INFOS DES TAGES (SONNTAG, 29. JUNI 2025)
MÜNCHEN: Eröffnung der Festwochen mit „DON GIOVANNI“

Foto: Bayerische Staatsoper/ Geoffroy Schied
München/Bayerische Staatsoper
Don Giovanni von Proserpina besessen: David Hermann inszeniert in München Mozart
Audio (5,30 Minuten) von Jörn Florian Fuchs
deutschlandfunk.de. don.giovanni.podcast
Der Teufelin kesse Beute
(München, 27.6.2025) Zur Eröffnung der Münchner Opernfestspiele meistert ein bejubeltes Protagonistenensemble die ziemlich verstiegene „Don Giovanni“-Inszenierung von David Hermann. Mozarts und DaPontes „Don Giovanni“ schmückt sich aus guten Gründen mit dem Label, die Oper der Opern zu sein. Man muss das eigentlich nicht mehr wirklich begründen. Alles ist hinreichend düster und doch lebendig bis zum Exzess; weit ab vom Alltag (damals wie heute), aber mit Charakteren, die ein ganzes Panoptikum des Menschlichen (damals wie heute) spiegeln. Von Mozart genial komponiert, versteht sich, alles sitzt, und wenn was gestrichen wird, dann fehlt es. Daran ändert auch das an der Bayerischen Staatsoper München modernistisch fremdelnde Continuo-Duo aus Hammerklavier (Julian Perkins) und Violoncello (Yves Savary) nicht wirklich was. Diese sich manchmal wie Barmusik vertändelnden Beiträge bleiben Geschmacksache. Das gilt auch für die vom Dirigenten Vladimir Jurowski zum Teil selbstgemachten Einfügungen bei Umbauten, Plutos Auftritten oder den Rezitativen. Beim beherzten, charismatischen Dräuen des Ouvertürenauftaktes blieb es jedenfalls nicht durchgängig.
concerti.de
Überzeugender Titelheld, gutes Umfeld: Der neue „Don Giovanni“ im Nationaltheater
Über den schroffen Mozart des Dirigenten Vladimir Jurowski kann man sich streiten, nicht aber über die herausragende Leistung des Baritons Konstantin Krimmel. So papieren und wider die Grundregel „Show, don’t tell“ wie es nacherzählt wirkt, hat David Hermann es auch inszeniert: Mit einem Höllenfeuervideo, einem wild gestikulierenden Tänzerpaar und ganz viel projizierter Gebrauchsanweisung. Dass die Inszenierung nicht rund läuft, muss man in Kauf nehmen. Aber sie steht weit über der mäßigen Inszenierung Nicholas Hytners (1994) und dem Gesamt-Debakel der rotierenden Container von 2009.
MuenchnerAbendzeitung.de
Münchner Opernfestspiele unterhöllisch: Mythos überfremdet Mozart mit angereichertem Pluto
Im Programmbuch zur Eröffnungspremiere werden auf sechs Seiten die vielfältigen Ausdeutungen des Giovanni-Themas seit 1630 aufgeführt. Der Musik- und Werkfreund kennt sogar Regale mit Fachliteratur zu Mozarts schier inkommensurablem Opus. Dem hat das Team der Neuproduktion eine weitere Sicht hinzugefügt.
NeueMusikzeitung/nmz.de
Am Stück vorbei in die Hölle
Das Konzept ist gekonnt umgesetzt, bringt nur leider wenig. Ok, eine vage Anspielung auf den notorischen Gendertrouble der Gegenwart kann man darin sehen. Aber warum wird Don Giovanni eigentlich bestraft, wenn er doch die meiste Zeit von einer Göttin besessen war? Im Frauenheld steckt eine Frau? Es klappert gewaltig. Das spielerische Was-wäre-wenn bleibt unbeantwortet. David Hermann inszeniert mit Bühnenwitz und wackeligem mythologischem Überbau am Stück vorbei. Musikalisch ist der Abend auch nur mittel. Konstantin Krimmel in der Titelrolle ist aktuell einer der besten Liedsänger. Fein und jugendlich klingt das, toll gestaltet, mit betörend schöner Stimme – die aber den Raum nicht richtig füllen will.
BR.Klassik.de

Foto: Bayerische Staatsoper/ Geoffroy Schied
Auf Teufel komm raus: „Don Giovanni“ an der Bayerischen Staatsoper
Eine Themaverfehlung, übrigens auch musikalisch. Für Unkundige gibt es während der Ouvertüre Nachhilfe per Schriftprojektion. Don Giovanni als Besessener, dies auch noch von einer sagenhaften Frau, eine hübsche Pointe ist das. Doch hier, als Eröffnungspremiere der Münchner Opernfestspiele, eine sagenhafte Themaverfehlung. Eine der schillerndsten Gestalten des Opern- und Literaturkosmos funzelt nur noch als Marionette – jeder Staatsanwalt würde auf Freispruch plädieren. Auch der Generalmusikdirektor tut sich schwer mit dem Stück.
muenchner.TZ.de
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Klaus Billand: Ein persönlicher Nachruf auf Erich Wirl

Klaus Billand mit Erich Wirl. Foto: privat

Heute wurde Erich Wirl in Wien zu Grabe getragen. Ich kann es noch immer nicht ganz fassen, dass Erich nicht mehr unter uns ist. Er ist über all die Jahrzehnte, die ich nun schon in Wien lebe, zu einem integralen Bestandteil unserer gemeinsamen Opernleidenschaft geworden, die sich früher viel mehr als heute mit großen Erlebnissen beglückte. Ich hatte Erich noch zu meiner Geburtstagsfeier in Wien im Mai eingeladen. Er sagte bedauernd, dass er wegen der „Tannhäuser“-Generalprobe nicht kommen könnte, über die er mir auch gleich berichtete. Vor kurzem sah ich Erich noch einmal als Statist im „Te Deum“ des 1. Akts der „Tosca“ über die Staatsopernbühne ziehen – eine Rolle, die er mit Begeisterung über viele Jahrzehnte ausübte. Er war ein fix extra!
Natürlich habe ich Erich immer bewundert über sein kaum noch als Leidenschaft, ja eher als liebenswürdige Besessenheit zu bezeichnendes Engagement, Autografen von Sängern und Schauspielern zu sammeln. Diese teilte er mit Peter Infeld und Bernhard Wagner, die beide schon vor ihm von uns gegangen sind. Diese drei, aber besonders Erich mit seiner unglaublich umfangreichen und perfekt geordneten Sammlung bis in die 1960er Jahre zurück, wurde zu einer Referenz, wenn die Opern-Szene, und gerade die Wiener, solche Künstlerbilder brauchte und suchte. Immer wieder war davon auch im Neuen Merker zu lesen, und man konnte hier seine Fotos mit den Unterschriften sehen und selbst in Erinnerung schwelgen.
Ich werde nie Erichs Jackentasche vergessen, in der etwa 7-10 verschiedene Farbstifte steckten, um am Bühnentürl, wenn der oder die Angebetete nach der Aufführung herauskam, bloß den richtig haftenden Stift zu haben… Es war auch Gold darunter! Und ebenso wenig vergesse ich seine hochgezogenen Augenbrauen, wenn ich ihm einmal Autografen von einer Reise mitbrachte, die natürlich mit dem falschen Stift, einem banalen Kugelschreiber, unterzeichnet waren. Aber er freute sich dennoch immer herzlich! Erich schenkte mit einst zum Geburtstag einen wunderbaren Bildband über den „Ring des Nibelungen“ in Jugendstil.

Erich Wirl in Salzburg. Foto: privat
Erich, du warst ein ganz besonderer Kerl, einer von der Alten Schule und immer mit Herz und Verstand bei der Sache und vor allem der Oper, und immer jung mit frischen und klugen Ansichten. Und einen großen Auftrieb sowie neuen Sinn in deinem Leben gab Dir Deine Barbara, mit der Du so glücklich werden konntest und die Deine Theaterbegeisterung teilte. Ihr wünsche ich viel Kraft in diesen schweren Tagen. Ich werde Dich nie vergessen. Ruhe in Frieden und mit Deinen wunderbaren Erinnerungen aus der Oper und dem Theater!
Dein Klaus, 27. Juni 2025
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Deutsche Oper am Rhein/ Düsseldorf/ Duisburg


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NEUE CD von GRAMOLA Winter & CO: BÖCK LIEST BRUCKNER III

Kathedralen am Rhein. Welche ist die Schönste im ganzen Land?
Von Andrea Matzker und Dr. Egon Schlesinger

Der Titel des Buches. C Florian Monheim. Repro von Andrea Matzker

Prof. Dr. Barbara Schock-Werner mit ihrem neuen Buch. Foto: Andrea Matzker
Mit dieser Frage tut sich auch die Autorin des neuen Buches die Autorin und ehemalige Kölner Dombaumeisterin Prof. Dr. Barbara Schock-Werner schwer. Lediglich im Laufe der einstündigen Vorbesprechung lässt sich erahnen, an welchen Kathedralen ihr Herz besonders hängen könnte. Die Autoren, die selbst aus bedeutenden Domstädten, nämlich Mainz und Wien, stammen, können diese Schwierigkeit sehr gut nachvollziehen, zumal auch sie nun in Köln leben.

Die Perlenkette am Rhein. C: Florian Monheim, Repro von Andrea Matzker
Von Konstanz bis Köln gibt es am Rhein entlang die berühmte Perlenkette der Kathedralen. Ursprünglich waren diese Städte römische Lager, wurden dann langsam zu Städten und zogen dann die Christen an. Insofern wurden sie fast alle bedeutende Bischofsstädte. In jedem Fall war der Rhein ihre wichtigste Verbindungslinie. Kathedralen sind normalerweise Amtssitze von Bischöfen. Aber im Grunde gibt es keine Regel ohne Ausnahmen, denn, zum Beispiel, hat der Altenberger Dom auch keinen eigenen Bischof. Insofern konzentriert sich die Autorin auf acht Perlen entlang des Rheins von Konstanz bis Köln. Sämtliche Fotos, die an die Wand projiziert werden bei der Buchvorstellung im Greven Verlag, stammen von ihrem Lieblingsarchitekturfotografen Florian Monheim. Die zweite Kathedrale nach Konstanz ist Basel mit der berühmten Galluspforte von 1185, wo sie die Details von den aus den Gräbern krabbelnden Figuren humorvoll erwähnt. Die dritte Kathedrale ist Freiburg mit dem herrlichen Gewölbe und der Vorhalle. Da Kunstwerke dort zum Teil vor dem Wetter geschützt sind, zeigen sie noch ihre originalen Farben. In Freiburg hebt Frau Prof. Dr. Schock-Werner zum Beispiel auch einen wunderbaren Nasenbläser hervor als Beispiel dafür, welch komische Ideen die Steinmetze damals schon hatten. Selbstverständlich hängt dort ihr Herz besonders am sogenannten Schneiderfenster, da rechts die heilige Barbara abgebildet ist.

Der Freiburger Nasenbläser. C: Florian Monheim, Repro von Andrea Matzker

Das Freiburger Schneiderfenster mit Barbara. C: Florian Monheim, Repro von Andrea Matzker
Alsdann folgt das Straßburger Münster, zu dem die Autorin sicherlich eine ganz besondere Beziehung hat, da sie über den Turm der Kathedrale ihre Doktorarbeit schrieb. Sie empfindet die Kathedrale quasi als achtes Weltwunder. Unter anderem bekamen die Straßburger Baumeister damals vier Liter Wein pro Tag, die getrunken oder weiterverkauft werden konnten. Im Anschluss daran folgen Speyer und Worms als Anfang der romanischen rheinischen Architektur. Weniger bekannt dürfte im Allgemeinen die Kathedrale von Oppenheim sein. Zum romanischen Mainzer Dom hat die Autorin nicht gerade eine leidenschaftliche Beziehung, hebt aber die Gotthardkapelle und die schöne Mainzerin hervor. Leuchtenden Schlusspunkt der Perlenkette bildet der Kölner Dom, den sie auch als Glashaus bezeichnet. Allerdings hat der Kölner Dom auch nicht so viel Ausstattung wie der Mainzer Dom, fügt sie hinzu. Sie hebt beim Kölner Dom die Präzision des Rippengewölbes hervor und zeigt mit Freude den musizierenden Engel mit seinem verklärten Gesicht und selbstverständlich den berühmten heiligen Christophorus, der die Gläubigen vor plötzlichem Tod schützen sollte.

Der Kölner Dom. C: Florian Monheim, Repro von Andrea Matzker

Der hl. Christophorus aus dem Kölner Dom. C: Florian Monheim, Repro von Andrea Matzker
Im Anschluss an die Vorstellung, die komplett ausverkauft war, signierte sie noch ihr neues handliches Buch, bei dem sie sich ganz bewusst auf wenige Kathedralen beschränkt hatte, damit es in jede Handtasche passt und jedem ein praktischer Reisebegleiter sein kann. Es heißt „Die schönsten Kathedralen am Rhein“ und ist erschienen im Greven Verlag von Köln.

Der Mainzer Dom. C: Florian Monheim, Repro von Andrea Matzker
Andrea Matzker & Dr. Egon Schlesinger
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