Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

OÖ, Salzkammergut, Bad Ischl: Lehárvilla

26.05.2025 | REISE und KULTUR

OÖ, Salzkammergut, Bad Ischl: Lehárvilla

Besuch am 09.05.2025

Was bleibt von der Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl Salzkammergut 2024 für die Zukunft?

Diese Frage hat mich bei meinem Besuch in Bad Ischl im Herbst 2024 und im Frühjahr 2025 beschäftigt.

Fazit: Es bleibt mehr als erwartet.

Einerseits fühle ich mich als Besucherin in der Kaiservilla und ihrem weitläufigen Park rasch in die Zeit der Jahrhundertwende zurückversetzt, genieße Sommerfrische bei Kaffee und Kuchen, andererseits erlebe ich beim Besuch im ehemaligen Hotel Austria, jetzt Museum der Stadt Bad Ischl einen modernen Ausstellungsort, der die Entwicklung der Stadt von prähistorischen Funden bis zur Gegenwart zeigt und dabei die NS-Vergangenheit nicht ausspart, sondern mit vielen Ton- und Filmaufnahmen illustriert und beleuchtet.

Wichtige historische Quellenarbeit hat Marie-Theres Arnbom mit ihrem 2017 im Amalthea Signum Verlag erschienenen Buch „Die Villen von Bad Ischl“ geleistet. Das Kapitel „Franz und Sophie Lehár“ hat mich besonders berührt, weshalb ich mich für eine Führung durch die Lehárvilla angemeldet habe, https://www.stadtmuseum.at/.

leha
Lehárvilla am Lehárkai 8 © Museen der Stadt Bad Ischl

Das Haus, das der berühmte Komponist von 1912 bis zu seinem Tod 1948 bewohnt hat, hat er der Stadt Bad Ischl mit folgender Auflage vermacht: „Aus der Villa ist ein Franz-Lehár-Museum zu bilden … Diese Villa und ihre gegenwärtige Einrichtung ist in dem Zustande zu belassen, in dem sie von der Legatin übernommen wird.“ 2023/24 wurde das Haus grundlegend und in enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt saniert und die bestehende Sammlung an Kunst- und Einrichtungsgegenständen fachkundig restauriert. Die Villa ist seit Mai 2024 wieder zugänglich.

Der unglaubliche internationale Erfolg der „Lustigen Witwe“ hat Franz Lehár 1905 reich gemacht und er investierte in Immobilien und Antiquitäten. Die Villa ist voll mit Kunstgegenständen, die besonders seine Vorliebe für alles Ungarische widerspiegeln. Gemischt-konfessionelle Ehen waren lange nicht erlaubt, weshalb der Komponist seinen Lebensmenschen Sophie erst 1924 vor dem Wiener Magistrat geheiratet hat. Die Libretti zu den meisten seiner Bühnenwerke stammen von jüdischen Autoren, weshalb viele seiner Operetten in der NS-Zeit nicht aufgeführt werden durften. Adolf Hitler erklärte Lehár zwar zu seinem Lieblingskomponisten, was jedoch die örtliche Gestapo nicht hinderte, Sophie abholen zu wollen. Ein Schock für das Ehepaar Lehár, aber so agieren Terrorregime! Nachdem in Ungarn die Nürnberger Rassengesetze nicht galten, gelang es Lehár, Sophie als „ungarische Arierin“ zu schützen, bangte aber permanent um sie. Nach dem Krieg muss Lehár mit dem Vorwurf leben, seinen Freund und oftmaligen Librettisten Fritz Löhner-Beda und dessen Familie nicht gerettet zu haben. Wer wirft den ersten Stein?

lehat
Stecknadel vor der Haenelvilla, Concordiastraße 3 © Elisabeth Dietrich-Schulz

„STECKNADELN DER ERINNERUNG“ ist ein Gedenkprojekt der Stadtgemeinde Bad Ischl in Zusammenarbeit mit der Künstlerin Teresa Distelberger. Im Rahmen des Festivals der Regionen 2021 hat die Künstlerin historische Recherchen öffentlich gemacht und erste überdimensionale Stecknadeln installiert. Eine der 12 roten Stecknadeln steht vor der Lehárvilla, eine vor der Villa des Ariseurs Wilhelm Haehnel. Es gibt einen Prospekt, der Fußgänger und Radfahrer durch das jüdische und das widerständige Ischl führt. Absolut lohnenswert!

Eine weitere Entdeckung sind Infotafeln zum Thema „Starke Frauen hinter den Kulissen Bad Ischls“. Ein interaktiv gestalteter Audiowalk verbindet mittels App die Lebens- und Wirkungsorte einiger bedeutsamer – aber in der öffentlichen Wahrnehmung unterrepräsentierter – Frauen aus Bad Ischl, die im Widerstand waren und/oder aufgrund unterschiedlicher Aspekte Opfer des NS-Regimes wurden. Neun Orte oder Plätze in Bad Ischl wurden 2024 nach ihnen benannt. So heißt der Platz beim Musikpavillon im Bad Ischler Kurpark jetzt Theresia-Pesendorfer-Platz.

 

Projekte in der Pipeline:

· Renovierung des Lehár-Theaters – Fertigstellung für 2027 angekündigt

· Forschungsprojekt zu den Lehár-Partituren (wie die Villa ein Legat des Komponisten an die Stadt Bad Ischl) in Zusammenarbeit mit den Wiener Philharmonikern und dem Dirigenten Christian Thielemann. Diese und andere wichtige Informationen verdanke ich Dr.in Herta Neiß, der Direktorin der Stadtmuseen Bad Ischl

 

Elisabeth Dietrich-Schulz

 

Diese Seite drucken