hat, ein Balkonzimmer zu ergattern, wacht man in der Früh auf mit Blick auf die Traun, den Salzberg, die Kathrin, die Lehar-Villa und – das Weinhaus Attwenger. In dieser charmanten Holzvilla mit schattigem Garten, in der schon seit 400 Jahren eine Gastwirtschaft untergebracht ist (bereits Nestroy speiste hier), kann man dann bei regional-internationaler Küche (irische Felsaustern, Gosauer Pilze, Hummer aus Maine, Saibling aus Aussee etc.) und bei ein paar der über 300 vorrätigen Schnäpsen seinen Ischl-Aufenthalt friedlich ausklingen lassen. Gott erhalte ! Gott beschütze !! Gott verbessere Bad Ischl !!!
Robert Quitta, Bad Ischl
„Die Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl Salzkammergut 2024 bildet sich aus 23 Gemeinden in den Bundesländern Oberösterreich und Steiermark.“ Ischl ist lediglich zentraler Ort und im Namen gegannt…….