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MICHAEL KOHLHAAS

07.11.2013 | FILM/TV

 

FilmPlakat Michael Kohlhaas~2

Ab 8. November 2013 in den österreichischen Kinos
MICHAEL KOHLHAAS
Frankreich, Deutschland / 2013
Regie: Arnaud des Pallières
Mit: Mads Mikkelsen, Bruno Ganz, Davis Kross u.a.

Diese Geschichte um den Pferdehändler Michael Kohlhaas, der Gerechtigkeit selbst um den Preis der eigenen Vernichtung sucht, ist eine der berühmtesten Novellen der Weltliteratur. Und eine der sprödesten dazu. Heinrich von Kleist schrieb sie 1808, drei Jahre vor seinem Tod.

Es ist nicht die erste Verfilmung des Werks, die der französische Regisseur Arnaud des Pallières jetzt vorlegt, aber eine bemerkenswert gelungene, auch wenn er das Geschehen aus Brandenburg in die französischen Cevennen verlegt. Zeit der Handlung bleibt das 16. Jahrhundert, und in Novelle wie Film steckt mehr als nur persönliche Sturheit des Helden – nämlich das Selbstbewusstsein des freien Mannes, der die Willkür der Oberen nicht hinnehmen will, auch wenn er den kürzeren dabei zieht.

Französisch ist auch die Sprache des Films, obwohl der Hauptdarsteller Däne ist und Deutschland mit Bruno Ganz und David Kross zwei potente Nebendarsteller mitliefert – beide ganz auf Seiten des Helden und doch Vertreter von „Recht und Ordnung“, wie sie damals herrschten. Mads Mikkelsen hat das holzschnittartige Gesicht, das immer wieder an eine Statue denken lässt, und er löst auch seine innere Spannung fast nie auf, gibt kaum Gefühle preis. Aber die Entschlossenheit durchdringt jede Faser seines Seins. Man muss das „Kohlhaasige“, das sprichwörtlich geworden ist, auch glauben – einer, der nicht nachgeben kann, wenn er im Recht ist.

Die Handlung läuft langsam, der Regisseur hat viel Sinn für Natur und Landschaft und trotz der peniblen, schlichten Ausstattung gar keinen Sinn für den opulenten „Historienfilm“, der hier mühelos herauszuholen gewesen wäre. Er wird auch in seiner Erzählweise nicht „aufgeregt“, wenn die Tragik kulminiert. Die Geschichte fließt gleichmäßig, wenn auch nie gleichförmig im Sinn von konturlos dahin, dazu sind auch die Nebenfiguren (nach der Gattin auch die kleine Tochter von Kohlhaas) zu interessant.

Erst wird Kohlhaas nur durch einen hochmütigen Adeligen völlig ungerechtfertigt um zwei Pferde gebracht. Er verlangt sie zurück, bis in die höchsten Instanzen, was seiner Frau (die ein Ersuchen für ihn überbringen will) das Leben kostet. Von da an sind Leben und Tod angesagt. Wenn andere Bauern sich dem Feldzug des Michael Kohlhaas gegen die Obrigkeit anschließen (das frühe 16. Jahrhundert war die Zeit der Bauerkriege), dann kann auch der Mann, der nur sein Recht will, nicht verhindern, dass Unrecht geschieht. Und gerade, weil Arnaud des Pallières sich die Ruhe nimmt, dies zu entwickeln, vermag man dem „moralischen“ Inhalt der Geschichte, die sich schicksalhaft bis zur Hinrichtung von Kohlhaas verdichtet, am Seil von Kleists Gedankenwelt folgen.

Sicher, spröde, anspruchsvolle Literatur auf der Leinwand mag nicht jedermanns Sache sein. Aber wer sich darauf einlässt, sieht einen starken Film.

Renate Wagner

 

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