Ab 12. April 2013 in den österreichischen Kinos
OBLIVION
USA / 2013
Drehbuch und Regie: Joseph Kosinski
Mit: Tom Cruise, Olga Kurylenko, Andrea Riseborough, Morgan Freeman u.a.
Science-Ficition-Filme haben etwas so Ungemütliches. Dieser basiert auf einer Graphic-Novel von Joseph Kosinski, die er dann auch gleich verfilmen durfte, und spielt im Jahre 2077 (wie gut, dass die meisten von uns dann nicht mehr da sein werden). Die Erde ist natürlich irgendwie zerstört worden, wenn auch in einer angeblich verseuchten Zone noch gefährliche „Aliens“ leben sollen.
Die anderen haben sich ins All zurückgezogen, und es gibt nur einzelne, schwebende Basen auf der Erde, wo dann für begrenzte Zeit die Spezialisten hausen, die immer wieder zu Kontrollflügen aufbrechen. Jack Harper ist einer davon, und mit seiner Gattin Victoria bildet er in der blitzenden Raumstation über dem Erdboden ein perfektes Team. Scheinbar. Jedenfalls hat man Menschen wie ihnen – „Oblivion“ bedeutet ja Vergessen – die Erinnerung an ihr früheres Leben als Menschen auf der Erde ausgelöscht…
Victoria ist die perfekte Kunstfrau, alles so cool, so glatt, so obrigkeitshörig, wie es sich totalitäre Regime (die einzig per Bildschirm mit ihren Untergebenen kommunizieren) nur wünschen können: Andrea Riseborough, deren Gesicht man nicht vergessen hat, seitdem sie in Madonnas „W.E.“-Film so perfekt die Herzogin von Windsor verkörperte, ist hier ideal eingesetzt. Tom Cruise, dessen darstellerische Fähigkeiten bekannt bescheiden sind, kann dennoch ahnen machen, dass mit diesem Jack Harper etwas nicht stimmt – offenbar ist die Auslöschung nicht perfekt gelaufen, denn immer wieder huschen ihm Erinnerungsfetzen durch das Hirn und beunruhigen ihn tief.
Letzte Vertreter des aussterbenden Bildungsbürgertums (unter den Kinobesuchern natürlich) werden über einen Aspekt des Films entzückt sein: Wenn Jack Harper seine Kontrollflüge in die „Erde“ unternimmt (in seltsamen kleinen Drohnen – aber es gibt auch unbemannte, die zum Vernichten ausgeschickt werden, ganz wie heute, da hat sich von 2013 zu 2077 offenbar wenig geändert…), landet er auch manchmal in irgendwelchen Resten einstiger Riesengebäude. Zum Beispiel einer Bibliothek. Ja, und da nimmt er Bücher mit. Sie sind offenbar bei seiner Rückführung in einstiges Menschsein vordringlich beteiligt. Einmal dürfen wir Jack Harper auch bei einem heimlichen Ausflug begleiten – und siehe da, da hat er sich an einem idyllischen Gewässer eine alte Hütte eingerichtet und würde offenbar unglaublich gern als ganz normaler Mensch hier leben… Davon darf Victoria natürlich nichts wissen.
Die Handlung kommt so richtig in Gang, als Jack Harper ein abgestürztes Raumschiff aus Erden-Zeiten findet, und anstatt die Frau, die da seit Jahrzehnten im Tiefschlaf liegt, einfach zurück zu lassen, nimmt er sie mit… Nun, es kommt, wie es kommen muss, Drehbücher großer Erfolgsfilme müssen offenbar schlicht gestrickt sein, um ein breites Publikum zu erreichen: Jene Julia, die er hier erblickt, entpuppt sich als seine einstige Ehefrau in dem lange zurückliegenden Erdendasein – und Olga Kurylenko (ein bisschen wie die junge Catherine Zeta-Jones, ohne die Feinheit von deren Zügen) ist programmatisch so viel sinnlicher und menschlicher als Victoria, dass die logische Folge nur sein kann: Zurück zu den Menschen… denn es gibt sie noch, dass die Erde unbewohnbar sei, erweist sich als böse Propaganda.
Unter den Überlebenden der menschlichen Rasse kriecht auch noch Morgan Freeman aus der Vertiefung, es gibt einige Action (die Drohnen fliegen böse Angriffe), außerdem noch eine (magere) Pointe um Jack Harper, so dass er sich einmal selbst gegenüber steht (mit solchen darstellerischen Feinheiten ist Tom Cruise am Rande der Überforderung). Bis zum Happyend muss das Drehbuch noch einige Purzelbäume schlagen, aber was soll’s? In „Oblivion“ geht es nicht um die – wie oft in diesem Genre – flache und vorhersehbare Geschichte, sondern um die Machart. Vielleicht ist es der Drehort Island, der manchen Szenen durchaus magischen Charakter verleiht.
Letztendlich handelt es sich wieder um ein Tom-Cruise-Vehikel, wobei er wirklich versucht, mit mindestens einem Film pro Jahr präsent zu sein und die Genres zu mixen. Nach Historie (Cruise als Stauffenberg), Komödie („Knight and Day“ mit Cameron Diaz), Auswalzen alter Erfolge (wieder einmal „Mission Impossible“), Exzentrik (der Rock-Star in „Rock of Ages“) und Krimi („Jack Reacher“) war jetzt offenbar wieder Sci-Fi an der Reihe… 50 ist kein Alter für einen Mann, aber man muss in Hollywood eisern dran bleiben, wenn nach und nach die Teenies den Markt beherrschen: Genau so hat auch ein Tom Cruise einmal angefangen.
Renate Wagner