Wenn ich mit Leuten aus Hessen oder Nordrhein-Westfalen über meine Geburtsstadt Flensburg spreche und erwähne, dass ich mir vorstellen könnte dort eines Tages wieder zu wohnen, werde ich oft ungläubig angeschaut und gefragt, ob ich denn in diesem kulturellen Niemandsland klarkommen könne. Sie meinen es ja nicht böse und wissen es einfach nicht besser…
Neben dem Schleswig-Holsteinischen Landestheater und Konzerten im Rahmen des weltweit bekannten Schleswig-Holstein Musikfestivals in der Förderstadt existiert eine vielfältige Kulturszene in dieser an der Grenze zu Dänemark gelegenen Stadt. Ein Neuzugang, der erst in diesem Frühsommer in der Fördestadt angelegt hat, ist das „Malgari Café“ auf dem Traditionssegler H.F. 42 Providentia aus dem Jahre 1895.
Das maritime Kulturdenkmal wurde in den letzten sechs Jahren von Schülerinnen und Schülern, dem Team und den Bootsbauern der Ostseeschule restauriert. 2017 wurde es als Traditionsschiff zugelassen. Es wurde seither für Charterfahrten und Umweltbildungsfahrten genutzt.
Ausgerechnet ein Mann aus Recklinghausen, was so überhaupt nicht am Meer liegt, hat im Frühjahr 2018 das Schiffsmanagement und den Betrieb des „Farm to table“ Cafés übernommen. Neben Bordkonzerten und Lesungen finden auch philosophische Abende oder „Künstlerschnacks“ und Workshops statt. Wenn ich mir nun vorstelle, die Neuproduktion des „Fliegenden Holländers“, die am 27.10. im Stadttheater Premiere feiert, mit Auftritten auf der Providentia zu verbinden, geht meine Phantasie sicher mit mir durch. Ein klassisches Konzert mit Cello und Violine hat es aber bereits an Deck gegeben.
Wie Heiko Niehaus (der Mann aus Recklinghausen) sagt, ist er für Musiker nahezu aller Art offen. Bisher sieht das Format nur Hutkonzerte bei freiem Eintritt vor. Die Musiker erhalten das, was das Publikum nach der Darbietung in den Hut schmeißt. Vielleicht lassen sich Künstler aus entfernteren Regionen ja mit einer freien Übernachtung im ebenfalls auf dem Schiff befindlichen Bed and Breakfast an die Förde locken. Die zwei Kojen mit je vier Betten an Bord werden ansonsten für EUR 35,- pro Person / Bett an Leute vermietet, denen Hotelzimmer oder Ferienwohnungen zu langweilig sind.
Niehaus studierte an der Universität der Gastronomischen Wissenschaften in Pollenzo in Italien und verbindet sein Netzwerk zu kleinbäuerlichen Betrieben in Italien mit örtlichen Anbietern, so dass er im Genussladen an Bord Produkte der Förde-Region und Spezialtäten aus dem Piemont anbieten kann. Im Café mit seinen 16 Sitzplätzen in der messe und 22 Sitzplätzen an Deck gibt es alles was die Region rund um Flensburg zu bieten hat.
Der Name des Cafés leitet sich übrigens von Bergbauern ab, die ihr Wissen über Lebensmittelhandwerk und dem Leben in Einklang mit der Natur von Generation zu Generation weitergeben.
Allen Lesern, die es nicht persönlich bis in Deutschlands hohen Norden schaffen, sei ein Besuch der Webseite www.malgari.de empfohlen.
(Text: Marc Rohde – Fotos: Café Malgari)