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Ob sowas noch zu ändern ist? – Stunk an der Wiener Volksoper (Juni 2023)

24.06.2023 | Reflexionen-Festspiele

Ob sowas noch zu ändern ist? – Stunk an der Wiener Volksoper

 Als Heimat der Fledermaus wurde die Volksoper einmal – zu Recht – tituliert und der Antritt von Lotte de Beer zu Beginn dieser Saison 22/ 23 wurde mit Neugierde erwartet, denn ein großes Erbe war da anzutreten. Nun ist zum Ende dieser Saison eine erste Bilanz zu ziehen und diese muss als durchaus durchwachsen bezeichnet werden.

 Denn zum einen gelang es Lotte de Beer farbenfrohe, heitere und eigentlich unbeschwerte Inszenierungen auf die Bühne zu bringen. Da war die wirklich sehr gelungene Neuinszenierung von Iolanthe, die phantasievoll und funkelnd war, eine wirklich gelungene Mischung von Ballett und Oper. Die Wiederaufnahme von Harry Kupfers Bohème Produktion aus dem Jahr 1984 war ebenfalls ein grandioser Erfolg, mit Anett Fritsch und Gorgio Berrugi gelangen zwei absolute Top-Besetzungen, ergänzt durch nicht minder großartige „Newcomer“ wie Alexandra Flood und Andrei Bondarenko. 

Carl Millöcker’s die Dubarry wurde fast schon grenzgenial durch die Mitwirkung Harald Schmidts zur Operetten-Late-Night-Show und Anette Dasch war eine Dubarry wie aus dem Bilderbuch.

Eigentlich alles ganz fabelhaft. Eigentlich…

 Denn was mit dem Verlauf der Saison folgte war das Gegenteil von unbeschwert und unterhaltsam. Die Neueinstudierung der Fledermaus liess bereits ahnen, was da folgen sollte: Neben tiefstem Kalauer Humor à la Dieter Hallervorden (nur ohne Pommfritz) wurde zwanghaft der Frosch zu einer Fröschin gemacht, politische Parolen über Gender Pay Gap und toxische Männlichkeit beherrschten den 3. Akt, der Charme des wienerischen Kabinettstücks war verloren.

 Hinzu kamen eine Dreigroschenoper, die frisch aus dem Politbüro der SED entsprungen schien, ein Orpheus, der in seiner zweiten Hälfte vor allen Dingen durch Fäkalhumor „bestach“, lustige Weiber, die trotz des fabelhaften Bühnenbildes und erstklassiger Besetzungen es für nötig befanden, fragwürdige politische Aussagen zu platzieren, die einerseits historisch falsch waren und andererseits moralisierend vom hohen Ross herab das Publikum darüber belehren wollte, wie böse doch Männer seien und dass ein Matriarchat doch alternativlos sei.

 Dass so etwas erstens nicht die Aufgabe einer aus Steuergeldern finanzierten Institution ist, welche entsprechend politisch neutral zu sein hat, versteht sich von selbst. Ebenso ist es nicht weiter verwunderlich, dass das Haus immer leerer wird, dafür die Sonderaktionen weiter ansteigen und die Bezuschussung pro Karte durch den Steuerzahler mittlerweile wohl schon bei ~200€ liegt. Und ja, das ist noch mehr als an der Staatsoper bezuschusst wird.

 Alles in allem keine guten Aussichten und in dieser Gemengelage kam es nun zur letzten Premiere der Saison, nämlich Mozarts Entführung aus dem Serail. WIe zu erwarten war, wurde auch hier wieder politisiert. Bewusst wählte man einen Regisseur mit Migrationshintergrund, welcher dann auch gleich das Stück durch hinzugefügte Textpassagen verfälschte – pardon: Einen Perspektivwechsel zeigen wollte. Kein Kommentar dazu, auch nicht zum glücklicherweise verhinderten Attentat auf die „Pride Parade“ durch muslimische Extremisten.

Die Kritik und Zuschauer zerrissen diese Inszenierung einhellig, Lotte de Beers Schonzeit ist vorbei und ihre Ergebnisse werden sicherlich in die Frage nach einer Vertragsverlängerung berücksichtigt.

 Viel interessanter ist jedoch, was sich im Vorfeld der Premiere zugetragen haben soll: Denn laut mehrerer Quellen gab es so starke Differenzen zwischen dem Orchester der Volksoper und dem angedachten Dirigenten Angelo Michele Errico, dass dieser während der Orchesterprobe hinwarf. Als der Studienleiter Cadenbach einsprang teilte ihm – angeblich – die Kapellmeisterin mit, dass es dem Orchester unmöglich sei, so zu arbeiten, da sie alle Einsätze geben müsse, was schlicht nicht praktikabel sei. So verschwand auch der Studienleiter.

 Was tun? Man rief den zuvor von der Volksoper verstossenen Maestro Eschwé an, der nicht nur das Orchester aus dem Effeff kennt, sondern am Abend der Premiere auch das rettete, was an der Produktion noch zu retten war.

 Wir weisen darauf hin, dass wie nicht dabei waren und es sich hier um Gerüchte handelt. Allerdings ist uns das gleich von mehreren Quellen zugetragen worden. Und so stellt sich die Frage: Hat Frau de Beer die Volksoper in Griff? Oder wird hier nur auf Kosten des Steuerzahlers eine politische Agenda durchgeboxt, die die Umerziehung des Wiener Publikums zum Ziel hat – und natürlich grandios daran scheitert. Denn wer glaubt dies tun zu können, kennt die Wiener schlecht. Kaum ein Publikum hat so viel Ahnung, Bildung und seinen eigenen Kopf.

 Sollten die Gerüchte der Wahrheit entsprechen, muss Frau de Beer dringend einiges ändern. Denn auch sonst heisst es, dass die Stimmung in allen Bereichen des Hauses denkbar schlecht sei. Die Alternativen wären nur ein ruiniertes, leeres und wahrscheinlich bald bankrottes Haus oder eine Zukunft ohne Frau de Beer. Kehren wir zurück zur Fledermaus: „Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist“ – Hier ist noch einiges zu tun und es ist höchste Zeit. Fraglich nur ob das gewollt oder überhaupt noch möglich ist?

E.A.L.

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A.C. dazu: Soweit die Eindrücke unseres Informanten, der die gesamte Wiener Musiktheaterszene wie seine Westentasche kennt! Als verantwortlicher Redakeur bin ich bestrebt, fair zu sein, habe sogar einige sehr kritischen Stellungnahmen bei einigen Inszenierungen unterschlagen und mir dabei ein schlechtes Gewissen angezüchtet. Das kann eigentlich nicht meine Aufgabe sein. Immerhin bilde ich mir darauf etwas ein, das Medium wirklich unabhängig führen zu können, keinen Winken von diversen Sponsoren oder gar von sogenannten Kulturpolitikern folgen zu müssen. Frau de Beer genießt bei mir immer noch einen Vertrauensvorschuss, nicht nur, weil sie eine interessante und charmante Frau ist. Derart ritterliche Gefühle überkommen mich bei der Konkurenz am Ring nicht! 

Im für Frau de Beer günstigsten Fall darf ich also annehmen, dass sie „im  Auftrag“ handelt, dass sie politischerseits mithelfen soll. dass in der Kulturpolitik zumindest alles so bleibt, wie es derzeit noch ist. In diesem Fall kann ich ihr aber nur raten, etwas weniger dick aufzutragen, das Wiener Publikum ist nicht so blöd, dass es nicht merken würde, wenn ihm eine Meinung „auf’s Auge gedrückt“  werden soll. Politische Meinungen gehören zum Theater, aber in erträglicher Dosierung! Sogar sehr gute Medikamente können eine tödliche Wirkung haben, wenn die vorgeschriebene Dosierung um ein Vielfaches überschritten wird

Noch ist nicht alles verloren!

A.C.

 

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