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NOVI SAD (Serbien): KULTURHAUPTSTADT EUROPAS 2022

08.03.2022 | REISE und KULTUR

NOVI SAD (Serbien): KULTURHAUPTSTADT EUROPAS 2022

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Der Freiheitsplatz. Foto: Robert Quitta

Jedes Jahr dürfen sich zwei Städte aus Mitgliedsländern der EU mit dem schönen Titel “ Kulturhauptstadt Europas“ schmücken (heuer sind dies Kaunas in Litauen und Esch-sur-Alzette in Luxemburg). Aber alle drei Jahre kommt „gnadenhalber“…oder sagen wir… als „Anreiz“ für Wohlverhalten bei den Verhandlungen…auch ein EU-Beitrittskandidaten-Land dran. 2022 hat Novi Sad in Serbien dieses grosse Los gezogen.

Novi Sad, die an der Donau gelegene zweitgrößte Stadt der serbischen Republik(mit ca.300 000 Einwohnern ist eigentlich eine Gründung Maria Theresias. Sie nannte es, snobistisch wie sie war, auf lateinisch „Novaplanta“ das wurde dann (auch nicht sehr viel schöner) auf deutsch zu „Neusatz“, auf slowakisch zu Novy Sad, auf serbisch zu Novi Sad und auf ungarisch – wie immer ohne jeglichen Bezug zu den anderen Namen – zu: Újvidék.

Im westeuropäischen Bewusstsein ist Novi Sad in erster Linie durch das NATO-Bombardement seiner Donaubrücken präsent, aber es war einst eine überaus florierende, friedliche, wohlhabende und multi-ethnische Stadt (über 30 Volksgruppen, über 10 Kirchen verschiedener Religionen), und auch in der Post-Milosevic-Ära (die Brücken sind wieder instandgesetzt) erlebt es durch heftigen Zuzug aus den exjugoslawischen Staaten einen neuen wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung.

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Die Straßencafes. Foto: Robert Quitta

Der gelernte Österreicher fühlt sich in Novi Sad sofort wie zuhause (offensichtlich auch umgekehrt:  viele Oberkellner in Wiener Cafés stammen aus der Gegend), denn architektonisch ist hier alles so wie in irgendeinem beliebigen Ort der Ex-k.und k.- Monarchie: man könnte in Graz sein …oder in Miskolcz..oder…

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In den Gassen von Novi Sad. Foto: Robert Quitta

Die Strassen sind breit, die (bunten) Häuser sind niedrig, die Leute sind freundlich, das Klima ist südlich, es herrscht eine allgemein-balkaneske Entspanntheit vor, man kann in den Straßencafés sitzen, man kann an der Donau frischen Fisch essen …ja, das Leben ist ziemlich stressfrei und leicht und angenehm hier…

Den naturgemäss voreingenommenen Gast überrascht auch die ungeheure Dichte an Museen.

Es gibt sogar einen Platz in der Innenstadt, in dem nicht weniger als drei (hochklassigste) von ihnen auf engstem Raum zusammenstehen : das Matica Srpska, das Pavle Beljanski und das Rajko Mamuzić-Museum.

Es gibt aber auch noch: das Museum der Vojvodina, das Museum der Stadt Novi Sad, das Museum für Zeitgenössische Kunst etc.etc.

Nicht vorbereitet ist man auch darauf, plötzlich vor der (nach Budapest) zweitgrößten Synagoge des Balkans zu stehen, und noch weniger vorbereitet darauf, dass ihre ganz wundervolle und bis ins kleinste Detail liebevolle Renovierung vom Erzfeind des „Juden“ George Soros, aber „Schutzherren aller Ungarn“, dem „Diktator“ Viktor Orban finanziert worden ist.

Das Programm des Kulturhauptstadtjahres ist äusserst ambitioniert und umfangreich, umfasst nicht weniger als 1000 Veranstaltungen, sowohl in traditionellen Räumen (wie zB. dem Nationaltheater, das bei der Eröffnungszeremonie die exzellente Qualität seines Ensembles unter Beweis gestellt hat) als auch in neugeschaffenen Begegnungsorten wie den acht (eher an den outskirts angesiedelten) „niederschwelligeren“ „cultural stations“. Und es wird gebündelt in acht „Saisonen“ stattfinden mit so nicht gerade niedrigtrabenden Titeln wie…MIGRATIONEN, DIE ZUKUNFT EUROPAS, HELDINNEN oder DIE FESTUNG DES FRIEDENS…

Es wird auch, gefördert vom Kulturforum Belgrad, sehr viel österreichische Beteiligung geben: Kruder & Dorfmeister, Acies Quartett, Zusammenarbeit mit St.Pölten und den Künstlern aus Gugging).Besonders gespannt darf man auf eine Koproduktion mit dem Musiktheater Linz sein: CROSSOPERAS (Uraufführungen von drei zeitgenössischen Opern von serbischen, österreichischen und italienischen Komponisten).

Man sieht also, ein (wenn auch nur ein verlängertes Wochenende umfassender) Besuch in der serbischen Kulturhauptstadt Europas) dürfte sich der Papierform nach eigentlich lohnen. Und wem die kulturellen Angebote nicht genug sein sollten, der kann sich immer noch an den rein touristischen Attraktionen von Novi Sad und Umgebung gütlich tun: da gibt es Salaschen, Gutshöfe mit Obstgärten, Obstschnäpsen und Tamburitza-Spielern, da gibt es die Weinberge von Fruška Gora mit ihren orthodoxen Klöstern und Weinverkostungszentren, und da sind natürlich auch noch (oder vor allem) die Tschardas , die kleinen Fischrestaurants an den Ufern der Donau (Fischsuppe, Wels, Karpfen, Barsch oder Stör)…

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An den Ufern der Donau. Foto: Robert Quitta

Tja,vielleicht bleibt man doch länger als ein Wochenende…oder kommt noch ein zweites Mal..

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Süßes. Foto: Robert Quitta

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Viel Grill. Foto: Robert Quitta

Detailliertere Informationen unter: www.novisad2022.rs

Robert Quitta

 

 

Robert Quitta, Novi Sad

 

 

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