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KulturNatur in Mähren …. Schafe, Sliwowitz & Leos Janácek 

26.10.2022 | REISE und KULTUR

KulturNatur in Mähren …. Schafe, Sliwowitz & Leos Janácek 

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Folklorebild von Jozi Uprka.

Groß wird geworben: Die Stadt Brünn feiert von 2. bis 20. November JANÁCEK BRNO, das 8. Internationale Opern und Musikfestival.“Quo Vadis“ steht als Motto über der dichten Veranstaltungsreihe. Tschechiens führende Dirigenten, sie alle auch international unterwegs, sind angesagt. Vor allem jedoch wird dem umfangreichen Schaffen von Leos Janácek (1854 bis 1928), dem in der Stadt wie in der Region wirkenden und mit seinen Klängen seiner Zeit so einiges voraus gewesenen Komponisten gehuldigt.

Brünn, die Schul- und Messestadt mit kultureller Tradition aus der Habsburger-Monarchie, hat es nicht leicht in einer Zeit, in welcher als Zielrichtung Kulturkommerz vorgegeben ist, heutiges Musikschaffen präsentieren zu können. Dies- und jenseits der Grenzen ist ein kreatives Tief zu überwinden. Man sucht nach künstlerischem Profil, nach Kontakten, knüpft solche …. und bekennt sich doch zu Leos Janácek. Dieser ist mit starkem Nationalbewusstsein gegen das Haus Habsburg besetzt und ein Befürworter des Panslawismus gewesen – und war ungemein mit der Natur seiner Heimat verbunden.

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Bad Luhacovice. Foto: Tourismus

Und in Ostmähren kann sich der Besucher an einer noch sehr rein erhalten gebliebenen Natur erfreuen. Nahe der Grenze zu Niederösterreich. Ein von Österreichern gern besuchter historischer Kurort ist etwa Bad Luhacovice. Berühmt sind dort die Jugendstil-Bauten des Architekten Dusan Jurkovic. Und …. Janácek hat hier mit seiner Geliebten Kamila Stösslová wohl sehr belebende Zeiten verbracht. Moravské Valasskó, Mährische Walachei, wird diese ethnographisch höchst interessante Region benannt, welche sich von Weinhängen bis weiter in den Osten in ein schönes, romantisch ansprechendes Tal der Mährischen Beskiden erstreckt. Faszinierend ist hier das Weiterleben traditioneller Volkskultur: Rumänische Walachen sind zwischen 14. und 17. Jahrhundert ins Tal gezogen, haben als Schafzüchter, Berghirten, Wehrbauern ihr Volksgut aufrecht erhalten. Bis heute: Dieser gepflegten Folkore, der stolz getragenen Tracht, manchen Gebräuchen begegnet man immer wieder – und solches vermag stets zu erfreuen. Walachische Gastfreundschaft gehört dazu.

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Walachisches Feilichtmuseum Roznov pod Radhostém. Fotos: Tourismus

Holz, Holz, Holz rundum; auch moderne Holzhäuser sind zu sehen. Sehenswert ist jedenfalls das voll gefüllte Walachische Freilichtmuseum in Roznov pod Radhostém mit seinen hölzernen Bauernhäusern aus längst vergangenen Tage. Alles aus Holz: Almhütten, Windmühle, Glockenturm, ein originales k.k. Postamt, kleine Gartenanlagen, klar, auch die Holzkirche, alles da. Allzu bequem dürfte es anno dazumal nicht gewesen sein: Niedere Räume und Türen, die obligate Waschschüssel, das Kreuz an der Wand oder der Stall unter dem selben Dach. Dafür bitte, schon sehr heimelig am Berghang gelegen, ist heute das bukolische Resort Kycerka als Unterkunft für den auskundschaftenden Naturfreund zu empfehlen. Oder gleich nebenan, die Berge um einiges höher hinauf, auch für Schifahrer (Schnee dürfte es wohl geben?), rauf die Kohutka-Bergspitze der sich so adrett zeigenden Beskiden. Oder am Berg Radhost lockt der Ferienort Pustevny mit seinen bunten Jugendstil-Holzhäusern. Architekt Jurkovic hat hier ebenfalls seine markante Handschrift hinterlassen. 

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So einiges mehr ist zu entdecken. Etwa der Sliwowitz-Stammsitz der weltweit genossenen R. Jelinek-Spirituosen in Vizovice; ein kleines Museum in Karolinka welches dem Kunstgewerbe der Glasbläser huldigt; die Tierfarmen mit ihren auf wiesigen Anhöhen ihr Futter findenden Schafen und Ziegen. Und wer ist der malende Zeitzeuge des Brauchtums dieser Region gewesen? Jozi Uprka (1861 bis 1940) sind im historischen Bau neben der Barockkirche von Uherské Hradisté Ausstellungsräume gewidmet, in welchen das Schaffen dieses Volkskunst-Virtuosen groß ausgebreitet ist. Folklore in all ihren Facetten: Frohes Treiben im Dorf und in freier Natur, besinnliche Kirchenfeste, immer wieder Betende, Prozessionen, Arbeit auf dem Felde; die Menschen in herber Hirtenkleidung oder in überreich bestückten Trachten, grob pointilistisch mit schweren, kräftigen, ins Auge springenden Farben wiedergegeben. Und hier, so ziemlich überall – man vergisst nicht auf vergangene Zeiten: An den Wänden der Hotels, von Gasthäusern sind die Wände zumeist neben Folklore-Erinnerungen voll mit historischen Fotoaufnahmen geschmückt. 

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Von der gesunden wallachischen Berg- und Talluft zurück ins Brünner Reich der Musik. „Aus einem Totenhaus“ steht im Janácek Theater als Opernpremiere am Programm des ersten Tages des Festivals, gekoppelt mit der Glagolitischen Messe. Jirí Herman, Chef des Hauses, inszeniert und Jakub Hrusa, der frisch ernannter Musikdirektor des Londoner Royal Opera House, steht am Dirigentenpult. Totenhaus klingt gar nicht angenehm, doch für Janácek ist es in seiner letzten Oper der tief bewegende Aufruf zu Humanismus und Freiheit gewesen. Das Festival-Motto ‚Quo vadis‘ gibt die Einstudierung des großen gleichnamigen Oratoriums (‚Dramatische Szenen‘, 1903, damals ein weltweiter Erfolg) von Feliks Nowowiejski vor. Und, bitte, natürlich Pivo, Bier & Bier im Land des Bieres. Staro Brno, Budvar, Pilsner Urquell, Roznovské Pivo …. nach einem  Janácekovo Pivo darf man allerdings nicht fragen. Gibt es nicht. Die Geisteswelt schwebt doch um einiges oberhalb der nahrhaften Gefilde der Bierweltmeister.

Info: www.visitczechrepublic.com   //  wien@czechtourismus.com  // www.janacek-brno.cz    

Meinhard Rüdenauer

 

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