Ab 5. Dezember 2014 in den österreichischen Kinos
MAGIC IN THE MOONLIGHT
USA / 2014
Buch und Regie: Woody Allen
Mit: Colin Firth, Emma Stone, Eileen Atkins, Simon McBurney u.a.
Woody Allen hatte mit seinem vorangegangen Film „Blue Jasmin“ die Kontinuität seines Schaffens unterbrochen. Diese Geschichte einer verbohrten Society-Frau und ihrer Unterklasse-Schwester, kaum komisch (und wenn, dann nicht auf Woody-Art), hatte sich als bitterböses Sozialdrama um eine extrem unsympathische Heldin herausgestellt. Erntete Lob von jenen, die an sich von Woody Allen nicht so viel halten. Und verstörte jene, die ihn lieben, geradezu.
Diesen sei gesagt – mit „Magic in the Moonlight“ bekommen sie den alten Woody wieder. Und tatsächlich ist es sein gelungenster Film seit „Midnight in Paris“. Witzige Dialoge, köstliche Figuren, wunderschön gespielt, das Schwelgen in romantischem Ambient – und am Ende schlägt Woody, der alte Romantiker (das kann man trotz treffenden jüdischen Witzes auch sein) voll zu. Was will man mehr? Nein, wirklich gar nichts. Das ist vollauf genug für die eineinhalb glücklichen Kinostunden.
Der Film hat durchaus ein Thema, das viele Menschen beschäftigt (und Woody zweifellos auch): Gibt es eine Welt jenseits der Sichtbaren? Kurz, hat es mit „Magie“ etwas auf sich? Mit dem Übernatürlichen, dem Transzendenten, nennen wir es, wie wir wollen (am Ende sogar Gott?)…
Es beginnt im Varieté, wo ein Chinese, dem man alles glaubt nur nicht, dass er ein Chinese ist, eindrucksvoll Tricks vollführt – inklusive ein verschwundener Elefant. Man weiß, dass es ein Trick ist, man kann sich nur einfach nicht ausdenken, wie’s gemacht wird (David Copperfield war stets ein Beispiel dafür). Der Herr, der es kann und tut und gar kein Chinese ist, sondern ein verdammt selbstbewusster, hochmütiger Brite, entpuppt sich als Colin Firth, mit all der notwendigen Eleganz und Kaltschnäuzigkeit, um einen Helden in einem Woody-Allen-Film abzugehen – seitdem dieser selbst zu alt ist, seine eigenen Helden zu spielen… Kurz, Wei Ling Soo ist Stanley Crawford, der Magier, der alle Tricks kennt und, wie er ganz sicher zu sein glaubt, keinem auf den Leim gehen kann.
Freilich könnte Woody den Howard Burkan spielen, Stanleys alten Freund, der mit allen Anzeichen der Verwirrung zu diesem kommt – übrigens nach Berlin, 1928, die „Goldenen Zwanziger“ ergeben als Ausstattungselement reinste Nostalgie. Und wenn schon nicht Woody selbst – Simon McBurney ist ganz ausgezeichnet als Howard, verschmitzt, trickreich, schließlich auch ein Magier. Der ein Problem hat. Da gibt es ein Medium namens Sophie Baker, das mit ihrer Mutter an der Riviera ihr Unwesen treibt, reiche Leute schröpft – und selbst er, der Fachmann, kommt nicht darauf, wie sie es macht. Ob Stanley vielleicht?
Und wie gerne Stanley an die Riviera kommt, nicht nur weil seine wunderbare alte Tante Vanessa (Eileen Atkins, die allerhöchste Schule exquisitester Komödienkunst) in der Nähe ist. Er brennt geradezu darauf, dieser Sophie das Handwerk zu legen. Obwohl sie so große Glupschaugen hat wie Emma Stone – offenbar ist auch Woody Allen dem Reiz dieser Schauspielerin erlegen, der sich jedenfalls nicht durch besondere Darstellungskunst manifestiert (außer in „The Help“ hat sie noch keine bemerkenswerte Leistung gesetzt, aber jede Menge großer Rollen gespielt).
Man braucht das Duell zwischen Stanley und Emma, die ihn durch Dinge verblüfft, die sie nicht wirklich wissen kann, nicht nachzuerzählen, Woody hat dafür eine Menge reizvoller Details und Pointen (nicht alle so vorhersehbar wie das Happyend) parat. Drollig wie Colin Firth, der ja wahrlich auch ein großer Tragöde sein kann (man denke nur an „A Single Man“), hier mit lockerer Komödienbrillanz Woodys Überlegungen zu Diesseits und Jenseits, Agnostizismus und Gottglaube, Zynismus und Sehnsucht nach dem Irrealen in wirklich schönen Dialogen und Monologen darlegt, die erst einmal so gespielt werden müssen, damit sich ein Woody-Allen-Drehbuch wirklich entfaltet…
Dazu die Riviera, die Welt der Reichen und Schönen, eine Menge skurriler Typen… die Magic leuchtet im Moonlight, und Woody, der alte Kino-Zauberer (oder soll man „Magier“ sagen?), ist wieder ganz er selbst. Im besten Sinn des Wortes.
Renate Wagner