Ab 23. November 2012 in den österreichischen Kinos
LOVE IS ALL YOU NEED
Den skaldede frisør / Dänemarkt / 2012
Regie: Susanne Bier
Mit: Pierce Brosnan, Trine Dyrholm u.a.
Nur im Kino bringt man einen miesen Partner relativ mühelos an und bekommt einen viel schöneren dafür (hier sieht er aus wie Pierce Brosnan). Aber das fällt nun einmal in das ewige Genre der „romantischen Komödie“, und denkt man an die Geschlecktheit, die amerikanische Produkte dieser Art auszeichnet, dann hat die dänische Komödie von Regisseurin Susanne Bier so viel eigenen Charme, dass man zu übersehen bereit ist, über wie viele Klischeesteine das Drehbuch gestolpert ist. „Oscar“-verdächtig so wie Biers Film „In einer besseren Welt“ („Oscar“ als bester ausländischer Film 2011) ist das jedenfalls nicht.
Zuerst gibt es ein bisschen viel dänische Kleinbürger-Tragik in Kopenhagen: Ida, die nicht weiß, ob sie ihren Brustkrebs wirklich überwunden hat, überrascht ihren schäbigen Ehegatten auch noch im Bett mit einer doofen Jungen. Aber damit kann sie sich nicht abgeben, denn sie muss zur Hochzeit ihrer Tochter. Diese heiratet einen Dänen mit englischem Vater, der ein Anwesen in Sorrent besitzt. Dorthin verziehen sich alle Familienmitglieder – und dass der unwirsche Herr, in dessen Auto Ida am Flughafen knallt, der künftige Schwiegervater ihrer Tochter (und besagter Pierce Brosnan) ist, versteht sich wohl von selbst.
Das ist Kinodramaturgie wie alles andere auch. Das sonnige Italien zum Beispiel, das hier rund um den Golf von Neapel ein so bezwingendes Ambiente abgibt.
Susanne Bier, die sich ihre Geschichte selbst ausgedacht hat (da gibt es keine Ausrede), führt nun gekonnt alle Protagonisten vor: der schäbige Ehemann hat die Nerven, seine blöde Freundin mitzubringen; Bräutigam Patrick enttäuscht Idas Tochter Britten, weil er nicht so stürmisch ist, wie sie es erhofft; Patricks Vater Philip leidet unter seiner aufdringlichen Schwägerin, diese wiederum leidet unter ihrer indolenten Tochter, und tatsächlich leiden alle zurecht.
Die Mischung aus liebenswert und nervig funktioniert als Ambiente dessen, worum es eigentlich geht – die Annäherung der verletzten Ida und des schroffen Philip, der eigentlich niemanden an sich heranlässt. Dennoch winkt ein Happyend unter Zitronenbäumen am Ende. Und das befriedigt zutiefst, weil Trine Dyrholm – meilenweit von jedem Schönheitsideal entfernt – als Ida die ganze innere Qualität ihres Wesens ausstrahlt und weil Pierce Brosnan als einsamer Wolf wieder einmal eine Rolle bekommen hat, in der er einen Charakter feilen kann. Zwar sollte das Schmelzen eines seelischen Eisbergs zur schauspielerischen Grundausstattung gehören, aber er macht es wunderbar – und sorgt mit seinem Namen dafür, dass Leute, die möglicherweise nie in einen dänischen Film gehen würden, zu Brosnan kommen…
Es gibt ein paar hübsche Darstellerleistungen am Rande, vor allem Schwägerin Benedikte (Paprika Steen) erzielt eine Penetranz und Peinlichkeit, die fast lebensnah wirkt. Und weil die Dänen so schrecklich liberal sind (was sie und die anderen Skandinavier ehrt), darf auch Jung-Patrick (Sebastian Jessen) plötzlich zugeben, dass er eigentlich nicht heiraten will, weil ihm der italienische Junge viel besser gefällt. Warum soll nicht jeder auf seine Art selig werden?
Solche Wunscherfüllungsfilme haben eigentlich nur ein Ziel: Das Publikum soll sich wohl fühlen. In dieser Multi-Kulti-Geschichte, in der Dänisch, Englisch und Italienisch gesprochen wird, ist das eindeutig der Fall.
Renate Wagner