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Kultur und Natur im Grenzgebiet Weinviertel – Schlossareal Lednice-Valtice …. und eine Packung Vivaldi dazu

19.10.2021 | REISE und KULTUR

Kultur und Natur im Grenzgebiet Weinviertel – Schlossareal Lednice-Valtice …. und eine Packung Vivaldi dazu

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Copyright: Pavel Kristian jr.

‚Der Garten Europas‘, ‚Grenzenlose Liechtensteinregion‘,  ‚Schlossareal Lednice-Valtice‘, ‚Weltkulturerbe der UNESCO‘ …. ja, es gibt viele Bezeichnungen für diese Region in Südmähren, welche direkt an das nordöstliche Weinviertel anschließt. Welchen Lockruf suchen wir uns aus? Der Name Liechtenstein müsste wohl aufscheinen. Die Stammburg des Fürstengeschlechts der Liechtensteiner steht zwar nach wie vor stolz in Maria Enzersdorf südlich von Wien. Und das heutige Fürstentum Liechtenstein am Rande der Schweiz ist ein übrig gebliebenes kleines Restchen des früheren feudalen Europas. Doch seit einem gewissen Hugo I., Dominus Hugo de Liechtenstaine oder auch Huc de Lichtensteine im 13. Jahrhundert, ist diese weite ruhige Landschaft durch Jahrhunderte im fürstlichen Besitz der Liechtensteiner – die Dynastie der allerersten Habsburger-Getreuen – gewesen. Ohne Grenze wie heute zwischen Österreich und Tschechien. In zwei Phasen hat die Familie Liechtenstein im 20. Jahrhundert hier ihre Besitzungen verloren: Gegen Entschädigung bei der tschechischen Bodenreform in den 1920erjahren, und nach dem II. Weltkrieg folgte 1945 die entschädigunglose Enteignung durch die sogenannten Benes-Dekrete. 

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Schloss Valtice. Copyright: Pavel Kristian jr.

Aus Eisgrub ist Lednice geworden, aus Feldsberg Valtice – und in den beiden Orten stehen prachtvolle Schlossbauten der Liechtensteiner. Solch eine ehrenvoll Bezeichnung ‚Garten Europas‘ sollte dieser großzügigen Landschaftsarchitektur aus dem 18. wie 19. Jahrhundert wohl zustehen. Als ein Garten Mitteleuropas jedenfalls. Aber, aber …. die trennenden Jahre des Eisernen Vorhanges waren keine vergnüglichen, keine verbindenden, und wir stehen heute völlig verblüfft vor einer Sprachbarriere. Nicht Deutsch sondern Englisch wird den jungen Tschechen gelehrt, und das vormals so vertraute böhmakeln ist Vergangenheit. Keine Feindschaften, doch die Weinviertler an der Landesgrenze oder die Wiener hier mit ihren Zweitwohnsitzen zieht es nicht zu diesen Liechtenstein‘schen Romantikplätzen. Und  …. nun ja, man sieht hier klar, völlig hautnah, dass so manch groß gepredigte EU-Utopie irgendwie in der Realität nicht so ganz funktionieren dürften.

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Schloss Valtice. Copyright: Jan Miklin 

Die Lednice-Valtice-Kulturlandschaft und die Pálava (=Pollauer)-Berge bei Mikulov (=Nikolsburg) dürfen sich nun schon längere Zeit als Weltkulturerbe der UNESCO bezeichnen. Mit dem Schlagwort Kultur wird heute generell im Tourismus geworben, aber die Region wirbt auch mit Wanderwegen und besten Bedingungen für Ausflügler auf dem Fahrrad. Allerdings, ein großer Kulturaustausch? Gibt es keinen. Wenn etwa die Hausbrunner zu ihrem sommerlichen Weinfest einladen, dann werden musizierende Steirerbuam oder aufspielende Burgenländer in die Kellergassen geholt. Und auch der Hermann Nitsch in seinem Prinzendorfer Schloss hört auf eigenes Rumoren und nicht auf die gefühlstiefen folkloristischen Klänge seiner nahen Nachbarn. Die so gepflegte traditionelle mährische Volksmusik gleich über der Grenze, die Folklorefeste in Hodonin oder rundum – das gibt´s für die Weinviertler einfach nicht.

Die Familie Liechtenstein besitzt im Weinviertel noch ihre Guts- und Forstbetriebe. Hauptsitz in der ‚Fürstlichen Gemeinde Wilfersdorf‘ mit dem mehrmals umgebauten Schloss. Von dort wird auch ein „Grenzen-los!“ propagiert. Also auf, es ist keine weite Fahrt in die veredelte Kulturlandschaft zwischen den Prachtschlössern in Valtice und Lednice mit über 200 Quadratkilometern natürlicher wie künstlich angelegter Teiche, Seen und landwirtschaftlicher Nutzung. Und mitten drinnen finden wir klassizistische, neugotische oder Empire-Bauten wie den Dianatempel, die Hansenburg, das Grenzschlösschen oder das maurische Minarett. Das alte Schloss Valtice trumpft mit einer barocken Schlosskapelle, einer riesigen Hofreitschule und dem 1790 historisch nachempfundenen kleinen Barocktheater auf. Und Schloss Lednice, im Laufe des 19. Jahrhundert als Sommersitz der Fürsten erbaut, überrascht uns mit diesen aus herrschaftlicher Phantasie geborenen Romantik-Bauten inmitten reinster Natur.

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Schloss Lednice. Copyright: Pavel Kristian jr.

Das Wort Hochkultur wird im derzeitigen Sprachschatz nicht mehr allzu sehr strapaziert, doch es ist so: ein elitäres Musikfest zählt eben zur Hochkultur. Und so ist auch das noch junge, 2016 gegründete Lednicko Valticky Hudebni Festival einzuordnen. Ideale historische Spielstätten sind im früheren Reich der Liechtensteiner gegeben, und Festival-Gründer Jiri Partyka hat es verstanden, mit Hilfe regionaler Sponsoren attraktive herbstliche Konzerte zu gestalten. Heuriges Thema: Antonio Vivaldi und die böhmischen Länder, zum 280. Todestag des venezianischen Musikgenies. Vivaldi (1678 bis 1741) hatte in seinen späteren Jahren einen regen Kontakt zu den böhmischen Adeligen und deren Musikkapellen. Hat auch das Land bereist. Mit seinen Musiknoten im Gepäck, welche er als beliebtes Musikgut den Hofkapellen der musikliebenden böhmischen Adeligen wie Sporck mit seiner italienischen Oper in Prag, seinem Förderer Morzin (Vivaldi erhielt von ihm bis 1729 einen regelmäßigen Gehalt) oder dem Grafen von Collalto in Brtnice verkaufen konnte. 

Also, noch ein kurzer Blick in den früheren Lustgarten der Habsburg-treuen Dynastie der Liechtensteiner: Geiger Fabio Biondi & sein renommiertes Ensemble Europa Galante sind zum schon recht feierlich aufgezogenen Schlusskonzert des LVHF-Festivals mit einer Vivaldi-Gala in der Hofreitschule angetreten. Gesponsert von einem durchaus mit Geld gesegnetem regionalen Finanzinstitut. Im kleinem Barocktheater war Vivaldis Oper „Farnace“, von einem tschechischen Operngruppe einstudiert und ganz auf historisch gestylt – so wie es die Tschechen lieben – zu erleben. Insgesamt eine gute Packung Vivaldi mit musikalischen Gustostückerln. Wie die Weinviertler aber weit besser mit ihren mährischen Nachbarn zusammenwachsen könnten …. vertrauen wir doch dem von den heutigen Liechtensteinern ausgerufenen „Grenzen-los!“

Info: wien@czechtourism.com  /  www.visitczechrepublic.com  /  www.gardenofeurope.com  / www.lvhf.cz

 

Meinhard Rüdenauer

 

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