Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

IN MEMORIAM-GEBURTSTAGE IM JUNI 2019

01.06.2019 | In Memoriam

IN MEMORIAM-Geburtstage

Berücksichtigt wurden runde und halbrunde Geburtstage. Zusammenstellung der Liste: Walter Nowotny

1.6. Wilhelm NENTWIG: 125. Geburtstag

 Seine Ausbildung zum Sänger fand am Konservatorium von Hamburg durch Krüß-Färber sowie bei H. Schlitzer statt. Er debütierte 1919 am Stadttheater von Gleiwitz und wurde 1921 an das Staatstheater Karlsruhe verpflichtet, dem er bis zu seinem Abschied von der Bühne 1944 angehörte. Hier trat er in einer Fülle von Partien vom lyrischen bis zum jugendlichen Heldentenor auf und wirkte u.a. 1928 in der deutschen Erstaufführung von E. Zadors »Die Insel der Toten« mit. Gastspiele führten ihn an größere Bühnen in Deutschland und in der Schweiz sowie nach Südamerika. Er sang u.a. den Tamino in der »Zauberflöte«, den Max im »Freischütz«, den Erik in »Der fliegende Holländer«, den Lohengrin, den Walther von Stolzing in »Die Meistersinger von Nürnberg«, den Lyonel in Flotows »Martha«, den Hugo in »Undine« von Lortzing, den Matthias im »Evangelimann« von W. Kienzl, den Bacchus in »Ariadne auf Naxos« von R. Strauss, den Ägisth in »Das Leben des Orest« von Krenek, den Alfredo in »La Traviata«, den Radames in »Aida«, den Alvaro in Verdis »La forza del destino«, den Titelhelden im »Don Carlos«, den Canio im »Bajazzo«, den Cavaradossi in »Tosca«, den Pinkerton in »Madame Butterfly«, den Rodolfo in »La Bohème«, den Kalaf in »Turandot« von Puccini und den Don José in »Carmen«. Hinzu trat eine Reihe von Operettenrollen (Eisenstein in der »Fledermaus«, Zedlau in »Wiener Blut« und Herzog von Urbino in »Eine Nacht in Venedig« von J. Strauß, Nanki-Poo in »Der Mikado« von Gilbert & Sullivan und Danilo in »Die lustige Witwe«). Er starb 1960 in Karlsruhe.

 

1.6. Joseph ELSNER: 250. Geburtstag

 Er wurde im schlesischen Grottkau geboren, in dem damals zu Königreich Preußen gehörenden Teil des Fürstentums Neisse. Er war deutscher Abstammung. Elsner entstammte der lokalen schlesischen Bevölkerung, bei der das Gefühl der Zugehörigkeit zum deutschen Kulturkreis vorherrschte und die polnische Tradition nur schwach ausgeprägt war. Er erhielt eine deutsche Erziehung, die von einer gewissen Abneigung gegen das Polnische gekennzeichnet war. Zunächst konnte er die polnische Sprache nicht – er erlernte sie erst mit über zwanzig Jahren (nach 1792, d. h. in seiner Lemberger Lebensphase). Sein Vater Franz Xaver Elsner betrieb eine Tischlerei und führte u. a. Reparaturen an Musikinstrumenten durch. Zugleich zeigte er eine Vorliebe für Gesang und spielte Harfe. Elsners Mutter Anna Barbara, geb. Matzke stammte aus Glatz und war die Tochter des geschätzten Lauten- und Geigenbauers Joseph Matzke, der weitreichende Kontakte in Künstlerkreisen hatte. Joseph Elsners musikalische Ausbildung begann in seiner Heimatstadt Grottkau, wo er im Rahmen seiner schulischen Pflichten in einem Kirchenchor sang. Schon als Kind zeigte er ein überdurchschnittliches musikalisches Talent und unternahm erste Kompositionsversuche. Ab seinem 12. Lebensjahr setzte er seine Ausbildung in Breslau fort – zunächst in der Klosterschule der Dominikaner, danach im jesuitischen St.-Matthias-Gymnasium. Dort erhielt er u. a. Unterricht in Violinspiel, Gesang und Generalbass; er bekundete kein besonderes Interesse an der polnischen Sprache, die als Pflichtfach unterrichtet wurde (in diese Zeit fällt jedoch seine erste Begeisterung für das polnische Kirchenlied). Noch vor seinem Gymnasialabschluss wurde er beim Opernchor und Theaterorchester Breslau beschäftigt. Parallel dazu entwickelte er seine kompositorischen Fähigkeiten; die öffentliche Aufführung seiner (heute verschollenen) Motette Ave Maria fand große Resonanz in den Musikkreisen Breslaus. Dank eines Stipendiums der Stadtverwaltung von Grottkau nahm Elsner 1788 das Studium an der Universität Breslau (Leopoldinum) auf – er studierte zunächst an der theologischen, später an der medizinischen Fakultät. Ein Jahr später begab er sich nach Wien mit der Absicht, sein Medizinstudium fortzusetzen, das er jedoch bald nach der Immatrikulation aus gesundheitlichen Gründen aufgab. Begeistert vom regen kulturellen Leben Wiens entschied er sich schließlich, zu seiner musikalischen Karriere zurückzukehren. Im Herbst 1791 erhielt er eine Stelle als Geiger im Theaterorchester von Brünn, wo er sich auch als Dirigent versuchte. Im Frühling 1792 ging er nach Lemberg (der damaligen Hauptstadt des Königreichs Galizien und Lodomerien unter österreichischer Regierung), um die Stelle des zweiten Kapellmeisters im Orchester des dortigen deutschen Theaters zu übernehmen. An diesem k.u.k. Theater wurden zwei seiner auf deutsche Texte komponierte Opern uraufgeführt: Die seltenen Brüder und Der verkleidete Sultan. Der siebenjährige Aufenthalt in Lemberg markiert eine Wende in Elsners Karriere. Der Komponist begann, am polnischen Kulturleben aktiv teilzunehmen. In diese Zeit fällt der Beginn seiner langjährigen Zusammenarbeit mit Wojciech Boguslawski, der nach der Niederlage des Kosciuszko-Aufstands Warschau verlassen hatte und 1795 Direktor am Lemberger Theater geworden war. Unter dem Einfluss der Zusammenarbeit mit Bogusławski sowie seiner Ehe mit der Polin Klara Abt begann Elsner intensiv Polnisch zu lernen. Für seine nächsten Opern benutzte er polnische Libretti – in der Lemberger Zeit komponierte er u. a. die Oper Amazonki czyli Herminia (Die Amazonen oder Herminia) nach einem Libretto von Bogusławski – und in seinem Instrumentalschaffen griff er immer häufiger Motive aus der polnischen Volksmusik auf. Neben dem Komponieren und der Arbeit am Theater engagierte er sich für die Belebung des Lemberger Musiklebens und gründete u. a. eine philharmonische Gesellschaft unter dem Namen „Akademia Muzyczna“, die in den Jahren 1795–97 regelmäßig Konzerte veranstaltete. Nach Bogusławskis Rückkehr nach Warschau im Jahr 1799 übernahm Elsner – auf seine Einladung hin – die Stelle des musikalischen Direktors und Dirigenten am Warschauer Teatr Narodowy (Nationaltheater). Dieses Amt übte er 25 Jahre lang aus – anfangs allein, ab 1810 zusammen mit dem „zweiten Musikdirektor“ Karol Kurpiński (die Zusammenarbeit mit Kurpiński verlief aber nicht reibungslos, weswegen Elsner 1824 von der Theaterleitung ausgeschlossen wurde). Während seiner langjährigen Tätigkeit an der Warschauer Oper brachte er zahlreiche weltbekannte Opernwerke sowie zahlreiche eigene Opern auf die Bühne; unter letzteren sind vor allem zu erwähnen: Sułtan Wampum czyli Nieroztropne życzenie (Sultan Wampum oder Die unbesonnenen Wünsche), Siedem razy jeden (Sieben mal eins) und Andromeda, sowie die in der Geschichte des polnischen Volkes angesiedelten Werke: Leszek Biały czyli Czarownica z Łysej Góry (Leszek der Weiße oder Die Hexe vom kahlen Berg), Król Łokietek czyli Wiśliczanki (König Lokietek oder Die Frauen von Wislica) und Jagiełło w Tenczynie (Jagiełło in Tenczyn). 1802 eröffnete Elsner in Warschau die erste Notenstecherei sowie einen Musikverlag, in dem er innerhalb weniger Jahre eine Reihe von Notenausgaben veröffentlichte, u. a. die 24 von ihm redigierten Nummern der Monatsschrift Wybór pięknych dzieł muzycznych i pieśni polskich (Auswahl schöner Musikwerke und Lieder Polens). 1805 gründete er mit E. T. A. Hoffmann die Musikressource, der Polen und Deutsche angehörten. Elsner wirkte in Warschau intensiv im Bereich der Musikausbildung, indem er in den Jahren 1821–31 von ihm selbst gegründete Musikschulen verschiedener Stufen leitete: die Elementarschule für Musik und Dramatische Kunst, das Institut für Musik und Deklamation und die mit der Universität Warschau verbundene Musikhauptschule. In der letztgenannten Schule bildete er viele polnische Komponisten aus, darunter Fryderyk Chopin (von dem er schrieb: „besondere Eignung, ein Musikgenie“), Feliks Ignacy Dobrzynski und den beim Projekt „Digitalisierung Łańcuter Musikalien“ ebenfalls vertretenen Kasper Napoleon Wysocki. Als Musiktheoretiker analysierte Elsner u. a. die Zusammenhänge zwischen den melodischen und metrisch-rhythmischen Merkmalen der polnischen Volksmusik sowie der Intonation und Betonung (Prosodie) der polnischen Sprache. Zu dieser Thematik veröffentlichte er zwei Abhandlungen: 1818 Rozprawa o metryczności i rytmiczności języka polskiego (Über metrische und rhythmische Eigenschaften der polnischen Sprache) und 1830 Rozprawa o melodii i śpiewie (Über Melodie und Gesang). Elsner war (Ehren)Mitglied zahlreicher polnischer und europäischer Musikvereine. Er unterhielt umfangreiche Kontakte zu künstlerischen, wissenschaftlichen und Verleger-Kreisen Deutschlands, Österreichs und Frankreichs. Erwähnenswert ist, dass er – wie es bei prominenten Vertretern der Aufklärung üblich war – einer Freimaurerloge angehörte und dort hohe Ämter ausübte. Der Komponist starb 1854 im Alter von 84 Jahren in Elsnerow, einem Gut bei Warschau, das er noch vor dem Novemberaufstand von der Regierung gepachtet hatte (im heutigen Warschauer Viertel Targówek gelegen). Unmittelbar nach Elsners Tod wurde ein Komitee zur Pflege seines Nachlasses gegründet; das Komitee wurde vom Komponisten-Fürsten Kazimierz Lubomirski geleitet, der u. a. Józef Elsners Summarium meiner Musikwerke mit Erläuterungen über meine Arbeit und Tätigkeit als musikalischer Künstler aus dem Deutschen übersetzt hat. Elsners Tätigkeit in Warschau – insbesondere seine pädagogische Arbeit in den von ihm gegründeten Bildungsinstitutionen – war in hohem Maße von der instabilen und sich allmählich verschärfenden politischen Lage abhängig. Elsner wirkte in einer Stadt, die zunächst zur Provinz Südpreußen, dann zum Herzogtum Warschau und schließlich zum Kongresspolen gehörte, und er war auch Zeuge des Novemberaufstands. In manchen seiner Partituren finden sich zweifelhafte Widmungen, u. a. an Friedrich Wilhelm III. (Preußen) oder an Nikolaus I. (Russland). Sie entsprachen jedoch den damaligen Sitten und waren häufig auf praktische bzw. finanzielle Überlegungen zurückzuführen. Als Ausdruck von Elsners wirklicher politischer Sympathie kann ohne Zweifel die Widmung der Oper Andromeda an Napoleon Bonaparte betrachtet werden, der als Freund der polnischen Sache galt, sowie die Komposition der Musik zum lyrischen Einakter Powstanie narodu (Der Aufstand einer Nation) von Franciszek Salezy Dmochowski während des Novemberaufstands. Das kompositorische Gesamtwerk Elsners ist recht umfangreich, quantitativ mit den Nachlässen der großen Wiener Klassiker vergleichbar. Sein Œuvre umfasst u. a. 33 Messen (selbständige Teile von Messen inbegriffen), 4 Oratorien und Passionen (darunter das Oratorium Passio Domini Nostri Jesu Christi), 85 Offertorien, Hymnen, Motetten und andere religiöse Werke, 45 Opern (Elsner war der erste Komponist, der Opern in der Landessprache schrieb, wobei er Stoffe und nationale Motive aus der Geschichte Polens nahm) und andere Bühnenwerke, 55 Kantaten, 90 Solo- und Chorlieder, 8 Sinfonien, 2 Violinkonzerte, ein Flötenkonzert, über 20 Kammermusikkompositionen und 31 Werke für Klavier (darunter vier Sonaten). Ein Teil dieser Werke ist verschollen.

 

2.6. Alan CROFOOT: 90. Geburtstag

Er studierte anfänglich Psychologie und war als Dozent an der University of Michigan tätig. Als man seine schöne Stimme entdeckt hatte, ließ er diese u.a. durch Chase Baromeo in Ann Arbor, durch Aksel Schiøtz und durch Herman Geiger-Torel in Toronto ausbilden. Nachdem er bereits als Konzertsänger in Erscheinung getreten war, fand sein Bühnendebüt 1956 an der Canadian Opera in Toronto als Spoletta in »Tosca« statt. 1960-63 war er an der Sadler’s Wells Opera London engagiert, wo er u.a. 1962 den Lilaque-père in der englischen Erstaufführung von H.W. Henzes »Boulevard Solitude« und den Styx in Offenbachs »Orphée aux Enfers« sang. An der North Shore Opera New York gastierte er 1965-66 als Basilio in »Le nooze di Figaro« und als Gremio in »The Taming of the Shrew« von Vittorio Giannini, 1966 an der Oper von New Orleans in der Uraufführung der Oper »Markheim« von Carlisle Floyd, 1968 als Steuermann in »Der fliegende Holländer« und 1971 als Herodes in »Salome« von R. Strauss, den er bereits 1967 an der Oper von San Antonio gesungen hatte. An der San Francisco Opera hörte man ihn 1967-69 als Alcindoro in »La Bohème«, als Pulici in der amerikanischen Erstaufführung von G. Schullers »The Visitation«, als Creditor in »Christopher Columbus« von D. Milhaud, als Goro in »Madame Butterfly«, in einer kleinen Rolle in der amerikanischen Erstaufführung von K. Weills »Royal Palace«, als 3. Jude in »Salome« und als Pong in Puccinis »Turandot«. 1973 hörte man ihn in Washington als Sellem in Strawinskys »The Rake’s Progress«, an der New York City Opera 1975 wieder als Herodes, an der Miami Opera 1977 als Missail im »Boris Godunow«, an der Oper von Boston 1977 als Jupiter in »Orphée aux Enfers«. 1978 gastierte er an der Metropolitan Oper New York 11mal als Zirkusdirektor in Smetanas »Die verkaufte Braut«. 1973-74 sang er bei den Festspielen von Glyndebourne den Bürgermeister in »Der Besuch der alten Dame« von G. von Einem. In Kanada war er an der Oper von Vancouver anzutreffen (1964 als Alcindoro, 1969 als Herodes, 1971 in den vier Dienerrollen in »Hoffmanns Erzählungen«, 1972 als Pong), auch in Toronto (1967 in den vier Dienerrollen) und an der Oper von Edmonton (1969 als Magier in »The Consul« von Menotti). Er trat auch als Schuiskij im »Boris Godunow«, als Truffaldino in Prokofjews »L’Amour des trois oranges« und als Fatty in »Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny« von K. Weill auf. Er nahm an Fernsehaufführungen von Opern im kanadischen wie im Fernsehen der USA teil. Pädagogische Tätigkeit am Banff Centre for the Arts in Alta (Kanada). Er starb 1979 in Dayton (Ohio) durch Selbstmord. – Zeitweilig verheiratet mit der Sopranistin Dodi Protero (1931-2007).

Schallplatten: HMV, Decca (»Orphée aux Enfers«), VAI (Ägisth in »Elektra« mit Inge Borkh in der Titelrolle, New Orleans 1966).

 

2.6. Jules-Bernard BELVAL: 200. Geburtstag

Er begann seine Ausbildung 1843 am Conservatoire National in Paris. 1846 debütierte der Künstler an der Oper von Antwerpen und sang dann in Toulouse, Lyon, im Haag und in Gent. Nach erfolgreichen Auftritten am Théâtre de la Monnaie in Brüssel kam es 1855 zu seiner Verpflichtung an die Grand Opéra Paris (Antrittsrolle: Bertram in »Robert le Diable« von Meyerbeer). Von den Partien, die er an diesem Opernhaus im Lauf seiner Karriere übernahm, seien noch der Zacharias in Meyerbeers »Le Prophète«, der Walter Fürst in Rossinis »Wilhelm Tell« und der Balthazar in »La Favorite« von Donizetti genannt. Er wirkte an der Grand Opéra in mehreren wichtigen Uraufführungen von Opern mit: 1855 als Gargantua in »Pantagruel« von Labarre, 1858 als Graf in »La Magicienne« von Halévy, 1864 als Turpin in »Roland à Roncevaux« von Mermet und – von besonderer Bedeutung – am 28.2.1862 in »La Reine de Saba« von Gounod, am 28.4.1865 als Don Pedro in »L’Africaine« von Meyerbeer und am 9.3.1868 als König in Hamlet von Ambroise Thomas. Als man am 5.1.1875 das Palais Garnier als neues Haus der Grand Opéra mit einem Spectacle coupé eröffnete, sang er in einem Akt von Halévys »La Juive« den Kardinal de Brogni, während seine Tochter Marie Belval als Eudoxie auf der Bühne stand. Dies war zugleich der letzte Bühnenauftritt des Sängers. Seine Stimme wird als ein tiefer Bass von großer Tonfülle und einer besonderen Weite des Tonumfangs geschildert. Er starb 1876 in Paris. – Seine Tochter Marie Belval (* 24.3.1853 Gent, † 1901 New Orleans) debütierte 1873 am Théâtre-Italien in Paris als Norina im »Don Pasquale«, sang dann während einer Saison 1874-75 an der Grand Opéra in der französischen Metropole (u.a. als Isabella in »Robert le Diable« und als Königin Marguerite in den »Hugenotten« von Meyerbeer und als Mathilde in Rossinis »Wilhelm Tell«) Sie gastierte an französischen Theatern, hauptsächlich im italienischen Repertoire. Nach einer Heirat trat sie auch unter dem Namen Marie Belval-Vianesi auf.

 

3.6. Neven BELAMARIĆ: 70. Geburtstag

Er studierte Gesang an der Musikakademie von Zagreb bei Zlatko Sir und schloss dieses Studium 1973 ab. 1974 legte er sein Examen in der Naturwissenschaftlichen Fakultät der dortigen Universität im Fach Theoretische Physik ab. Er setzte sein Gesangstudium bis 1981 an der Musikhochschule in Wien und in Meisterkursen bei Kim Borg und Friedrich Brenn in Salzburg fort; er belegte Spezialkurse für den Lied- und Oratoriengesang bei Erik Werba. 1979-82 war er im Opernstudio der Wiener Staatsoper tätig, wo er durch Otto Wiener betreut wurde. Während dieser Zeit trat er an der Wiener Staatsoper auch in kleineren Rollen auf (u.a. als alter Diener in »Elektra« von R. Strauss, als Marquis d’Obigny in »La Traviata«, als Angelotti in »Tosca« und als Hans Foltz in »Die Meistersinger von Nürnberg«). Seit 1981 trat er als einer der Hauptsolisten an den Nationalopern von Ljubljana und Zagreb auf. Seit 1994 bestanden Engagements an deutschen Opernhäusern, zuerst am Landestheater von Coburg (1994-95), dann am Theater von Cottbus (1995-96) und seit 1996 an der Komischen Oper Berlin. Dabei setzte er seine Karriere in seiner Heimat weiter fort. So sang er 2000 am Opernhaus von Ljubljana den Iwan Susanin in M. Glinkas »Ein Leben für den Zaren«. Gastspiele führten ihn an die Opernhäuser in Wien und Salzburg, in Graz und in Prag, in Moskau und Kiew, in Budapest, Barcelona und Luxemburg. Er nahm an einer Tournee mit »Pelléas et Mélisande« durch Holland teil, ebenso an einer Tournee mit der Matthäuspassion und dem Weihnachtsoratorium von J.S. Bach durch Spanien. Auf der Bühne sang er ein umfangreiches Repertoire mit Partien wie dem König Philipp in Verdis »Don Carlos«, dem Zaccaria in dessen »Nabucco«, dem Pater Guardian in »La forza del destino«, dem Titelhelden wie dem Commendatore im »Don Giovanni«, der Titelfigur in Rossinis »Mosè in Egitto«, dem Kaspar im »Freischütz«, dem Landgrafen im »Tannhäuser«, dem Fliegenden Holländer, dem Wotan im »Rheingold« wie in der »Walküre«, dem Gurnemanz im »Parsifal«, dem Jochanaan in »Salome« und dem Orest in »Elektra« von R. Strauss, dem Marcel in Meyerbeers »Hugenotten«, dem Mephisto im »Faust« von Gounod, dem Boris Godunow und dem Kezal in Smetanas »Die verkaufte Braut«, dazu trat er in Partien aus dem Bereich der kroatischen Oper auf. Er nahm regelmäßig an den Festivals von Zagreb, Split, Dubrovnik und Ljubljana teil. 2001 trat er an der Komischen Oper Berlin als Monterone im »Rigoletto« auf. Im Konzertsaal hatte er seine Erfolge in einem ähnlich weit gespannten Repertoire, vor allem auch bei seinen Liederabenden. Er starb 2006 in Zagreb.

Schallplatten: Vollständige Aufnahmen der Oper »Irrelohe« und »Christophorus« von Franz Schreker; »Letzte Lieder der Meister«.

 

3.6. Émile PALADILHE: 175. Geburtstag

Der Sohn eines musikinteressierten Arztes hatte in früher Kindheit Unterricht bei Dom Sébastien Boixet, dem Organisten der Kathedrale von Montpellier. Er stellte sich als hoch begabt heraus, so dass Boixet empfahl, ihn, als er zehn Jahre alt war, an das Conservatoire de Paris zu schicken. Die Familie übersiedelte mit ihm nach Paris, und er studierte am Conservatoire bei Antoine francois Marmontel Klavier, bei Francois Benoist Orgel und bei Jacques Fromenthal Halévy Klavier. Er gab fünfzehnjährig Klavierkonzerte im Pariser Salle Henri-Herz und war 1860 der jüngste Gewinner des Premier Grand Prix de Rome in der Geschichte des Preises, den er vor Adolphe Deslandres und Isidore Legouix für die Kantate Ivan IV. erhielt. Nach seinem dreijährigen Aufenthalt in der Villa Medici in Rom, der mit dem Preis verbunden ist, machte Paladilhe in Paris eine Karriere als Opernkomponist. 1872 wurde die Oper Le Passant an der Opéra-Comique uraufgeführt. Nach mehreren komischen Opern wurde Patrie nach einem Libretto von Victorien Sardou und Louis Gallet sein erfolgreichstes Werk. Daneben war Paladilhe ein bedeutender Komponist kirchenmusikalischer Werke, als deren bedeutendstes das Oratorium Les Saintes-Marie de la Mer nach einer Dichtung von Louis Gallet gilt. Es wurde 1892 unter Leitung von Francois Borne in Montpellier uraufgeführt. Seine Messe de St François d’Assise wurde 1896 an der Kirche St.-Eustache uraufgeführt. Weiterhin komponierte Paladilhe eine Sinfonie, weitere Orchester- und Instrumentalwerke sowie zahlreiche Klavierstücke. Er starb 1926 in Rouen. Er war mit Georgina, der Enkelin des Schriftstellers Ernest Legouvé, verheiratet. Ihr Sohn Jean Paladilhe wirkte sechzig Jahre lang als Konservator am Musée Gustave Moreau in Paris, dessen Sohn Dominique Paladilhe wurde als Autor historischer Romane bekannt.

 

4.6. Manfred JUNGWIRTH: 100. Geburtstag

Als Knabe sang er im Domchor von St. Pölten. Dann studierte er mehrere Musikinstrumente, u.a. Violine, Violoncello, Horn und Schlagzeug. Mit 13 Jahren begann die Ausbildung seiner Stimme durch Alice Goldberg in St. Pölten, dann durch Emilie Auer-Weißgerber in Wien, später in Bukarest bei Albert d’Andrée, in München bei Rudolf Großmann und in Berlin bei Josef Burgwinkel. Er schlug dennoch 1937 an der Wiener Universität das Studium der Medizin ein, legte aber 1940 sein Staatsexamen für Gesang, Klavierspiel und Orchesterleitung ab. Sein erstes Engagement am Landestheater von Klagenfurt kam nicht zustande, da er zum Militärdienst herangezogen wurde. 1941-45 sang er in Rumänien und Bulgarien vor deutschen Soldaten und konnte 1942 an der Oper von Bukarest als Mephisto im »Faust« von Gounod debütieren. Im Sommer 1945 sang er erstmals in Salzburg und wurde im gleichen Jahr an das Landestheater Innsbruck engagiert, dem er bis 1949 angehörte. Bei den Salzburger Festspielen trat er 1946 als Solist in Bruckners F-Moll-Messe und 1947 im Mozart-Requiem auf. Im Jahre 1948 promovierte er in Innsbruck zum Doktor der Musikwissenschaft, 1948 gewann er den ersten Preis beim Gesangwettbewerb von Genf. 1949 kam er an das Stadttheater von Zürich, wo er bis 1954 und nochmals 1958-61 tätig war. 1954-58 war er durch einen Gastvertrag der von Walter Felsenstein geleiteten Komischen Oper Berlin verbunden. 1956-57 gehörte er dem Staatstheater von Wiesbaden an, 1957-58 der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf-Duisburg und nach seinem nochmaligen Engagement in Zürich 1960-68 dem Opernhaus von Frankfurt a.M. Er war 1967-79 an der Wiener Staatsoper engagiert, an der er bereits 1966 als Ochs im »Rosenkavalier« debütierte, und wo er noch bis 1985 gastierte. Er sang an diesem Haus u.a. den Ferrando im »Troubadour«, den Mesner in »Tosca«, den Bartolo in »Figaros Hochzeit« wie im »Barbier von Sevilla«, den Crespel in »Hoffmanns Erzählungen«, den Osmin in der »Entführung aus dem Serail«, den Minister wie den Rocco im »Fidelio«, den Titurel im »Parsifal«, den Kezal in Smetanas »Die verkaufte Braut«, den Don Alfonso in »Così fan tutte«, den Daland in »Der fliegende Holländer«, den Thoas in Glucks »Iphigenie auf Tauris«, den Altair in »Die ägyptische Helena« von R. Strauss, den La Roche im »Capriccio« von R. Strauss und den Waldner in »Arabella« von R. Strauss. Am 23.5.1971 sang er hier in der Uraufführung von G. von Einems »Der Besuch der alten Dame« den Pfarrer. Insgesamt trat er in mehr als 580 Vorstellungen an der Wiener Staatsoper auf. Gleichzeitig gastierte er auch an der Wiener Volksoper (u.a. 1972 als Simon in Wolf-Ferraris »Die vier Grobiane« und 1975 als Falstaff in Nicolais »Die lustigen Weiber von Windsor«). Seit 1976 war er als ständiger Gast der Bayerischen Staatsoper München verbunden. Er absolvierte sehr erfolgreiche Gastspiele an den Opern von Hamburg, Köln und Stuttgart, in Athen, Lissabon und an der Londoner Covent Garden Oper, an der er als Antrittsrolle 1981 den Waldner übernahm. 1965 bewunderte man bei den Festspielen von Glyndebourne seinen Ochs, der als eine seiner größten Kreationen galt, und den er u.a. auch 1982 in Seattle sang. 1964 Gastspiel in Holland. An der Mailänder Scala gastierte er 1976 als Ochs und 1978 (im Rahmen eines Gastspiels der Wiener Staatsoper unter Leonard Bernstein) als Rocco. Bei den Salzburger Festspielen sang er 1985-87 den La Roche, den er auch bei Maggio Musicale von Florenz 1987 vortrug. Er gastierte weiter an der Grand Opéra Paris (1977 als Ochs), an den Opern von Nizza und Bordeaux, am Teatro Verdi Triest, an der San Francisco Opera (1971 als Ochs), in Amsterdam und Lüttich. 1974 sang er zehnmal an der New Yorker Metropolitan Oper den Ochs, seine große Glanzrolle. Er beherrschte ein breit angelegtes Repertoire von über 75 großen Opernpartien, darunter den Lothario in »Mignon« von A. Thomas, die Titelrolle im »Barbier von Bagdad« von P. Cornelius, den Pater Guardian wie den Fra Melitone in Verdis »Macht des Schicksals«, den Fasolt wie den Fafner im Nibelungenring, den König Marke in »Tristan und Isolde«, den Arkel in »Pelléas et Mélisande«, den Geronimo in Cimarosas »Il matrimonio segreto«, den Procida in Verdis »Die sizilianische Vesper«, den Don Pasquale von Donizetti und den Baculus im »Wildschütz« von Lortzing. Er wirkte am Opernhaus von Zürich 1952 in der Uraufführung einer Neufassung von Hindemiths »Cardillac« mit, auch in einer Anzahl von Schweizer Erstaufführungen, darunter »La Favola d’Orfeo« von A. Casella (Spielzeit 1949-50 als Plutone), »Die Kluge« von C. Orff (1950-51 als Bauer), »Der Revisor« von W. Egk (1958-59 als Stadthauptmann), »La vida breve« von M. de Falla (1951-52 als Sarvaor), »Les Aventures du Roi Pausole« von A. Honegger (1953-54 als Taxis), »Die schlaue Susanne« von Fr.X. Lehner (1953-54 als Bernardo), »Der Sturm« von F. Martin (1959 als Sebastiano), »Komödie auf der Brücke« von B. Martinu (1951-52 als Brauer), »Feuersnot« von R. Strauss (1953 als Sentlinger) und »The Rake’s Progress« von I. Strawinsky (1951-52, zugleich deutsche Erstaufführung). Er starb 1999 in Passau.

Schallplatten: Decca (Mozart-Arien, Ochs im »Rosenkavalier«, Biterolf im »Tannhäuser«, »Der Schauspieldirektor« von Mozart), DGG (»Fidelio«), Amadeo-Polygram (»Der Besuch der alten Dame« von G. von Einem), MMS (Querschnitt »Zar und Zimmermann«). Bereits frühe Operetten-Aufnahmen auf Opera, auch auf VEB-Eterna vertreten, auf Mondo Musica Osmin in der »Entführung aus dem Serail« (Teatro Fenice Venedig, 1982).

 

4.6. Wladimir SLIWINSKY: 125. Geburtstag

Er erhielt seine Ausbildung zum Sänger in Moskau bei Rajski. Er begann seine Bühnenkarriere in den Jahren 1922-24 an der Zimin-Privatoper in Moskau und war dann 1924-35 am Opernhaus von Leningrad engagiert. Seit 1930 trat er auch am Bolschoi Theater Moskau auf, dessen Mitglied er bis zum Ende seiner Karriere 1948 blieb. Er galt als einer der großen Sänger-Schauspieler auf der russischen Opernszene seiner Generation. Er sang ein umfangreiches Repertoire mit Partien wie dem Eugen Onegin von Tschaikowsky, dem Titelhelden in »Mazeppa« vom gleichen Meister, dem Jeletzky in »Pique Dame«, der Titelrolle in Rubinsteins »Dämon«, dem Germont-père in »La Traviata«, dem Rigoletto und dem Escamillo in »Carmen«. 1924 wirkte er in der Uraufführung der Oper »Trilby« von Jurasowski in der Rolle des Sandy mit. Er starb 1949 in Moskau.

Schallplatten der staatlichen sowjetrussischen Plattenherstellung (Melodiya).

 

4.6. Franz-Josef PETTER: 150. Geburtstag

Er lernte im Betrieb seines Vaters den Beruf eines Tischlers und übernahm nach dessen Tod 1885 diesen Betrieb. Seine Stimme wurde in einer Tiroler Sängergesellschaft entdeckt, doch konnte er sich lange nicht zu deren Ausbildung entschließen. Endlich kam es zu einem Gesangstudium in Berlin bei Schulze-Strelitz. Nachdem er bereits Konzerte in Berlin, Hamburg, Rotterdam, Kopenhagen und Dresden, zum Teil zusammen mit der Pianistin Sophie Menter, gegeben hatte und nach einem ersten Bühnenversuch 1895 an der Berliner Hofoper in der Titelpartie von Flotows »Alessandro Stradella« nahm er 1896 ein erstes festes Engagement am Deutschen Landestheater Prag an. Er ging dann an die Oper von Frankfurt a.M. (1897-99) und vervollständigte gleichzeitig seine Ausbildung bei dem Frankfurter Pädagogen Eduard Bellwidt. 1899 folgte er einem Ruf an die Hofoper von Dresden. Hier sang er u.a. den Lyonel in Flotows »Martha«, den Fenton in Nicolais »Die lustigen Weiber von Windsor«, den Erik wie den Steuermann in »Der fliegende Holländer«, den Manrico im »Troubadour« und in besonders beeindruckender Weise den Raoul in Meyerbeers »Hugenotten«. Am 22.11.1901 sang er in der Dresdner Uraufführung der Richard Strauss-Oper »Feuersnot« als Partner von Annie Krull. Bei den Festspielen von Bayreuth wirkte er 1901 als Froh im »Rheingold« und als Steuermann in »Der fliegende Holländer« mit. Nach seinem Dresdner Engagement war er 1904-11 am Opernhaus von Köln tätig. Im Laufe seiner Karriere gastierte er an den Hoftheatern von Wiesbaden (1897), Karlsruhe (1909) und Hannover (1905-07), an den Opernhäusern von Leipzig (1900, 1910) und Riga (1911), in Rotterdam und in Kopenhagen. In einem zweiten Abschnitt seiner Bühnenkarriere bevorzugte er Partien wie den Walther von Stolzing in »Die Meistersinger von Nürnberg«, den Lohengrin, den Radames in »Aida«, den Eléazar in »Die Jüdin« von Halévy und den Turiddu in »Cavalleria rusticana«. Noch 1921 ist er in Köln im Konzertsaal aufgetreten. Er lebte später wieder in seiner Tiroler Heimat. Er starb 1943 in Innsbruck.

Schallplatten: Sechs Aufnahmen auf G & T (Dresden, 1902), zumeist Lieder.

 

6.6. Unni RUGTVEDT: 85. Geburtstag

Sie war am Konservatorium von Oslo Schülerin von Oskar Raum, dann von Käthe Sundström in Stockholm, von Max Lorenz in München und Clemens Kaiser-Breme in Essen. 1964 Bühnendebüt an der Königlichen Oper Stockholm als Ulrica in Verdis »Maskenball«, nachdem sie bereits zuvor als Konzertaltistin aufgetreten war. 1964 gewann sie Gesangwettbewerbe in Venedig und Stockholm. Große Karriere an der Oper von Stockholm, bei den Festspielen im Schloss Drottningholm, an den Opernhäusern von Oslo, Hannover, Toulouse, Florenz und Neapel, wo sie als Gast erschien. 1972 folgte sie einem Ruf an die Wiener Staatsoper (Debüt als Dryade in »Ariadne auf Naxos« von R. Strauss), wo sie bis 1976 in insgesamt 177 Vorstellungen als Ensemblemitglied mitwirkte, u.a. als Mary in »Der fliegende Holländer«, als Schwertleite in der »Walküre«, als 1. Norn in der »Götterdämmerung«, als Hata in Smetanas »Die verkaufte Braut«, als 3. Dame in der »Zauberflöte«, als Maddalena im »Rigoletto«, als Suzuki in »Madame Butterfly«, als Lucia in »Cavalleria rusticana«, als Berta im »Barbier von Sevilla«, als Larina im »Eugen Onegin«, als Mercédès in »Carmen«  und als Federica in Verdis »Luisa Miller«. Sie wirkte auch bei den Bayreuther Festspielen mit (1968-69 als Rossweiße in der »Walküre« und mit dem Alt-Solo im »Parsifal«, 1969 auch als Mary) und setzte ihre erfolgreiche Karriere im Konzertsaal fort. Die Künstlerin trat in Opernsendungen des italienischen, schwedischen und norwegischen Fernsehens auf. Sie starb im Jahr 1997.

Schallplatten: DGG.

 

6.6. Erik WILDHAGEN: 125. Geburtstag

 Eigentlicher Name Erich Lehmann. Er wurde zunächst Lehrer und nahm am Ersten Weltkrieg als Soldat teil. Während eines Lazarettaufenthalts wurde seine Stimme entdeckt und durch R. Handtke in Dresden ausgebildet. Er sang dann am Dresdner Albert-Theater als Operettensänger und 1919-23 als Opern-Tenor am Sächsischen Landestheater Dresden, einer Wanderbühne. Nachdem seine Stimme sich zum Bariton gewandelt hatte und nach weiteren Studien in Italien bei dem berühmten Mattia Battistini in Rom und dem nicht weniger berühmten Giuseppe Borgatti in Mailand wurde er 1925 als erster Bariton an die Staatsoper von München verpflichtet. Hier debütierte er als Rigoletto und blieb bis 1930 Mitglied des Hauses. Bereits zuvor hatte er 1924-25 am Teatro Costanzi in Rom einige erfolgreiche Bühnenauftritte gehabt. Gastspiele führten ihn an die Staatsoper von Wien (1927, 1929 und 1931 als Don Giovanni, als Carlo in »La forza del destino« und als Rigoletto) und nach Amsterdam (1933), 1930-31 bereiste er die USA. 1934-41 wirkte er als Bühnendirektor und Regisseur am Staatstheater von Karlsruhe, musste aber seine Sängerkarriere aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. 1941 übernahm er die Leitung des Stadttheaters von Mühlhausen (Mulhouse) im Elsass. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er in dem Jahrzehnt 1951-61 Intendant des Städtebundtheaters Passau-Landshut in Bayern. Aus seinem Bühnenrepertoire sind der Papageno in der »Zauberflöte«, der Donner im »Rheingold«, der Klingsor im »Parsifal« und der Titelheld in »Schwanda der Dudelsackpfeifer« von Weinberger zu nennen. Auch als Konzertsänger erfolgreich aufgetreten. Er starb 1966 in Passau.

Schallplatten: Von der Stimme des Künstlers wurden einige Aufnahmen auf Vox gemacht, die jedoch bislang nicht veröffentlicht wurden.

 

6.6. Siegfried WAGNER: 150. Geburtstag

 Er war das dritte Kind von Richard Wagner und Cosima Freifrau von Bülow, einer Tochter von Franz Liszt. Damit er den Nachnamen Wagner führen konnte, wurde Siegfried erst im Alter von vierzehn Monaten, am 4. September 1870, getauft. Eine Heirat der Eltern war erst in jenem Jahr möglich, nachdem Cosimas Scheidung von Hans von Bülow rechtskräftig geworden war. Im Jahr 1870 komponierte Richard Wagner anlässlich der Geburt seines Sohnes das Sigfried-Idyll, eine Kammermusikkomposition, die auf Motiven aus der Oper Siegfried beruht und als Geburtstagsgeschenk für Cosima gedacht war. Nach dem Tod des Vaters 1883 trug sich Siegfried Wagner zunächst mit dem Gedanken an ein Studium der Architektur, wandte sich aber dann doch der Musik zu. Seine musikalische Ausbildung erhielt er bei Engelbert Humperdinck und Julius Kniese. Seit 1886 trat Siegfried Wagner auch als Dirigent bei den Bayreuther Festspielen hervor. Die These, dass Siegfried Wagner der Vater von Walter Aign (1901–77), dem jüngsten Kind einer Bayreuther Pastorengattin gewesen sei, erweist sich aufgrund neuerer Forschungen von Brigitte Hamann als unzutreffend. Wagners Homosexualität machte ihn zur Zielscheibe von Erpressungen, derer er sich auf juristischem Wege zu erwehren suchte. Im Jahr 1908 übernahm Siegfried Wagner von seiner Mutter die Leitung der Bayreuther Festspiele. Mit unermüdlichem Arbeitseifer gelang es ihm, die mit Beginn des Ersten Weltkrieges unterbrochene Festspieltradition 1924 wieder aufzunehmen. Zur Finanzierung der kostspieligen Festspiele – der Kartenverkauf hatte damals noch keineswegs den heutigen Umfang – unternahm Siegfried Wagner regelmäßig Konzertreisen als Dirigent, so zum Beispiel Anfang 1924 in die Vereinigten Staaten. Siegfried dirigierte dabei wechselnde Orchester. Die Tournee hatte allerdings nur mäßigen Erfolg: Statt der erhofften 200.000 Dollar blieben nur weniger als 10.000 Dollar für den geplanten Zweck. 1914 kündigte Wagner an, das gesamte Wagner-Erbe in eine Richard-Wagner-Stiftung des deutschen Volkes umzuwandeln. Im Jahre 1915 heiratete er auf Betreiben seiner Mutter hin die Engländerin Winifred Williams, die Pflegetochter Karl Klindworths. Der Ehe mit der späteren Bayreuther Festspielleiterin entstammen vier Kinder: Wieland, Friedelind, Wolfgang und Verena Wagner. In den Jahren nach 1924 bemühte sich Siegfried Wagner um eine zeitgemäße Modernisierung der Festspielaufführungen, insbesondere auch durch die Verpflichtung des Bühnenbildners Kurt Söhnlein. 1925 übernahm er gemeinsam mit Winifred Wagner das Ehrenpräsidium des völkischen Bayreuther Bundes der deutschen Jugend. Am 1. April 1930 starb seine Mutter Cosima Wagner, zu der er ein inniges Verhältnis hatte. 1930 war zudem eine Neuinszenierung des Tannhäuser geplant. Dafür verpflichtete Siegfried Wagner den bedeutenden Dirigenten Arturo Toscanini. Die Proben zu dieser Aufführung erwiesen sich in dem heißen Festspielsommer als äußerst anstrengend. Siegfried Wagner erlitt am 18. Juli 1930 bei einer der Proben einen Herzinfarkt, von dem er sich nicht mehr erholte. Er starb am 4. August 1930 und wurde auf dem Friedhof in Bayreuth beigesetzt. Nach Siegfrieds Tod übernahm seine Witwe Winifred bis 1944 die Festspielleitung.

Bedingt durch seine Einbindung in den antisemitischen Bayreuther Kreis um Cosima Wagner und Houston Stewart Chamberlain wurde Siegfried Wagner schon früh in die Nähe der deutschnationalen und völkischen Bewegung gerückt und von seinem Schwager wiederholt erpresst, seine kosmopolitische Einstellung zu unterdrücken. Er war ein Abonnent des Völkischen Beobachters, der seit 1920 erschien. Politisch interessierter und wesentlich engagierter als Siegfried war erziehungsbedingt jedoch seine Frau Winifred. Nach dem von Winifred arrangierten Besuch Adolf Hitlers im Hans Wahnfried am 1. Oktober 1923 kurz nach dem Deutschen Tag in Bayreuth urteilte Siegfried Wagner über den Gast: „Hitler ist ein prachtvoller Mensch, die echte deutsche Volksseele.“ Nach einem Empfang bei dem italienischen Faschistenführer Mussolini im März 1924 notierte er: „Alles Wille, Kraft, fast Brutalität. Fanatisches Auge, aber keine Liebeskraft darin wie bei Hitler und Ludendorff.“

Im Juni desselben Jahres schrieb Siegfried Wagner in einem Brief an den Bayreuther Rabbiner Falk Salomon: „Was ich für ein Unglück für das Deutsche Volk halte, ist die Mischung der jüdischen mit der germanischen Rasse.“ Nachdem er als einer der wenigen Zeitgenossen Hitlers Pamphlet gelesen hatte, machte Siegfried jedoch „offen in Philosemitismus“ (Schreiben an Evelyn Faltis, Bayerische Staatsbibliothek). In einem offenen Brief an Püringer bekannte er: „Mein Vater hat den Juden Unrecht getan“ und in seiner Oper Das Flüchlein, das Jeder mitbekam zeichnete er Hitler als brutal-sadistischen Räuberhauptmann Wolf (= Hitlers Name in den Kreisen der NS), der im dritten Akt überführt wird. Das Libretto dieser Oper legte Siegfried Wagner zu seinem 60. Geburtstag allen geladenen Gästen auf den Teller. Noch 1929 äußerte er gegenüber seiner Mitarbeiterin Evelyn Faltis: „Mit Juden kann man viel besser arbeiten“ (Bayerische Staatsbibliothek). Ein für den 9. November 1923, Hitlers geplanter „Machtergreifung“, angesetztes festliches Konzert im Münchener Odeon wird als Beleg dafür gewertet, dass Siegfried Wagner um den geplanten Hitler-Ludendorff-Putsch wusste und vom Gelingen des Putsches ausging. Die Komposition Glück, die an dem Abend zur Uraufführung kommen sollte, ist jedoch nicht Hitler gewidmet, sondern, wie u. a. Claus Victor Bock in seiner Biographie Pente Pigadia und die Tagebücher des Clement Harris belegt, Siegfrieds Jugendfreund Clement Harris. Nach dem Scheitern des Putsches und Hitlers Verhaftung korrespondierte Winifred Wagner während dessen Festungshaft mit Hitler. Er soll auf Papier geschrieben haben, das Winifred nach Landsberg schickte. Laut Friedelind Wagner, Nacht über Bayreuth, S. 33 brachte die Begeisterung ihrer Mutter für Hitlers Ideen den Vater zu dem Stoßseufzer „Winni vernichtet alles, was ich verzweifelt aufzubauen versuche“. Da er grundsätzlich allen jungen männlichen Wagner-Enthusiasten, die Wahnfried besichtigten, das „Du“ anbot, wurde Siegfried Wagner spätestens 1925 einer der wenigen Duzfreunde Hitlers. Goebbels urteilte in einer Tagebucheintragung vom 8. Mai 1926 über Siegfried und Winifred Wagner, die er als „rassiges Weib“ ansah, allerdings wenig konspirativ: „… Sie klagt mir ihr Leid. Siegfried ist so schlapp. Pfui! Soll sich vor dem Meister schämen.“

Neben seinem Einsatz für die Bayreuther Festspiele war Siegfried Wagner auch kompositorisch tätig. Er schuf 17 Opern, zu denen er nach dem Vorbild seines Vaters selbst die Libretti schrieb. Einen durchschlagenden Erfolg auf deutschen Bühnen erzielte er nicht. Schon seine erste Oper Der Bärenhäuter wurde 1899 von der Kritik verrissen. Peter Raabe, der in der Zeit des Nationalsozialismus Präsident der Reichsmusikkammer wurde, nannte sie in der Allgemeinen Musikzeitung 1899 „stammelnde Kompositionsversuche“. Siegfried Wagner selbst schob die Misserfolge auf „Jüdische Machenschaften“ („Dafür sorgt Judas Hass“). Nachdem vor allem Winifred Wagner Aufführungen der Werke ihres verstorbenen Mannes blockiert hatte, erleben sie seit einigen Jahren eine Renaissance (z. B. bei den Rudolstädter Festspielen oder gelegentlichen Inszenierungen vor allem der ersten Oper Der Bärenhäuter auf anderen Bühnen), zu der auch der Ablauf der Schutzfrist (70 Jahre nach dem Tod des Komponisten) beitrug. Inzwischen liegen mehrere CD-Einspielungen vor, darunter Aufnahmen, die Siegfried Wagners Wirken als Dirigent dokumentieren.

2017 gab es eine erste internationale Übersichtsausstellung, die von der überregionalen Presse viel beachtet wurde, zu Siegfried Wagner: Bayreuther Erbe aus andersfarbiger Kiste. Sie wurde im Schwulen Museum Berlin gezeigt. Die Welt schrieb dazu: „Mit seiner epochalen Schau zu Siegfried Wagner bemüht sich das Schwule Museum darum, was eigentlich Sache des Museums Villa Wahnfried in Bayreuth wäre, nämlich den Zusammenhang von der erotischen Disposition des ‚Meistersohns‘ mit seiner künstlerischer Entwicklung und mit der familiendynastischen Politik des Wagner-Clans herzustellen. Immerhin geschah das in Zusammenarbeit mit dem Leiter des Wagner-Museums in der Festspielstadt. Anzeichen dafür, dass Sven Friedrich nun wenigstens die aufschlussreiche Berliner Ausstellung übernimmt und demnächst in der von ihm inzwischen mitbespielten Siegfried-Villa zeigen würde, sind allerdings bislang noch nicht erkennbar. Auch er traut sich offenbar nicht, das (für Hinterwäldler) heiße Eisen Homosexualität in Bayreuth anzupacken.“ Zu der Frage einer Übernahme der Ausstellung nach Bayreuth veröffentlichte der Stadtrat der Grünen im Mai 2017 einen Offenen Brief. Darin heißt es: „Die Ausstellung gehört baldmöglichst nach Bayreuth. Es wäre verheerend, wenn sich der Eindruck verfestigte, bestimmte Aspekte der Bayreuther Festspielgeschichte könnten in Berlin, aber nicht in Bayreuth gezeigt und diskutiert werden!“ Inzwischen hat Sven Friedrich, Direktor des Richard Wagner Museum, fürs Frühjahr 2019 eine eigene Siegfried-Wagner-Ausstellung anlässlich des 150. Geburtstags des einstigen Festspielleiters angekündigt. Die Berliner Ausstellung wurde kuratiert von Kevin Clarke, als Mitarbeiter des Schwulen Museum, sowie Achim Bahr und Peter P. Pachl von der Internationalen Siegfried Wagner Gesellschaft. Die Berliner Institution setzte sich dafür ein, dass auch Siegfrieds Nähe zum Nationalsozialismus in der Schau thematisiert wird, auch wenn Siegfrieds Nähe zur NS-Bewegung umstritten ist und sich die Interpretation der Internationalen Siegfried Wagner Gesellschaft e. V. sowie die von Biograf Peter P. Pachl stark unterscheidet von dem, was man in Dokumenten findet, die Brigitte Hamann in ihrem Buch Winifred Wagner, oder, Hitlers Bayreuth (2002) präsentiert. Kurator Kevin Clarke fasste die Situation zusammen in dem Interview „Das Kreuz mit den schwulen Nazis“. Zur Ausstellung erschien im Are-Musik-Verlag Mainz eine Essaysammlung, die von Achim Bahr herausgegeben wurde, darin geht es u. a. um die schwul-lesbischen KünstlerInnen in Bayreuth zur Zeit von Siegfrieds Festspielleitung, um Siegfrieds Liebesbriefe an den jungen Dirigenten Werner Franz sowie um schwule Subtexte in den Opern Siegfried Wagners.

 

6.6. William Howard GLOVER: 200. Geburtstag

 Biographie des englischen Komponisten auf Englisch: https://en.wikipedia.org/wiki/William_Howard_Glover

 

8.6. Erwin SCHULHOFF: 125. Geburtstag

 Er gehört zu jenen Komponisten, die in Vergessenheit geraten sind, obwohl sie eine bedeutende Rolle in der Musikgeschichte einnahmen. Er wurde 1894 als Sohn des jüdischen Wollwarenhändlers Gustav Schulhoff und der Tochter eines Konzertmeisters, Louise Wolff, sowie als Urgroßneffe des mit Chopin befreundeten Klavierkomponisten Julius Schulhoff in Prag geboren. Durch eine Empfehlung von Antonin Dvorák konnte er bereits siebenjährig den Klavierunterricht bei Jindrich Kaan aufnehmen und mit zehn Jahren ins Prager Konservatorium eintreten. Seine pianistische Ausbildung bei Willi Thern in Wien, Robert Teichmüller in Leipzig und Carl Friedberg und Lazzaro Uzielli in Köln verband der auch kompositorisch frühreife Knabe mit Studien bei Max Reger (1907–10). Aufgrund seiner exzellenten Studienleistungen erhielt er den Wüllner-Preis und 1918 den Mendelssohn-Preis für seine Klaviersonate Opus 22. Nach dem Ersten Weltkrieg, den Schulhoff als Angehöriger des österreichischen Heeres mit Handverletzungen und Erfrierungen in Ostgalizien und Norditalien überstand, wirkte er als Klavierlehrer in Saarbrücken und als freischaffender Musiker in Berlin. Im Jahr 1919 siedelte er gemeinsam mit seiner Schwester Viola nach Dresden über und bewohnte dort mit ihr ein Atelier. Im Dresden der Nachkriegszeit lernte er hier zahlreiche Künstler, unter ihnen auch George Grosz kennen, der ihn mit der Dada-Bewegung in Berührung brachte. Vor diesem Hintergrund entstand 1919 der Klavierzyklus Fünf Pittoresken mit der nur aus Pausen bestehenden Komposition In Futurum – als Paradebeispiel dadaistischer Kunstnegation. 1924 nach Prag zurückgekehrt, setzte er sich als Konzertveranstalter und Pianist rückhaltlos für die Wiener Schule ein und unternahm ausgedehnte Konzertreisen nach Salzburg, Venedig, Genf und Oxford mit Werken der damaligen Avantgarde. Schulhoff interessierte sich für alle radikalen Richtungen der Avantgarde, für Dadaismus und Jazz (er schrieb u. a. das Jazz-Oratorium H.M.S. Royal Oak und sein bekanntestes Werk, die Hot Sonate), fasziniert vom Jazz spielte er im Jazzorchester des Prager Theaters mit und komponierte für dieses unter dem Pseudonym Petr Hanus. Er setzte sich für die Vierteltonmusik Alois Hábas ein und ließ sich nacheinander oder parallel von Impressionismus, Expressionismus und Neoklassizismus beeinflussen. Schulhoff vertonte 1932 als Opus 82 das Manifest der Kommunistischen Partei in Form einer Kantate. Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten wandte er sich der kommunistischen Bewegung zu und konnte seine Karriere in Deutschland nicht fortsetzen. Seine Werke wurden als entartete Musik gelistet und die für Berlin geplante Erstaufführung seiner Oper Flammen wurde verhindert. Die Aufführung seiner Werke in Deutschland wurde gänzlich verboten und in Prag konnte er sich mit Bearbeitungen für den Rundfunk nur noch den allernötigsten Lebensunterhalt verdienen. 1933-35 spielte er im Orchester von Jaroslav Jezek im Theater Osvobozené divadlo in Prag und bis zur Bsetzung der Tschechoslowakei 1939 auch im Radio Ostrava. Nachher konnte er in Ostrau nur unter einem Pseudonym als Jazz-Pianist überleben. In den 1930er Jahren vollzog Schulhoff eine künstlerische Wende. Hatte er sich noch in den 1920er Jahren auf die Adaption von Jazz-Rhythmen und Modetänzen mit traditionellen Musikformen und einer atonalen Harmonik verstanden, wandte sich das spätere Schaffen der Ästhetik des Sozialistischen Realismus zu. Er wollte für die kommunistische Weltrevolution kämpfen und mit seiner Familie in die Sowjetunion übersiedeln. Er schrieb Kampflieder und widmete Kompositionen spanischen Freiheitskämpfern. Nachdem er im Mai 1941 die sowjetische Staatsbürgerschaft erhalten und am 13. Juni die gültigen Einreisepapiere in Händen hatte, begann am 22. Juni der deutsche Überfall auf die Sowjetunion. Tags darauf wurde Schulhoff in Prag interniert und in das Lager für Bürger anderer Staaten auf der Wülzburg bei Weißenburg/Bayern deportiert, wo er am 18. August 1942 an Tuberkulose starb. Mit ihm verlor die Neue Musik eine ihrer experimentierfreudigsten und radikalsten Persönlichkeiten.

Schulhoff gehörte zu den ersten europäischen Komponisten, die den Jazz in ihre Kompositionen integrierten. Er verstand sich vorzüglich auf die Adaption von harmonischen und rhythmischen Elementen des Jazz und von Modetänzen (Charleston, Shimmy und Foxtrott) in eine expressive, aber auch musikantische Tonsprache von außerordentlich leuchtender Farbigkeit. Er setzte sich für Arnold Schönberg und Alban Berg ein und setzte sich mit der Bewegung des Dadaismus auseinander, die er durch die Verknüpfung mit Jazzelementen gewitzt umsetzte. Aus Hans Arps Gedichtband Die Wolkenpumpe vertonte er vier Gedichte für Bariton und Kammerensemble, den Vortragsstücken für Kontrafagott Bassnachtigall fügte er einen gesprochenen Epilog hinzu, der die „intellektuellen Hornbrillenträger“ im Publikum verhöhnte. Später war sein kompositorischer Stil weiterhin sehr spielerisch und dürfte durch seine traditionelle Verhaftung dem Neoklassizismus zugerechnet werden. Das Streichquartett Nr. 1 (1924) beinhaltet extreme Gegensätze. Auf die wilde Motorik des angriffigen Presto-Kopfsatzes folgt ein klanglich fahles Allegretto. Das Allegro giocoso alla Slovaca ist vitaler Folklorismus in Reinkultur, im Finale überlagern sich konstruktive Elemente und heftige Gefühlsausbrüche über einem stellenweise polytonalen Grund. In der 3. Klaviersonate (1927) prallen erweiterter Sonatensatz und zyklische Elemente, Toccata, Perpetuum mobile (Scherzo) und amorph wirkende Improvisationen (Andante) zusammen mit einem clustergewürzten Trauermarsch (4. Satz) und bilden den Rohstoff zur epilogartigen Destillation im weit über seine Entstehungszeit hinausweisenden „Finale retrospettivo“ (5. Satz). In seinem 1930 uraufgeführten Jazz-Oratorium H.M.S. Royal Oak (VW 96), dessen Libretto auf einem authentischen Fall basiert, wandte sich Schulhoff der politischen Komposition zu. Ähnlich wie sein Zeitgenosse Ernst Krenek es in seiner Oper Jonny spielt auf drei Jahre zuvor tat, machte Schulhoff den Jazz zum Gegenstand seines Oratoriums. Genauer gesagt den Kampf um den Jazz, denn Gegenstand war eine Affäre zwischen Offizieren des britischen Panzerkreuzers Royal Oak, die bis vor ein Kriegsgericht getragen wurde. Ausgebrochen waren die Streitigkeiten über die Qualität der Bordkapelle. Diese Streitigkeiten gewannen an sozialer Brisanz, als in ihrem Verlauf Offiziere öffentlich Kritik an einem Vorgesetzten übten. Dies wird im Oratorium Schulhoffs zum „Kampf einer Mannschaft um den Jazz“ zugespitzt. Eigentlicher Handlungsort war Malta, Schulhoff verlegt diesen aber in die Südsee. Nach 70 Tagen auf hoher See gelangt der Panzerkreuzer zu den Hawaii-Inseln. Die Besatzung feiert die Ankunft ausgelassen. Der Admiral verbietet der Mannschaft auf den Kriegsfahrzeugen Jazz zu spielen. Die Mannschaft ist empört und zugleich belustigt und setzt sich über dieses Verbot hinweg. Der Kapitän der Royal Oak wiederholt das Verbot und es kommt zur Meuterei. Der Aufstand wird niedergeschlagen und die Anführer in Ketten gelegt. In der englischen Heimat hat derweil das Verbot des Admirals Proteste ausgelöst. Dieser wird auf Druck des Volkes und der Presse vor ein Kriegsgericht gestellt und suspendiert. Der Jazz hingegen muss von der englischen Regierung anerkannt werden. Bei ihrer Ankunft im Heimathafen werden die Matrosen von einem Konzert begrüßt.

 

9.6. Rolf LANGENFASS: 75. Geburtstag

Nach erfolgreicher Matura studierte er in München Theaterwissenschaft. Seine Ausbildung zum Kostüm- und Bühnenbildner erhielt er an der Wimbledon School of Art in London. Seit 1975 arbeitete er sehr oft in Österreich, wie z. B. für die Wiener Staatsoper (Die verkaufte Braut 1982 und Manon Lescaut 1986), die Wiener Volksoper (My Fair Lady), das Theater an der Wien, das Burgtheater und das Wiener Volkstheater und erhielt auch die österreichische Staatsbürgerschaft. Weiters wirkte er bei den Salzburger (Baal 1981, Der Zerrissene 1982-84 und Un re in ascolto 1984) und den Bregenzer Festspielen (Kiss me, Kate 1983) und den Münchner Opernfestspielen (Der Barbier von Bagdad, Capriccio) mit und war eng mit der Grazer Oper (La Périchole und Singing in the Rain) verbunden. Einladungen erhielt er auch an die Opernhäuser in Düsseldorf, Hamburg, Köln, München, Berlin, Göteborg, Oslo, Basel, Zürich sowie in New York an die Metropolitan Opera (mit Harold Prince Faust und mit Otto Schenk Der Ring des Nibelungen, Parsifal, Die Meistersinger von Nürnberg und Don Pasquale) und City Opera (Don Giovanni). Das im April 2004 eröffnete Sisi-Museum in der Wiener Hofburg gestaltete er maßgeblich mit, ebenso die Renovierung im Juni 2009. 1993-2011 war Langenfass Ausstatter der Seefestspiele Mörbisch, er zog 2012 im Streit seinen Namen von der Zigeunerbaron-Produktion zurück. Von 1997 bis zu seinem Tod fungierte er als Ausstattungsleiter des Theaters in der Josefstadt. Am 11. Februar 2011 ging Langenfass mit Michael Eibl im Schloss Mirabell eine eingetragene Partnerschaft ein. Die Zeremonie leitete der Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden, Trauzeugen waren Otto Schenk und Helmuth Lohner. 2012 starb Rolf Langenfass nach langer Krankheit in Wien.

 

10.6. Horst LUNOW: 90. Geburtstag

Er studierte am Konservatorium der Stadt Berlin und an der Berliner Musikhochschule und wurde auch im Opernstudio der Städtischen Oper Berlin ausgebildet; dort nahm er bereits 1958 an der Uraufführung von Darius Milhauds »Fiesta« und an der von Humphrey Searles »Tagebuch eines Irren« teil. 1959 debütierte er am Staatstheater von Dessau als Silvio im »Bajazzo« von Leoncavallo. 1961 wurde er an die Berliner Staatsoper verpflichtet, an der er eine langjährige Karriere hatte. Man hörte ihn dort als Figaro im »Barbier von Sevilla«, als Papageno in der »Zauberflöte«, als Grafen in »Figaros Hochzeit«, als Ottokar im »Freischütz«, als Grafen Eberbach im »Wildschütz« von Lortzing und in vielen anderen Partien. Gastspiele führten ihn, zumeist mit dem Ensemble der Berliner Staatsoper, nach Kopenhagen, Lausanne, Helsinki, Paris, Kairo, Warschau, Moskau, Sofia, Budapest und Florenz. 1966 nahm er an der Berliner Staatsoper, deren Mitglied er bis zu seinem Tod 1974 blieb, an der Uraufführung der Oper »Esther« von R. Hanell teil. Neben seinem Wirken auf der Bühne war er ein angesehener Konzertsolist.

Schallplatten der Marke Eterna; auf Philips sang er den Marullo in einer vollständigen »Rigoletto«-Aufnahme und in »Der Mond« von Carl Orff.

 

10.6. Zenaida PALLY: 100. Geburtstag

Sie erhielt ihre Ausbildung in Bukarest und debütierte 1945 an der dortigen Nationaloper, der sie bis 1970 angehörte. 1971-75 war sie Mitglied des Staatstheaters Saarbrücken, an dem sie noch bis 1977 als Gast auftrat. Zu ihren großen Partien gehörten die Adalgisa in »Norma«, die Azucena im »Troubadour«, die Amneris in »Aida«, die Carmen, die Dalila in »Samson et Dalila« von Saint-Saëns, die Klytämnestra in »Elektra« von R. Strauss, der Octavian im »Rosenkavalier«, die alte Gräfin in »Pique Dame« von Tschaikowsky und die Sphinx in »Oedipe« von Enescu. Die letztgenannte Partie sang sie auch 1963 bei einem Gastspiel der Bukarester Oper in Paris und 1970 bei den Mai-Festspielen von Wiesbaden. Sie trat als Gast in den fünfziger Jahren u.a. an den Staatsopern von Budapest und Berlin, sowie in den sechziger Jahren mehrfach in Italien (hier vor allem als Adalgisa) auf. 1966 gastierte sie am Opernhaus von Lyon und in Kairo, 1967 in Dublin, 1972 in Mexico City. Neben ihrem Wirken auf der Opernbühne war sie eine erfolgreiche Konzertsolistin. Sie starb 1997 in Saarbrücken.

Schallplatten: Electrecord (Arien-Platten, Preziosilla in »La forza del destino«, Maddalena in »Rigoletto«, Sphinx in »Oedipe«), Supraphon.

 

10.6. Rudolf KUNIG: 125. Geburtstag

 Er begann zunächst 1912 eine Karriere als Schauspieler am Volkstheater in München. Diese wurde jedoch durch seine Teilnahme am Ersten Weltkrieg unterbrochen, die sich über vier Jahre 1914-18 hinzog. 1922 begann er dann eine zweite Karriere als Operettentenor am Gärtnerplatztheater in München, an dem er bis 1931 engagiert war. In den Jahren 1931-38 wirkte er hauptsächlich beim Bayerischen Rundfunk München. 1938-44 sang und spielte er dann wieder am Münchner Volkstheater. Er starb 1951 in München. – Seine Gattin, Martha Kunig-Rinach (* 1.4.1898 München, † 24.3.1993), begann ihre Karriere als Operettensängerin und Schauspielerin 1916 am Residenztheater München. Sie setzte diese an anderen Theatern fort und war dann, zusammen mit ihrem Gatten, 1938-44 am Münchner Volkstheater engagiert. Seit 1946 gehörte sie dem Ensemble des Theaters am Gärtnerplatz in München an, wo sie noch in Mütterrollen und in komischen Mezzosopran-Partien auftrat. Sie betätigte sich auch als Sprecherin beim Bayerischen Rundfunk München.

 

10.6. Pavel BOŘKOVEC: 125. Geburtstag

 Er studierte am Prager Konservatorium ab 1918 bei Josef Bohuslav Foerster und Josef Suk Komposition. Er lebte nach seiner Ausbildung ausschließlich von seinem kompositorischen Schaffen. 1937 wurde er zum außerordentlichen Mitglied der Tschechischen Akademie für Kunst und Wissenschaft ernannt; 1946-67 unterrichtete er an der Akademie der Musischen Künste von Prag. Zu seinen Schülern zählten Pavel Blatný, Jirí Pauer, Vladimír Sommer, Petr Eben, Jan Klusák und Jan Truhlar. Er komponierte neben anderen Werken zwei Opern, zwei Klavierkonzerte, ein Concerto grosso, ein Ballett und fünf Streichquartette. Er starb 1972 in Prag.

 

11.6. Adolphe CORIN: 150. Geburtstag

 Sein eigentlicher Name lautete Adolphe Coryn. Er erhielt seine Gesangsausbildung in Gent und Brüssel. 1892 erfolgte sein Bühnendebüt am Opernhaus von Rouen. Anschließend trat er gastierend an zahlreichen französischen und belgischen Theatern (u.a. 1908 am Théâtre de la Monnaie Brüssel) auf, gab aber auch Auslandsgastspiele in Genf, Athen und Istanbul. 1911-33 war er Direktor der Französischen Oper in Antwerpen, flüchtete allerdings während des Ersten Weltkrieges nach London, wo er als Konzertsänger und als Pädagoge wirkte. Auf der Bühne trat er in Partien wie dem Figaro im »Barbier von Sevilla«, dem Bellamy in »Les Dragons de Villars« von Maillart, dem François in »Le Chemineau« von Xavier Leroux, dem Marcello in Puccinis »La Bohème« und dem Escamillo in »Carmen« auf, verlegte sich jedoch gegen Ende seiner Karriere mehr und mehr auf das Buffo-Fach. Er starb 1933 in Antwerpen. Er war verheiratet mit der Sopranistin Félice Levasseur (1862-1946).

 

12.6. Stina-Britta MELANDER: 95. Geburtstag

 Sie begann ihre Ausbildung bei Adelaide von Skilondz und bei Karl Nygren-Kloster in Stockholm. Seit 1945 Besuch der Opernschule in Stockholm, wo sie Schülerin von I. Dobrowen war. Sie debütierte 1946 in Stockholm. Nachdem sie an der Stockholmer Oper und am Stora Theater in Göteborg (1949-57) bedeutende Erfolge erzielt hatte, wurde sie vor allem als Mitglied der Städtischen Oper Berlin, der späteren Deutschen Oper Berlin (1957-69), und der Staatsoper von Hamburg bekannt. An der Städtischen Oper Berlin sang sie u.a. die Titelrolle in der Uraufführung der Oper »Rosamunde Floris« von Boris Blacher (22.9.1960). Sie gastierte oft an der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf-Duisburg; hier sang sie am 21.10.1961 in der Uraufführung der Oper »Die Ameise« von Ronnefeld. Weitere Gastspiele an der Bayerischen Staatsoper München, in Stockholm, Reykjavik und am Teatro Colón Buenos Aires (1962). Sie gastierte 1964 an der Wiener Staatsoper als Tytania in »Ein Sommernachtstraum« von B. Britten. In Göteborg war die Künstlerin bis 1968 regelmäßig zu Gast. Sie sang sowohl Koloraturpartien als auch Rollen aus dem lyrischen Repertoire, u.a. die Königin der Nacht in der »Zauberflöte«, die Konstanze in der »Entführung aus dem Serail«, die Zerbinetta in »Ariadne auf Naxos« von R. Strauss, die Gilda im »Rigoletto«, die Micaela in »Carmen«, die Musetta in »La Bohème«, die Adina in »L’Elisir d‘amore«, die Traviata und die Butterfly. Auch als Operettensängerin, zumal in Lehárs »Die lustige Witwe«, erfolgreich. Sie starb im November 2010.

Schallplatten: Ariola (»Der Liebestrank«), Electrola- HMV (»Si j’étais roi« von Adam), Eurodisc (Querschnitte »Der Postillon von Lonjumeau« von Adam, »La Traviata«, »L‘Elisir d’amore«). Auch Schallplattenaufnahmen auf schwed. Odeon.

 

12.6. Margareta BERGSTRÖM: 100. Geburtstag

 Ausbildung an der Musikhochschule Stockholm 1941-43. Hier gehörten K. von Rosen, Sven d’Ailly und K. Sundström zu ihren wichtigsten Lehrern. Nach ihrem Konzertdebüt 1943 in Stockholm kam es noch im gleichen Jahr zu ihrem Debüt auf der Bühne der Königlichen Hofoper Stockholm in der Rolle der Amneris in »Aida«. Bis zu ihrem Rücktritt von der Bühne 1974 blieb sie Mitglied dieses bedeutendsten schwedischen Opernhauses. 1958 Konzerte in Wien, 1969 Gastspiel an der Oper von Oslo als Mrs. Quickly in Verdis »Falstaff«. 1949 sang sie in der Erstaufführung von Benjamin Brittens »The Rape of Lucretia« am Stora Theater Göteborg die Titelrolle. Ihr breit angelegtes Repertoire enthielt Partien wie die Ortrud im »Lohengrin«, die Brangäne in »Tristan und Isolde«, die Fricka im Nibelungenring, die Kundry im »Parsifal«, die Azucena im »Troubadour« und die Mrs. Herring in »Albert Herring« von Benjamin Britten. Im Konzertsaal sowohl als Oratorien- wie als Liedersängerin hervorgetreten. Sie starb im August 2006.

Schallplatten: Schwedische HMV.

 

13.6. Vitaliy HUBARENKO: 85. Geburtstag

Biographie des ukrainischen Komponisten auf Englisch: https://en.wikipedia.org/wiki/Vitaliy_Hubarenko  

 

13.6. Ede POLDINI: 150. Geburtstag

 Biographie des ungarischen Komponisten auf Englisch: https://en.wikipedia.org/wiki/Ede_Poldini

 

14.6. Pamela HAMBLIN: 65. Geburtstag

Sie absolvierte ihr Musik- und Gesangstudium an der North Texas State University und erwarb den akademischen Grad eines Masters of Music. Anschließend ergänzte sie ihre Ausbildung am Salzburger Mozarteum und wurde durch den Pädagogen Schilhawsky in den Liedvortrag eingeführt. Sie wurde 1979 an das Staatstheater Karlsruhe engagiert, deren Ensemblemitglied sie bis 1994 blieb. Im April 1980 debütierte sie hier als Eurydike in der Offenbach-Operette »Orpheus in der Unterwelt«. In Karlsruhe wurde sie vor allem durch ihre Teilnahme an den Händel-Festspielen bekannt. Sie sang Händel- Partien wie die Florinda in »Rodrigo«, die Almirena in »Rinaldo« und die Romilda in »Xerxes«. Aus ihrem Bühnenrepertoire sind als Höhepunkte noch die Micaela in »Carmen«, die Konstanze in der »Entführung aus dem Serail«, die Susanna in »Figaros Hochzeit«, die Pamina in der »Zauberflöte«, die Sandrina in »La finta giardiniera«, die Gilda im »Rigoletto«, der Page Oscar im »Maskenball« von Verdi, die Konstanze im »Wasserträger« (»Les deux journées«) von Cherubini, die Elvira in Rossinis »L‘Italiana in Algeri«, die Baronin im »Wildschütz« von Lortzing, die Sophie im »Rosenkavalier«, die Zdenka in »Arabella«, die Aminta in »Die schweigsame Frau« von R. Strauss, der Waldvogel im »Siegfried«, die Laura in Millöckers »Der Bettelstudent«, die Gasparina in »Il Campiello« von E. Wolf-Ferrari und die Titania in »A Midsummer Night’s Dream« von B. Britten zu verzeichnen. Sie gastierte erfolgreich an den Staatsopern von Dresden und Stuttgart, am Opernhaus von Zürich, am Staatstheater Wiesbaden, am Opernhaus von Essen, am Stadttheater Heidelberg, an der Opéra du Rhin Straßburg, an der Oper von Nancy, in Madrid und Barcelona und bei den Festspielen im Theater des Herodes Atticus in Athen. Auf dem Gebiet des Konzertgesangs trat sie namentlich als Bach- und Händel-Interpretin, aber auch in oratorischen Werken vieler anderer Meister hervor. Sie starb im Oktober 2012.

Schallplatten: HMV-Electrola (»Rodrigo« von Händel).

 

14.6. Pierre CHARBONNEAU: 75. Geburtstag

 Seine Ausbildung erfolgte in seiner kanadischen Heimat, wo er zu Beginn der siebziger Jahre auch debütierte. Seit 1974 trat er alljährlich bei der Oper von Vancouver auf, ebenfalls seit 1974 häufig an der Oper im kanadischen Edmonton, an der Oper von Ottawa und seit 1978 an der Canadian Opera Toronto. Seit 1983 fanden regelmäßige Auftritte an der Opéra de Montreal statt. Er begann bald eine Karriere auf internationalem Niveau. 1976 gastierte er an der Washington Opera, 1987 bei der Michigan Opera Detroit. 1988 erfolgte sein Europa-Debüt am Opernhaus von Lyon. Hier wirkte er 1989 in der Uraufführung der Oper »Quatre-vingt-treize« von Duhamel mit. 1988 war er an der Pariser Grand Opéra als Jupiter in Offenbachs »Orphée aux Enfers« zu hören, 1989 in Rio de Janeiro als Don Pasquale. 1991 sang er in der New Yorker Carnegie Hall in einer konzertanten Aufführung von Boieldieus »La Dame blanche«, am Teatro Mercadante Neapel in »L’Idolo cinese« von Paisiello. In seinem Repertoire für die Bühne fanden sich sowohl seriöse als auch komische Rollen, darunter der Commendatore wie der Masetto im »Don Giovanni«, der Monterone und der Sparafucile im »Rigoletto«, der Rocco im »Fidelio«, der Bartolo in »Figaros Hochzeit«, der Ferrando im »Troubadour«, der Giorgio in Bellinis »I Puritani«, der Raimondo in »Lucia di Lammermoor«, der Basilio im »Barbier von Sevilla«, der Sulpice in »La Fille du Régiment« von Donizetti, der Lothario in »Mignon« von A. Thomas, der Bruder Lorenzo in Gounods »Roméo et Juliette«, der Hunding in der »Walküre«, der Arkel in »Pelléas et Mélisande« und der Timur in Puccinis »Turandot«. Noch 1992 sang er in Tours die Titelrolle in der Operette »The Mikado« von Gilbert & Sullivan. Er starb 2018 in Cap-Saint-Ignace (in der Nähe von Quebec, Canada).

 

14.6. Heddle NASH: 125. Geburtstag

 Seine Stimme wurde durch die berühmte Sopranistin Marie Brema entdeckt. Sein Debüt wurde jedoch durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges verhindert. Er nahm als Soldat an den Kämpfen in Frankreich, in Saloniki, Ägypten und Palästina teil. 1923 Welttournee mit der Marionettenbühne Teatro dei Piccoli von Podrecca. Dann vollendete er sein Studium bei Giuseppe Borgatti in Mailand. 1924 kam es zu seinem Bühnendebüt am Teatro Carcano in Mailand als Graf Almaviva im »Barbier von Sevilla« von Rossini. Er sang dann in Turin, Genua und Bologna, kam aber 1925 nach England zurück. Hier wirkte er zuerst am Old Vic Theatre in London (Antrittsrolle: Herzog im »Rigoletto«) und bei der British National Opera Company, wo er als erste Partie den Roméo in »Roméo et Juliette« von Gounod vortrug. 1929 debütierte er an der Covent Garden Oper London als Don Ottavio im »Don Giovanni«. Seither hatte er an diesem Opernhaus, wo er noch 1947 aufgetreten ist, eine lange und erfolgreiche Karriere. Vor allem als Don Ottavio und als David in »Die Meistersinger von Nürnberg« wurde er bekannt. 1932 trat er am His Majesty’s Theatre London in der Operette »Die Dubarry« von Millöcker-Mackeben auf. Beim Glyndebourne Festival gastierte er 1934-38 als Ferrando in »Così fan tutte« und als Basilio in »Le nozze di Figaro«, 1935-37 als Pedrillo in der »Entführung aus dem Serail« und 1937 als Don Ottavio. Zugleich war er ein berühmter Oratoriensänger. Auf diesem Gebiet konnte er sich namentlich beim Three Choirs Festival auszeichnen. Während der Jahre des Zweiten Weltkrieges sang er bei der Carl Rosa Opera Company und gab Konzerte vor englischen Soldaten. 1957-58 erschien er nochmals im Ensemble der New Opera Company. Man verglich die technische Perfektion und die Eleganz seines Vortrags, zumal im Mozart-Repertoire, gern mit der Gesangskunst eines John McCormack. Er starb 1961 in London. – Sein Sohn, John Heddle Nash (1928-94), hatte eine bedeutende Karriere als Bariton.

Lit: J. Jarrett: Heddle Nash (in »Record Advertiser«, 1972-73).

Vor dem Zweiten Weltkrieg entstanden Aufnahmen auf Columbia und HMV (»Le nozze di Figaro« und »Così fan tutte« aus Glyndebourne), nach dem Krieg sang Heddle Nash auf HMV.

 

14.6. Bohumil PTÁK: 150. Geburtstag


Als Lohengrin

 Er begann seine Laufbahn als Schauspieler bei verschiedenen Wandertruppen und musste unter schwierigsten Verhältnissen zu einer Karriere als Sänger kommen. Er war u.a. Schüler von Frantisek Pivoda. Er debütierte 1890 am Opernhaus von Brno (Brünn) als Hans in Smetanas »Die verkaufte Braut« und blieb bis 1896 an diesem Haus im Engagement. Der große Erfolg stellte sich ein, als er nach Gastspielen als Dalibor in der gleichnamigen Oper von Smetana und als Lohengrin 1896 an das Nationaltheater von Prag engagiert wurde. Hier hatte er bald große Erfolge und wurde als Interpret eines besonders breit gefächerten Rollenrepertoires allgemein bekannt. So hörte man ihn als Roméo in »Roméo et Juliette« von Gounod, als Radames in Verdis »Aida«, als Cavaradossi in »Tosca«, als Eleazar in »La Juive« von Halévy und in den heroischen Partien der Opern Richard Wagners. Er wirkte an der Prager Nationaloper in wichtigen Uraufführungen tschechischer Opernwerke seiner Epoche mit: am 23.11.1894 nahm er dort an der Uraufführung der Oper »Die Teufelskäthe« (»Cert a Káca«) von Dvorák teil, am 31.3.1901 sang er den Prinzen in der Uraufführung von Dvoráks Oper »Rusalka«, am 25.3.1904 wirkte er in der Uraufführung der Dvorák-Oper »Armida« mit; auch bei den Uraufführungen der Opern »Sarka« von Zdenek Fibich (28.12.1897) und »Eva« von Joseph Bohuslav Foerster (1.1.1899) stand er auf der Bühne des Prager Nationaltheaters. Er gastierte 1901 an den Hofopern von St. Petersburg und Moskau. Nicht weniger erfolgreich gestaltete sich seine Karriere als Konzertsänger. 1912-14 war er in Nordamerika tätig, kam dann nach Prag zurück, konnte aber jetzt nicht mehr an seine früheren Erfolge anknüpfen. Er musste sich mit einer pädagogischen Tätigkeit, schließlich mit der Leitung eines Kabaretts, begnügen. Die letzten zehn Jahre seines Lebens verbrachte er ganz zurückgezogen. Er starb 1933 in Prag.

Schallplatten: Seine Stimme ist durch Aufnahmen unter den Etiketten der Marken G & T, HMV, Columbia, Odeon, Victor, Favorite, Anker, Patria und Pathé (Prag, 1908-10) überliefert, dazu treten noch Edison-Zylinder.

 

14.6. Jean ELLEVIOU: 250. Geburtstag

 Sein Debüt fand 1790 an der Pariser Comédie-Italienne in »Le Deserteur« von Pierre-Alexandre Monsigny statt, und zwar in einer Partie für basse-taille (dem heutigen hohen Bariton entsprechend). Man erkannte jedoch die hervorragende Qualität seiner Stimme in den hohen Lagen, und im folgenden Jahr 1791 kam es zu einem zweiten Debüt, jetzt als Tenor, in der Oper »Philippe et Georgette« von Nicolas-Marie Dalayrac. Während der Jahre der Französischen Revolution hatte er Schwierigkeiten mit den Behörden und war gezwungen seine Karriere zu unterbrechen. 1797 erschien er jedoch wieder auf der Bühne der Comédie-Italienne, an der er jetzt bis 1801 von Erfolg zu Erfolg eilte. Man bewunderte vor allem die Vielseitigkeit seines Repertoires. 1801 wechselte er an die Opéra-Comique Paris, an der er bis 1813 den Höhepunkt seiner Künstlerlaufbahn erlebte. Er sang in Uraufführungen der damals besonders populären komischen Opern von Grétry (mit dessen Musik er sich besonders verbunden fühlte), Dalayrac (u.a. 1800 in der Uraufführung von dessen »Maison à vendre«), Boieldieu, Monsigny, Méhul, Spontini (Uraufführung der Oper »Julie ou le Pot de fleurs« 1805) und in Kompositionen anderer, heute längst vergessener Meister. Insgesamt wirkte er in Uraufführungen von über 40 Opern mit. Davon waren die wichtigsten die Kreationen der Titelhelden in »Joseph« von Méhul am 17.2.1807 und in »Jean de Paris« von Boieldieu am 4.4.1812, beide an der Pariser Opéra-Comique. Méhul hatte die Rolle des Joseph in seiner biblischen Oper ganz im Hinblick auf die Tenorstimme des Künstlers geschrieben. Nach zeitgenössischen Berichten war seine Stimme nicht besonders durchschlagskräftig, aber sehr flexibel und wurde von ihm mit hohem Kunstverstand und Charme eingesetzt. Er war auch als Librettist tätig; mit Sicherheit stammt aus seiner Feder das Textbuch zu der Oper »Délia et Vertikan« von Henri-Montan Breton, wahrscheinlich ist er der Verfasser weiterer Opernlibretti gewesen. Er starb 1842 in Paris.

Lit.: E.H.P. de Curzon: Jean Elleviou (Paris, 1930).

 

15.6. Willy CARON: 80. Geburtstag

Er wuchs in einer musikalischen Familie auf und lernte mehrere Musikinstrumente. Bereits frühzeitig wurde seine Begabung als Sänger entdeckt. 1964 schloss er sein Studium in den Fächern Schauspiel und Operngesang am Konservatorium Mozarteum in Salzburg ab. Weitere Studien im Fach Gesang absolvierte er bis 1966 am Conservatorium van Amsterdam. Außerdem erhielt er Privatunterricht bei der Gesangslehrerin und Professorin Paula Lindberg. Er erlangte seinen internationalen Durchbruch im Februar 1964, nachdem er den Internationalen Verdi-Gesangswettbewerb in Venedig gewann. Beim Internationalen Gesangswettbewerb von Verviers gewann er 1965 den zweiten Preis. Ein Jahr später, 1966, in Brüssel dann den ersten Preis. Caron sang im Verlauf seiner Karriere als Opernsänger sowohl das lyrische Tenorfach (Lenski in Eugen Onegin, italienischer Sänger in Der Rosenkavalier), als auch das Fach des Charaktertenors und des Buffotenors (Remendado in Carmen). Er hatte ein zehnjähriges Engagement an der Oper Köln. Dort sang er unter anderem den Edmondo in Manon Lescaut, Pinkerton in Madame Butterfly, den Schulmeister in Das schlaue Füchslein und den Schuster Frick in Pariser Leben. Caron trat auch an der Hamburger Staatsoper auf. Dort sang er in russischer Sprache die Rolle des Schuiskij in Boris Godunow unter der musikalischen Leitung von Horst Stein und Wolfgang Sawallisch. In Hamburg sang er außerdem den Gefangenen Skuratov in Leos Janáceks Oper Aus einem Totenhaus unter der Leitung von Rafael Kubelik. An der Staatsoper Hannover gastierte er auch als Walther von der Vogelweide in Richard Wagners Tannhäuser. Bei den Salzburger Festspielen sang er 1972-76 die Rolle des Don Curzio in Le nozze di Figaro unter der musikalischen Leitung von Hebert von Karajan. 1975 wurde diese Produktion auch für das Fernsehen aufgezeichnet und bei Unitel veröffentlicht. Bei den Salzburger Osterfestspielen sang er, ebenfalls unter Herbert von Karajan, 1974-75 die Rolle des Balthasar Zorn in Richard Wagners Oper Die Meistersinger von Nürnberg. Mehrfach trat Caron als Monostatos in Wolfgang Amadeus Mozarts Oper Die Zauberflöte auf, unter anderem in Paris unter Georg Solti, in Wien unter Karl Böhm und beim Flandern-Festival in Gent gemeinsam mit Lucia Popp unter der Leitung von Georg Fischer. Caron trat auch als Konzertsänger hervor. Bei der Gesellschaft der Musikfreunde Passau sang er 1971 in der Nibelungenhalle die Tenor-Partie in Georg Friedrich Händels Oratorium Samson. Unter der Leitung von Rafael Kubelik trat er im Münchner Herkulessaal als Porcus in Arthur Honeggers Oratorium Johanna auf dem Scheiterhaufen gemeinsam mit Evelyn Lear, Christine Ostermayer und Peter Fricke auf. In den Niederlanden wurde er vor allem bekannt als Solist mit der Koninklijke Zangvereniging Mastreechter Staar sowie dem Promenade Orkest, einem Symphonieorchester aus Amsterdam. Daneben trat er als Solist auch mit dem Limburgs Symfonie Orkest unter der Leitung von André Rieu senior auf. Bekannt wurde Caron auch als Operettensänger, unter anderem mit Werken von Franz Lehár, Eduard Künneke und Robert Stolz. In der Saison 1987/88 sang er den Menelaus in der Offenbach-Operette Die schöne Helena in einer Produktion mit dem Limburgs Symfonie Orkest bei Aufführungen in Südholland (u. a. in Venlo, Maastricht und Sittard). 1998 war er Gründer des Willy Caron-Musiktheaters und versuchte dadurch, Klassische Musik einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Im November 2009 hatte er seinen letzten öffentlichen Auftritt als Sänger. 1975 erhielt er den Orde van de Gulden Humor. Für seine Verdienste wurde er 2008 zum Ritter des Ordens von Oranien-Nassau ernannt. Er starb 2010 in Den Haag.

Weitere Informationen auf seiner Homepage:

http://www.willycaron.nl/levensbeschijving-2.htm

 

15.6. André MALLABRERA : 85. Geburtstag

 Sein Vater war der französische Tenor José Mallabrera (* 1907). Er erlernte zunächst, genau wie sein Vater, den Beruf eines Uhrmachers, studierte dann aber Gesang bei seinem Vater, dann am Konservatorium von Algier und in Paris. 1958 erfolgte sein Bühnendebüt an der Opéra-Comique Paris als Graf Almaviva im »Barbier von Sevilla«. Bis 1973 wirkte er an diesem Opernhaus, an dem er eine Vielzahl von Partien vortrug. Dazu gehörten u.a. der Paolino in Cimarosas »Il matrimonio segreto«, der Ernesto im »Don Pasquale«, der Vincent in »Mireille« von Gounod, der Léandre in »Le Médecin malgré lui« vom gleichen Komponisten, der Wilhelm Meister in »Mignon« von A. Thomas, der Nadir in »Les pêcheurs de perles« von Bizet, der Titelheld in Rossinis »Le Comte Ory«, der Gonzalve in »L’Heure espagnole« von Ravel und der Alfred in der »Fledermaus«. Seit 1962 war er bis 1972 auch der Pariser Grand Opéra verbunden, an der man ihn als Hylas in »Les Troyens« von Berlioz, als Pang in »Turandot« von Puccini, als Nathanaël in »Hoffmanns Erzählungen« und als Hirte in »Tristan und Isolde« hörte. Nach 1973 trat er als Gast an den großen französischen Provinztheatern, aber auch im Ausland, u.a. in Madrid, Rom, Bologna, England, in Genf (1976 als Pong in Puccinis »Turandot«) und an der Oper von Monte Carlo (1979), jetzt aber zunehmend in Charakterpartien, auf; dazu widmete er sich der Operette. Auch als Konzertsänger wurde er bekannt. Er starb im September 2017.

Schallplatten: Decca (Querschnitte durch den »Barbier von Sevilla« und durch »Lakmé« von Delibes, dazu eine Solo-Platte), Decca-Omega (vollständige Opern »Les Dragons de Villars« von Maillart und »Si j’étais Roi« von Adam), HMV (Nathanaël in »Hoffmanns Erzählungen«), Columbia (»Renard« von Strawinsky), Véga, Polydor (Alfred in der »Fledermaus«).

 

15.6. Geoffrey PARSONS: 90. Geburtstag

Er wurde 1941 Schüler von Winifred Burston am Konservatorium von Sydney und debütierte fünf Jahre später in seiner Heimatstadt als Solopianist. 1947 gewann er die ABC Concerto Competition mit dem Klavierkonzert in B-Dur von Johannes Brahms. Nach seinem Ausscheiden aus dem Konservatorium 1948 unternahm er mit der Sängerin Essie Auckland eine Tournee durch Australien und beschloss, sich in Zukunft ausschließlich der Begleitung zu widmen. 1949-50 gab er mit dem Bassbariton Peter Dawson eine Reihe von Konzerten in Australien, Neuseeland, Kanada und Großbritannien; danach blieb er in London und schlug sich zunächst u.a. als Barpianist durch. 1955 begleitete er Gerhard Hüsch bei dessen erstem Nachkriegsauftritt in London. Hüsch lud ihn nach München ein, wo Parsons zu seinem ständigen Begleiter wurde und 1956 bei Friedrich Wührer seine Ausbildung abrundete. 1961 musizierte er zum ersten Mal mit Elisabeth Schwarzkopf, die ihn ebenfalls zu ihrem ständigen Partner machte. In den folgenden Jahren trat Parsons mit zahlreichen renommierten Sängern auf, darunter Hans Hotter, Birgit Nilsson, Rita Streich, Victoria de los Angeles, Dietrich Fischer-Dieskau, Nicolai Gedda, Christa Ludwig, Janet Baker, Jessye Norman und Felicity Lott. Außerdem begleitete er Instrumentalisten wie Nathan Milstein, Paul Tortelier, Wanda Wilkomirska oder Ida Haendel. Nach dem Abschied Gerald Moores vom Konzertpodium (1967) galt Parsons als bedeutendster Liedbegleiter seiner Zeit. Er gastierte in über 40 Ländern und war auf allen größeren internationalen Musikfestivals präsent. Ein großer Teil seines Repertoires ist auf Schallplatten dokumentiert. In späteren Jahren musizierte er auch mit Sängern der jüngeren Generation, darunter Thomas Hampson, Barbara Bonney und Olaf Bär. Zu seinen Schülern zählen u.a. Roger Vignoles, Graham Johnson und Malcolm Martineau. Geoffrey Parsons war Prince Consort Professor of Piano am Royal College of Music, Ehrenmitglied der Royal Academy of Music (seit 1975) und der Guildhall School of Music (seit 1983), Officer of the Order of the British Empire (seit 1977), Fellow of the Royal College of Music (seit 1987) und Officer of the Order of Australia (seit 1990). 1992 wurde er zum Royal Philharmonic Society’s Instrumentalist of the Year ernannt. Er starb 1995 in London.

 

15.6. Lotfi MANSOURI: 90. Geburtstag

Auf Wunsch seines Vaters ging er an die University of California Los Angeles (UCLA), um Medizin zu studieren, wurde aber auf Grund seiner Begabung als Sänger bald von Irving Beckman, dem Leiter des Opern-Workshops der Universität entdeckt. Er trat als Statist in einer Inszenierung der Oper Otello der San Francisco Opera auf und erhielt auf Grund seiner äußerlichen Ähnlichkeit mit dem Sänger 1956 die Titelrolle in dem Film The Day I met Caruso. Kurze Zeit später erhielt er eine Einladung des Los Angeles City College, die Aufführung von Mozarts Così fan tutte zu leiten und wurde auf Grund dessen Assistenz-Professor an der UCLA. Er erhielt ein Stipendium für eine Ausbildung bei Lotte Lehmann an der Music Academy of the West in Santa Barbara und wurde dort 1959 Assistent von Herbert Graf. Als Graf 1960 als künstlerischer Direktor an die Zürcher Oper verpflichtet wurde, lud er Mansouri, der in diesem Jahr die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt, ein, ihn als Regisseur zu begleiten. Im ersten Jahr in Zürich leitete er vier große Produktionen: die europäische Erstaufführung der Oper Amahl and the Night Visitors von Gian-Carlo Menotti sowie die Verdi-Oper La Traviata, Don Pasquale von Donizetti und Samson und Dalila von Saint-Saens. 1965-76 war Mansouri Regisseur an der Oper von Genf. Während seines Aufenthaltes in der Schweiz leitete er als Gast auch Aufführungen in Italien (u.a. an der Mailänder Scala) und den USA, u.a. an der Metropolitan Opera (Esclarmonde 1976 und Andrea Chénier 1990) und der Santa Fé Opera. 1971 erhielt er den Auftrag des iranischen Kultusministers, das Opernhaus von Teheran aufzubauen, dessen Bühnenproduktionen er bis 1975 leitete. 1976 wurde Mansouri Generaldirektor der Canadian Opera Company in Toronto, die er zwölf Jahre lang leitete. In der Zeit entstanden mehr als dreißig neue Opernproduktionen, darunter zwölf kanadische Erstaufführungen. Zu nennen sind Bergs Lulu und Wozzeck, Brittens Death in Venice, Wagners Die Meistersinger von Nürnberg und Thomas’ Hamlet. 1983 führte er die Einblendung der englischen Übersetzung fremdsprachiger Operntexte während der Aufführung ein, ein Verfahren, das bald weite Verbreitung in Nordamerika fand. 1988-2001 war Mansouri Generaldirektor der San Francisco Opera. Hier entstanden u.a. Aufführungen von John Adams’ The Death of Klinghoffer (1992), Conrad Susas Dangerous Liaisons (1994), Stewart Wallaces Harvey Milk (1996), André Previns A Streetcar Named Desire (1998) und Jake Heggies Dead Man Walking (2000). In Zusammenarbeit mit der Kirow-Oper wurden Prokofjews Krieg und Frieden, Mussorgskys Boris Godunow, Glinkas Ruslan und Ludmila, Tschaikowskis Eugen Onegin u.a. aufgeführt. 2005 ehrte ihn die San Francisco Opera mit einem Galakonzert und er erhielt die San Francisco Opera Medal. Er starb 2013 in San Francisco.

 

15.6. André DRAN: 95. Geburtstag

Der französische Tenor ist auf Offenbach-Einspielungen der 1950er Jahre zu hören. Aus seiner Ehe mit der Sopranistin Monique de Pondeau (1929-88) stammt sein Sohn Thierry Dran (geboren 1953), der ebenfalls Karriere als Tenor machte. Das Ehepaar unterrichtete am Konservatorium von Bordeaux, wo auch ihr Sohn Thierry ausgebildet wurde. Er starb im Jahr 2015.

 

15.6. Joachim HERZ: 95. Geburtstag

Er studierte an der Dresdner Musikhochschule Kapellmeister und Opernregie bei Heinz Arnold, später an der Humboldt-Universität Musikwissenschaften. 1951 wurde er Spielleiter an der Landesoper Dresden-Radebeul. 1953 wechselte er an die Komische Oper Berlin und war hier bis 1956 Schüler und Assistent von Walter Felsenstein, dessen Arbeitsmethoden er weitgehend übernahm. Wie Felsenstein, der Begründer des realistischen Musiktheaters, pflegte auch Herz gründliche philologische und historische Vorstudien zu Inszenierungen mit einer persönlichen Note weiterzuentwickeln. Nach einem kurzen Zwischenspiel an der Städtischen Oper Köln (1956–57) kam er 1959 als Operndirektor an der Leipziger Oper. Hier eröffnete er 1960 mit Richard Wagners Die Meistersinger von Nürnberg den Neubau des Opernhauses. Besonderes Aufsehen erregte er mit seinem 1976 in Leipzig abgeschlossenen Der Ring des Nibelungen. Leipzig blieb bis 1976 die musikalische Heimat von Herz. Bis zu acht Mal pro Woche waren seine Inszenierungen auf der Bühne zu sehen. Im Nachhinein gesehen gilt sein Wechsel 1976 zurück an die Komische Oper nach Berlin als glücklos. Zwar konnte er mit Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny ein fulminantes sozialkritisches Massenspektakel auf die Bühne stellen. Doch wollte er weder im Schatten Felsensteins bleiben, noch im DDR-Realismus verharren. Sein zuweilen schroffer Arbeitsstil und seine Unbekümmertheit gegenüber den SED-Bürokraten fanden wenig Gegenliebe. Seine Ablösung 1981 kam daher nicht unerwartet. 1985 übernahm er die Stelle des Chefregisseurs an der wiedereröffneten Semperoper. Zur Eröffnung inszenierte er Carl Maria von Webers Der Freischütz. Neben dem Dreieck Dresden, Leipzig, Berlin inszenierte Herz schon frühzeitig in aller Welt. Er arbeitete am Moskauer Bolschoi-Theater ebenso wie am Teatro Colón in Buenos Aires, in London, an der Bayerischen Staatsoper München (Die ägyptische Helena von R. Strauss) oder auch in Vancouver. An der Wiener Staatsoper inszenierte er 1974 Janáceks Katja Kabanowa und Mozarts Die Zauberflöte sowie 1975 Wagners Lohengrin. Insgesamt 126 Inszenierungen und Neueinstudierungen von über 60 Opern hat er auf die Bühne gebracht, viele wurden Klassiker. 1985 erhielt er den Nationalpreis der DDR I. Klasse für Kunst und Literatur. 2005 wurde er Ehrenmitglied der Komischen Oper Berlin. Am 9. Januar 2009 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden verliehen.  Er starb 2010 in Leipzig.

 

15.6. Rachele MARAGLIANO MORI: 125. Geburtstag

 Sie studierte Klavierspiel in Mailand und in Berlin, dann Komposition, Gesang und Musikwissenschaft an der Accademia di Santa Cecilia in Rom u.a. bei Ottorino Respighi. Sie beendete ihre dortige Ausbildung mit dem Erwerb des Abschluss-Diploms. 1919 begann sie ihre Karriere als Sängerin, wobei sie sich vor allem auf frühe und barocke Musik und andererseits auf zeitgenössische Werke spezialisierte. Sie trug mittelalterliche Vokalwerke vor, nahm Transkriptionen von Laudi und Troubadour-Liedern vor (»Canzoni trobadoriche«), die sie in wissenschaftlicher Zusammenarbeit mit Ugo Sesini herausgab und selbst interpretierte. Sie ist auch gelegentlich auf der Bühne aufgetreten. 1930 erhielt sie eine Professur für Gesang am Conservatorio San Pietro a Majella in Neapel, später eine gleichartige Position an der Accademia si Santa Cecilia in Rom. Sie hielt auf musikwissenschaftlichen Kongressen in Padua und in Paris Vorlesungen über technische wie interpretative Probleme in der Gesangskunst.

 

15.6. Robert Russell BENNETT: 125. Geburtstag

 Er erhielt seine Ausbildung ab 1908 bei Carl Busch. Auf Europareisen nahm er Unterricht bei Nadia Boulanger. 1928 erhielt er ein Guggenheim-Stipendium. Er arbeitete ab 1930 für die Filmstudios von Hollywood und ab 1941 als Kapellmeister verschiedener Rundfunk- und Fernsehorchester. 1957 und 2008 erhielt er je einen Spezial-Tony Award für seine Verdienste um das Broadway-Musical. Für die Musik zu Oklahoma! wurde er 1956 mit dem Oscar ausgezeichnet. Zuvor hatte er bereits 1939 eine Nominierung erhalten. Er komponierte sechs Opern und eine Operette, Sinfonien, Filmmusiken, ein Gitarrenkonzert und ein Konzert für Violine, Klavier und Orchester, kammermusikalische Werke, eine Orgelsonate und Chorwerke. Er starb 1981 in New York City.

 

15.6. Mary WEINER: 150. Geburtstag

 

 Sie studierte am Konservatorium ihrer Heimatstadt Lemberg zuerst Klavierspiel, ließ dann aber dort ihre Stimme ausbilden und setzte das Gesangstudium bei Frau Dustmann-Meyer in Wien und bei Lamperti in Mailand fort. Sie begann ihre Karriere in der Saison 1887-88 am Theater von Olmütz (Olomouc), sang dann 1888-90 am Stadttheater von Brünn (Brno) und 1890-92 am Opernhaus (Stadttheater) von Hamburg. 1892 wurde sie an das Opernhaus von Breslau verpflichtet, zu dessen führenden Sängerpersönlichkeiten sie gehörte. 1902 gab sie dieses Engagement auf, trat aber noch in Gastspielen und in Konzerten auf. 1893 gastierte sie an der Wiener Hofoper als Azucena im »Troubadour«, als Ortrud im »Lohengrin« und als Amneris in »Aida« 1896 gab sie ein sehr erfolgreiches Gastspiel an der Berliner Hofoper. Ihre weiteren großen Rollen waren die Eglantine in »Euryanthe« von Weber, die Fides in Meyerbeers »Der Prophet«, die Brangäne in »Tristan und Isolde«, die Fricka und die Waltraute im Nibelungenring und der Adriano in Wagners »Rienzi«. Bekannt wurde sie auch als Konzertsängerin. Sie gründete mit ihrem Gatten, dem Cellisten Lorenz Kraus (* 1874), in Teplitz-Schönau in Böhmen eine Musikschule. Sie starb 1926 in Teplitz (Teplice, CSR).

 

16.6. Armand TOKATYAN: 125. Geburtstag

 Seine Familie war armenischer Herkunft und verzog später nach Alexandria in Ägypten. Er sang dort gelegentlich in Cafés, ebenso später in Paris, wo er das Schneiderhandwerk erlernte. Er kam 1914 nach Ägypten zurück, wo er bis 1918 in Kairo und Alexandria in Operetten auftrat. Der Direktor des Opernhauses von Kairo riet dringend zur Karriere eines Opernsängers, worauf er Schüler von Nino Cairone in Mailand wurde. 1921 sang er in Mailand (Des Grieux in Puccinis »Manon Lescaut«), Cremona und Monza. 1921-22 Tournee mit der Scotti Opera Company in den USA. 1922 wurde er an die Metropolitan Oper New York engagiert, deren Mitglied er bis 1946 blieb. Hier debütierte er als Turiddu in »Cavalleria rusticana« und hat dann in zwanzig Spielzeiten 38 Partien in 449 Vorstellungen gesungen: den Lucio in der amerikanischen Erstaufführung der Oper »Anima allegra« von Vittadini, den Nicias in »Thais« von Massenet, den Pinkerton in »Madame Butterfly«, den Roméo in »Roméo et Juliette« von Gounod, den Pedro in der amerikanischen Erstaufführung der Oper »La Habanera« von Raoul Laparra (1924), den Faust von Gounod, den Grafen Almaviva im »Barbier von Sevilla«, den Dimitrij im »Boris Godunow«, den Loris in »Fedora« von Giordano, den Fenton im »Falstaff« von Verdi, den Corenthin in »Dinorah« von Meyerbeer, den Edgardo in »Lucia di Lammermoor«, den Uin-San-Lui in »L‘Oracolo« von Leoni, den Rodolfo in »La Bohème«, den Don José in »Carmen«, den Hoffmann in »Hoffmanns Erzählungen«, den Licinio in Spontinis »La Vestale«, den Alfredo in »La Traviata«, den Paco in der amerikanischen Erstaufführung der Oper »La vida breve« von M. de Falla (1926), den Fischer in Strawinskys »Le Rossignol«, den Enzo in »La Gioconda« von Ponchielli, den Cavaradossi in »Tosca«, den Rinuccio in »Gianni Schicchi«, den Vasco da Gama in Meyerbeers »Afrikanerin«, den Kalaf in Puccinis »Turandot«, den Canio im »Bajazzo«,  den Prunier in der amerikanischen Erstaufführung von Puccinis »La Rondine« (1928),  den Des Grieux in »Manon« von Massenet, den Mascarille in der amerikanischen Erstaufführung der Oper »Le Preziose Ridicole« von Lattuada (1930), den Gritzko in Mussorgskys »Der Jahrmarkt von Sorotschinzy«, den Pollione in »Norma«, den Herzog im »Rigoletto«, den Wilhelm Meister in »Mignon« von A. Thomas, den Florville in der amerikanischen Erstaufführung der Oper »Il Signor Bruschino« von Rossini (1932), den Avito in Montemezzis »L’Amore dei Tre Re«, den Gérald in »Lakmé« von Delibes und den Hans in Smetanas »Die verkaufte Braut«. Er sang an der Metropolitan Oper auch in zahlreichen Sundy Night Concerts. Er gastierte in diesen Jahren an den Opern von Chicago, San Francisco (Debüt 1923 als Rinuccio; 1927-28 als Fenton, als Giannetto Malespini in Giordanos »La Cena delle Beffe«, als Kalaf, als Don José, als Faust von Gounod und als Cavaradossi) und Los Angeles und trat 1923-30 an der Sommer-Oper von Ravinia bei Chicago auf. 1934 hörte man ihn an der Londoner Covent Garden Oper als Kalaf. 1931-34 gastierte er an der Staatsoper von Wien (als Turiddu, als Canio, als Cavaradossi, als Andrea Chénier von Giordano, als Rodolfo in »La Bohème«, als Don José, als Herzog im »Rigoletto«, als Des Grieux in »Manon« von Massenet, als Alfredo in »La Traviata« und als Kalaf), 1932 an der Staatsoper Berlin. Er trat auch in Italien, Ungarn und in der Tschechoslowakei auf. Seit 1948 wirkte er als Pädagoge in Los Angeles. Er starb 1960 in Pasadena (Kalifornien). – Ausdrucksvoller, im italienischen wie im französischen Repertoire geschätzter Tenor.

Seine Schallplatten erschienen auf Vocalion (seine ältesten Aufnahmen von 1924) und Victor. Auf EJS kamen mehrere Mitschnitte von Opernaufführungen aus der Metropolitan Oper, auf Unique Opera Records ein vollständiger »Boris Godunow« in italienischer Sprache mit ihm als Dimitrij, heraus, auf Walhall »Mignon« von A. Thomas mit ihm als Wilhelm Meister.

 

17.6. Julia WIENER: 90. Geburtstag

 Ihr Vater war Mathematikprofessor an der Universität von Sofia. 1949-52 erfolgte ihre Ausbildung am Staatlichen Konservatorium von Sofia. 1951 erste Preisträgerin beim Internationalen Gesangwettbewerb von Sofia. 1954 Debüt an der Nationaloper von Sofia als Leonore im »Troubadour« von Verdi. Für länger als zwanzig Jahre gehörte sie zu den prominentesten Künstlern dieses führenden bulgarischen Opernhauses. Seit 1961 war sie gleichzeitig mehrere Jahre hindurch als ständiger Gast an der Staatsoper Berlin tätig. Internationale Erfolge bei Gastspielen in Westeuropa; so war sie zu Gast in Frankreich, Belgien, Holland, in der Schweiz, dazu erfolgreiche Auftritte an Bühnen in der UdSSR, in Rumänien, Jugoslawien, Ungarn, der CSSR und in Polen. Auch in den USA ist die Künstlerin aufgetreten. Mittelpunkt ihres künstlerischen Wirkens blieb jedoch die Nationaloper von Sofia. In lyrisch-dramatischen Partien aus der slawischen, der französischen wie der italienischen Opernliteratur zeichnete sie sich als große Darstellerin aus. Auch Wagner-Partien fügte sie im späteren Verlauf ihrer Karriere in ihr Bühnenrepertoire ein. Bedeutende Konzertsängerin. Sie starb 2010 in Sofia.

Schallplatten: Sang auf HMV in einer vollständigen Aufnahme von Borodins »Fürst Igor« als Partnerin von Boris Christoff, auf Harmonia mundi-Balkanton die Titelheldin in »Aida«, auf Eterna die Desdemona in Verdis »Otello«; weitere Aufnahmen auf Balkanton.

 

17.6. Edward DOWNES: 95. Geburtstag

Obwohl er im Alter von 15 Jahren aus Geldmangel den Schulbesuch abbrechen musste, konnte er dank eines Stipendiums an der Birmingham University Englisch und Musik studieren. Am Royal College of Music belegte er ein Aufbaustudium. Er spielte Englischhorn und kam Mitte der 1940er Jahre in Opernaufführungen als Orchestermusiker zum Einsatz. Mit einem Carnegie-Stipendium konnte er bei Hermann Scherchen, damals Chefdirigent des Studioorchesters beim Schweizer Rundfunk, das Dirigieren erlernen. Er dirigierte ab 1952 regelmäßig am Royal Opera House, wo er unter anderem 25 der 28 von Giuseppe Verdi komponierten Opern aufführte. Bei der Aufführung der Oper Katerina Ismailowa 1963 kam es zu einer intensiven Zusammenarbeit mit deren Komponisten Dmitri Schostakowitsch. Ab 1970 war er Dirigent an der Australischen Oper. Das Sydney Opera House wurde mit einer von ihm dirigierten Aufführung von Prokofjews Oper Krieg und Frieden eröffnet. Später war er Dirigent des Niederländischen Rundfunkorchesters, 1980-91 war er Chefdirigent des BBC Philharmonic. 1986 wurde er als Commander in den Order of the British Empire aufgenommen und 1991 als Knight Bachelor („Sir“) geadelt. Seine Tätigkeit am Royal Opera House beendete er 2005. Nachdem seine erste Ehe geschieden worden war, heiratete er Mitte der 1950er Jahre die Tänzerin und Choreographin Joan Weston, mit der er zwei Kinder hatte. Als diese unheilbar an Krebs erkrankte und er selbst unter dem fortschreitenden Verlust seines Gehörs litt, schieden beide mit Hilfe der Schweizer Sterbehilfeorganisation Dignitas 2009 in Zürich aus dem Leben.

 

17.6. Galina USTWOLSKAJA: 100. Geburtstag

 Sie studierte 1937-47 an der Musikfachschule bzw. am Rimski-Korsakow-Konservatorium in Leningrad. Während des Weltkriegs wurde ihr Studium durch einen Dienst im Militärkrankenhaus unterbrochen. Die Armut zwang sie, 1947-75 Komposition an der Musikfachschule des Rimski-Korsakow-Konservatoriums zu unterrichten. Zeitgenossen beschreiben die Künstlerin als scheu, zurückgezogen, nahezu ängstlich. Als Komponistin genoss Ustwolskaja in der Sowjetunion stets die Anerkennung ihrer Kollegen, aber nicht immer die Anerkennung der Sowjetregierung. Zunächst wurde sie als junge kreative Komponistin gepriesen, ihre „reife Technik“ und ihr „hervorragendes Feingefühl für orchestrale Farben“ wurden gelobt. Ihre Werke wurden prominent aufgeführt: Mit Der Traum des Stepan Rasin wurde viermal die Spielzeit der Leningrader Philharmonie eröffnet. Doch zwischen 1959 und 1971 komponierte sie kaum und nach dieser Pause begann sie, christlich konnotierte Musik zu komponieren: Es entstanden Sinfonien mit Titeln wie Jesus Messias, errette uns! oder Gebet. Aufgrund der antireligiösen Kulturpolitik der Sowjetunion wurden ihre Werke immer seltener aufgeführt, bis sie vollständig von den Konzertsälen verschwanden. Manche Werke wie ihr Klavierkonzert wurden explizit verboten. Im Ausland war Ustwolskaja bis in die 90er Jahre wenig bekannt, obwohl Komponisten wie Witold Lutoslawski und besonders György Ligeti ihre Werke sehr hoch schätzten. Seit dem Zerfall der Sowjetunion gilt sie neben Sofia Gubaidulina als bedeutendste Komponistin Russlands im 20. Jahrhundert. 1939-50 war Ustwolskaja in der Kompositionsklasse Dmitri Schostakowitschs, sie galt als Lieblingsschülerin des Komponisten, doch Ustwolskaja beklagte später, dass der berühmte Komponist sich niemals für ihre Werke einsetzte und ihrer systematischen Isolierung tatenlos zusah. Die Ursachen hierfür sind ungeklärt. In einem Brief an Ustwolskaja schrieb Schostakowitsch: „Nicht Du befindest Dich unter meinem Einfluss, sondern ich mich unter Deinem.“. Der Komponist sagte den Werken Ustwolskajas weltweite Anerkennung voraus. Doch die Wertschätzung war nicht gegenseitig, Ustwolskaja machte kein Geheimnis daraus, dass sie seine Musik nicht mochte und sie nichts von Künstlern hielt, die Hunderte von Werken herausgeben, Schostakowitsch eingeschlossen. Seine Musik werde mit der Zeit verblassen, prognostizierte sie in einem Interview. Sie starb 2006 in St. Petersburg.

Ustwolskaja lehnte Auftragsarbeiten ab. Als sie in finanzielle Not geriet, komponierte sie „Gebrauchsmusik“, versah aber diese Partituren mit dem Vermerk Für Geld und sie nahm keines dieser Werke in ihre Werkliste auf. Falls ihr eine ihrer Kompositionen mit der Zeit missfiel, hat sie sie vernichtet oder sie vernichten lassen. Ihre Werkliste umfasst nur 25 Werke und ergibt eine Gesamtspielzeit von weniger als 7 Stunden. Charakteristisch ist die „Zeugung“ der Musik aus einer „Keimzelle“: Ein kurzer Intonationskern steht zu Beginn, aus diesem entwickelt sich die Musik, zuweilen monothematisch. Eine restriktive Auswahl der Ausdrucksmittel sorgt für ungewöhnliche Besetzungen, zum Beispiel Klavier, Piccoloflöte und Tuba. Typischerweise wird dabei die Ausdrucksmöglichkeit eines jeden Instruments ausgeschöpft. Einige Charakteristika der Musik Ustwolskajas sind auch bei ihren engsten Kollegen zu finden. Dorothea Redepenning listet auf: Vorliebe für disparate Klangfarbenkombinationen, das Schreiben ohne Taktstriche, das Einbeziehen orthodoxer Melodien, das Aussparen der Mittellage und der mittleren Dynamik. Auch massige Klangwirkungen und Cluster sind bei Alfred Schnittke oder Arvo Paert keine Seltenheit. Die Einzigartigkeit liegt eher in einer alles umfassenden Kargheit gepaart mit einer majestätischen Wirkung begründet: Wenige Motive, wenige Noten, wenige Instrumente, die aber einen monumentalen Klang erzeugen und eine intim-erhabene Atmosphäre evozieren. Ihre Musik ist unabhängig von der kargen Besetzung für große, andachtsvolle Räume wie Kirchen konzipiert, denn wie bei Gija Kantscheli wird auch bei Ustwolskaja Stille zu Musik. Bezeichnend für die Kargheit ist ihre 4. Sinfonie: Vier Musiker, kaum 7 Minuten Spieldauer, aber in ihrer Wirkung wie eine Sinfonie. Trotz Kargheit klingt Ustwolskajas Musik niemals wie die sogenannte Minimal Music: Wiederholungen stehen bei Ustwolskaja nicht im Dienste der Harmonie, sondern der Dissonanz und vermitteln meistens Gefühle wie Agonie, Angst oder Auflehnung. Dazu kommt eine Vielfalt von scharfen Kontrasten, wie sie selbst bei Kantscheli selten vorkommen. Ein weiteres Charakteristikum ihrer Musik, die sie beispielsweise von Pärts Musik klar unterscheidet, ist ihre Neigung zur Punktualität: punktuelle scharfe Töne statt lange weiche Töne.

 

17.6. Inga SUNDSTRÖM: 100. Geburtstag

 Sie wurde in den Jahren 1939-42 am Konservatorium und an der Musikhochschule Stockholm ausgebildet und war Schülerin von Arne Sunnegårdh. 1944 erfolgte ihr Bühnendebüt an der Königlichen Oper Stockholm als Gräfin Almaviva in »Figaros Hochzeit«. Bis 1949 hatte sie an diesem Haus eine große Karriere und erschien in Partien wie der Titelrolle in der Oper »Estrella de Soria« von Peter Berwald, der Elsa im »Lohengrin«, der Titelfigur in »Turandot« von Puccini und der Ellen Orford in »Peter Grimes« von Benjamin Britten. Letztere Rolle sang sie 1946 in Stockholm in der schwedischen Premiere dieser Oper. Nachdem sie 1955 den Komponisten und Jazzpianisten Bengt Hallberg (1932-2013) geheiratet hatte, wandte sie sich der Unterhaltungsmusik zu und trat als Jazzvokalistin auf. Sie starb 2007 in Stockholm.

Schallplatten: Sang auf den Marken Odeon und Decca in Operettenquerschnitten, später als Jazz-Sängerin (rund 70 derartige Platten auf Columbia).

 

17.6. Magda STRACK: 125. Geburtstag

 Die Künstlerin studierte in Frankfurt a.M. und begann ihre Bühnenkarriere 1920 am Stadttheater von Freiburg i. Br. Über das Stadttheater von Bern (Schweiz, 1921-25), das Landestheater von Karlsruhe (1925-30), die Staatsoper von Stuttgart (1930-33), das Landestheater von Darmstadt (1933-34) und das Opernhaus von Frankfurt a.M. (1934-37) kam sie 1937 an das Staatstheater von Kassel, an dem sie eine jahrelange, erfolgreiche Karriere hatte. In Frankfurt sang sie am 22.5.1935 in der Uraufführung der Oper »Die Zaubergeige« von Werner Egk die Rolle der Amalie, in Kassel wirkte sie in der Uraufführung der Oper »Elisabeth von England« von Paul von Klenau (29.3.1939) und in der von Hans Brehmes »Der Uhrmacher von Straßburg« (25.2.1941) mit. Bereits 1926 nahm sie in Karlsruhe an der Uraufführung der Siegfried Wagner-Oper »Der Friedensengel« teil. 1930 gastierte sie am Théâtre Pigalle in Paris als Orlofsky in der »Fledermaus«, 1935 an der Pariser Grand Opéra als Brangäne in »Tristan und Isolde«, 1938 an der Oper von Antwerpen, 1939 am Théâtre de la Monnaie Brüssel. Bis 1969 war sie als Sängerin, Regisseurin und Regieassistentin am Staatstheater von Kassel tätig und wurde dann zu dessen Ehrenmitglied ernannt. Sie trat als Gast auch an der Berliner Staatsoper und 1935-44 siebenmal am Gran Teatre del Liceu in Barcelonae auf, wo sie die Fricka, die Erda, die Waltraute im Ring-Zyklus, die Brangäne und die Suzuki in »Madame Butterfly« sang. Sie galt als hervorragende Wagner- und Verdi-Interpretin, dazu auf der Bühne als große Schauspielerin. Sehr oft war sie in Opernsendungen des deutschen Rundfunks, namentlich von Radio Stuttgart, zu hören. Neben ihrem Wirken auf der Bühne war sie eine Konzertsängerin von hohem Rang. Ihren Lebensabend verbrachte die Künstlerin in einem Altenheim Balve-Garbeck im Sauerland. Sie starb 1988 in der Abtei Mariendonk Kempen (Niederrhein).

 

17.6. Hans MELMS: 150. Geburtstag


Als Wolfram

 Er debütierte 1892 am Hoftheater von Altenburg in Thüringen. Es folgte viele weitere Engagements: 1893-94 Stadttheater Würzburg, 1894-95 Stadttheater Olmütz (Olomouc), 1895-97 Stadttheater Chemnitz, 1897-98 Opernhaus Köln, 1898-1902 Stadttheater Magdeburg, 1902-04 Hofoper Wien (Antrittsrolle: Tonio im »Bajazzo«), 1904-05 Nationaltheater Berlin, 1905-07 Volksoper Wien, 1907-09 abermals Hofoper Wien, 1909-10 Volksoper Wien, 1910-14 nochmals Hofoper Wien. An der Wiener Hofoper debütierte er als Tonio im »Bajazzo«; er sang hier außerdem noch den Nelusco in Meyerbeers »Afrikanerin«, den Johannes im »Evangelimann« von Kienzl, den Rigoletto, den Alfio in »Cavalleria rusticana«, den Agathon in »Zaide« von Mozart, den Telramund im »Lohengrin«, den Wolfram im »Tannhäuser«, den Escamillo in »Carmen«, den Valentin im »Faust« von Gounod, den Jäger im »Nachtlager von Granada« von C. Kreutzer, den Kirchhofer im »Trompeter von Säkkingen« von V. Nessler, den Jeletzki in »Pique Dame« von Tschaikowsky, den Kurwenal in »Tristan und Isolde«, den Don Pizarro im »Fidelio«, den Vater in »Louise« von Charpentier, den Grafen Luna im »Troubadour«, den Amonsaro in »Aida«, die Titelrolle in »Götz von Berlichingen« von K. Goldmark und den Sonora in Puccinis »Mädchen aus dem goldenen Westen«. Während seiner Karriere trat er als Gast am Opernhaus von Leipzig (1900), an der Hofoper München (1901) und am Deutschen Theater in Brünn (Brno, 1903) auf. Aus seinem Repertoire für die Bühne seien noch der Hans Heiling in der Oper gleichen Namens von H. Marschner und der Wotan in der »Walküre« genannt. Seit 1917 lebte er in Berlin; zuletzt übernahm er, völlig verarmt, kleine Rollen in Filmen. Er starb 1941 in Berlin. – Kraftvolle, warm timbrierte Baritonstimme.

Schallplatten der Marken Odeon (Wien, 1906-08) und Zonophone (Wien, 1908-09), Edison-Zylinder (Berlin, 1905), Pathé-Platten (Wien, 1907-08, darunter Duette mit Maria Jeritza).

 

18.6. Sabin DRĂGOI: 125. Geburtstag

 Biographie des rumänischen Komponisten auf Rumänisch: https://ro.wikipedia.org/wiki/Sabin_Dr%C4%83goi

 

18.6. Maria Maddalena MUSI: 350. Geburtstag

 Sie war die Tochter von Antonio Maria Musi und Lucrezia Mignatti (daher vielleicht der Name »La Mignatta«). Bereits 1688 trat sie in Reggio Emilia auf, und zwar als Amor in dem Prolog zu der Oper »Amor non indese« (von einem unbekannten Komponisten). Unter dem 24.6.1689 wurde sie vertraglich als »Virtuosa« in den Dienst des Herzogs Ferdinando Carlo Gonzaga von Mantua aufgenommen, wobei ihr allerlei Vergünstigungen zugesichert wurden. 1689 sang sie in Piacenza in der Oper »Teodora clemente« von Domenico Gabrielli (in einer Bearbeitung von Sabadini), in Genua in »Giustino« von Legrenzi, in Parma in »Dionisio Siracusano« von G.A. Perti. In Neapel, wo sie 1696-1700 und wieder 1702 auftrat, zahlte man ihr ein (fürstliches) Gehalt von 500 spanischen Dublonen; sie galt als eine der am besten bezahlten italienischen Sängerinnen ihrer Generation. 1696 sang sie am Teatro San Bartolomeo in Neapel in der Uraufführung von G. Bononcinis Oper »Il trionfo di Camilla« den Prenesto. Sie sang in Neapel vor allem in Opern von Alessandro Scarlatti und trug viel zu deren Verbreitung bei. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts trat sie am Teatro San Luca in Venedig auf, das der reichen Patrizierfamilie Vendramin gehörte. 1703 heiratete sie Pietro degli Antoni. 1726 erschien sie letztmalig in Ferrara auf der Bühne, und zwar in der Oper »La fedeltà creduta tradimento« eines unbekannten Komponisten. Danach gab sie ihre Karriere auf. Man schätzte sie namentlich in Travestierollen, wie sie in den Opern zeitgenössischer Komponisten oft anzutreffen waren. Dabei bewunderte man ihre Gesangskunst ebenso wie ihr darstellerisches Talent. Sie wird als attraktive Erscheinung geschildert und war nicht zuletzt durch ihre zahlreichen amourösen Beziehungen in den Kreisen der neapolitanischen Gesellschaft bekannt. Man kannte sie auch unter dem Beinamen »La Mignatta« (»Der Blutegel«). Sie starb 1751 in Bologna.

Lit: G. Cosentino: La Mignatta: Maria Maddalena Musi (Bologna, 1930).

 

19.6. Liselotte FÖLSER: 90. Geburtstag

 Sie erhielt ihre Ausbildung am Salzburger Mozarteum und debütierte 1952 als Konzertsängerin bei den Salzburger Festspielen. Im gleichen Jahr Bühnendebüt am Landestheater Salzburg in der Oper »Der Wolkensteiner« von C. Bresgen. 1953-54 war sie am Landestheater von Innsbruck engagiert, 1954-55 am Stadttheater von Bonn. 1955-60 war sie Mitglied der Bayerischen Staatsoper in München, wo sie große Erfolge hatte. Ihre Antrittsrolle in München war die Pamina in der »Zauberflöte«, am 11.8.1957 sang sie dort in der Uraufführung der Oper »Die Harmonie der Welt« von Hindemith die Rolle der Susanna. 1960 ging sie an die Staatsoper von Hamburg, musste aber 1963 wegen einer schweren Erkrankung ihre Bühnenkarriere aufgeben. An der Hamburger Oper sang sie am 22.5.1960 in der Uraufführung der Oper »Der Prinz von Homburg« von H.W. Henze die Partie der Nathalie. Bei den Salzburger Festspielen von 1960 hörte man sie als Pamina. Sie hatte auch eine bedeutende Karriere als Konzertsängerin und unternahm 1953 eine Italien-Tournee als Solistin in der Matthäuspassion; in Deutschland wie in Holland trat sie dazu gerne in Aufgaben aus dem Bereich der Operette auf. Weitere Bühnenpartien: Marguerite im »Faust« von Gounod, Titelrolle in »Deidamia« von Händel, Isabella in »Columbus« von W. Egk, Gilda im »Rigoletto«, Liu in »Turandot« von Puccini, Norina im »Don Pasquale«, Mélisande in »Pelléas et Mélisande«, Titelrolle in »Suor Angelica« von Puccini. Sie starb im Jahr 2013. Die Stimme der Künstlerin ist auf Electrola zu hören; sie singt hier vor allem in Querschnitten durch Opern und Operetten.

 

19.6. Noemi SOUZA: 90. Geburtstag

 Ausbildung in der Opernschule des Teatro Colón von Buenos Aires durch Edytha Fleischer und Sergio Tulian. Debüt 1947 am Teatro Colón Buenos Aires als Berta in Rossinis »Barbier von Sevilla«. Sie hatte eine dreißigjährige Karriere an diesem Haus und erlangte während dieser Jahre dort eine ungewöhnliche Beliebtheit. Zugleich auch Mitglied des Teatro Argentino in La Plata. Sie sang auf der Bühne ein sehr umfangreiches Repertoire mit Höhepunkten wie der Carmen, der Dorabella in »Così fan tutte«, der Suzuki in »Madame Butterfly«, der Preziosilla in »La forza del destino« von Verdi und der Herodias in »Salome« von R. Strauss. 1971 wurde sie zur Ehrenbürgerin der Stadt Buenos Aires ernannt. Sie wirkte neben ihrer Tätigkeit auf der Bühne und im Konzertsaal als Professorin am Conservatorio Nacional in Buenos Aires und am Conservatorio Provincial in La Plata. Sie starb 2015 in Buenos Aires.

Argentinische Schallplattenaufnahmen.

 

19.6. Anneliese ROTHENBERGER: 95. Geburtstag

Sie studierte an der Musikhochschule von Mannheim u.a. bei Erika Müller. Sie begann ihre Karriere 1943 am Stadttheater von Koblenz, wo sie auch als Schauspielerin auftreten musste. Hier sang sie bereits die Gilda im »Rigoletto« und die Titelrolle im »Christelflein« von Hans Pfitzner. 1946-59 gehörte sie zum Ensemble der Staatsoper Hamburg, an der sie bis 1973 regelmäßig als Gast erschien. Hier hörte man sie u.a. als Cherubino in »Figaros Hochzeit«, als Blondchen in der »Entführung aus dem Serail«, als Page Oscar im »Maskenball« von Verdi, als Musetta in »La Bohème«, als Olympia in »Hoffmanns Erzählungen« und in den drei Frauenrollen in der zeitgenössischen Oper »Der Prozess« von G. von Einem. Mit dem Ensemble der Hamburger Staatsoper gastierte sie sehr erfolgreich bei den Edinburgher Festspielen (1952 als Ännchen im »Freischütz«, als Regina in der englischen Erstaufführung von »Mathis der Maler« von Hindemith und als Papagena in der »Zauberflöte«; 1956 nochmals als Papagena). Sie sang während der Hamburger Jahre auch oft im deutschen Rundfunk. 1956 wurde sie an die Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf-Duisburg verpflichtet. Seit 1954 trat sie Jahr für Jahr bei den Festspielen von Salzburg auf; hier sang sie 1956 und 1963 die Papagena, 1958 die Stimme vom Himmel in Verdis »Don Carlos« und die Zdenka in »Arabella« von R. Strauss, 1959 die Flaminia in Haydns »Die Welt auf dem Monde«, 1960-61 und 1963-64 die Sophie im »Rosenkavalier«, 1965-66 und 1970 die Konstanze in der »Entführung aus dem Serail« und 1969-70 die Fiordiligi in »Così fan tutte«. Dort sang sie 1958 auch das Sopran-Solo im Mozart-Requiem und 1966 und 1969 sehr erfolgreiche Liederabende. Am 17.8.1954 sang sie hier in der Uraufführung der Oper »Penelope« von Rolf Liebermann den Telemachos, sowie am 17.8.1957 in der Uraufführung von Liebermanns »Die Schule der Frauen« die Partie der Agnes. An der Wiener Staatsoper debütierte sie im September 1956 als Susanna und war hier bis 1972 in 22 verschiedenen Partien in insgesamt 365 Vorstellungen aufgetreten: als Papagena sowie später auch als Pamina in der »Zauberflöte«, als Sophie, als Najade und später auch als Komponist in »Ariadne auf Naxos«, als Musetta, als Blondchen sowie später auch als Konstanze in der »Entführung aus dem Serail«, als Marzelline im »Fidelio«, als Schwester Konstanze in »Gespräche der Karmeliterinnen« von Fr. Poulenc, als Waldvogel im »Siegfried«, als Zdenka, als Stimme vom Himmel in Verdis »Don Carlo«, als Amor in »Orpheus und Eurydike« von Gluck, als Adele in der »Fledermaus«, als eines der Blumenmädchen im »Parsifal«, als Belinda in »Dido und Aeneas« von Purcell, als Zerlina im »Don Giovanni«, als Page Oscar, als Anne Trulove in Strawinskys »The Rake’s Progress« und als Traviata. 1959-60 wirkte sie bei den Festspielen von Glyndebourne als Sophie mit. Im Herbst 1960 erfolgte dann ihr Debüt an der Metropolitan Oper New York als Zdenka. Sie trat an der Metropolitan Oper in sechs Spielzeiten auf und sang in deren New Yorker Haus sieben Partien in 47 Vorstellungen: die Susanna, den Pagen Oscar, den Amor in Glucks »Orfeo ed Euridice«, die Adele in der »Fledermaus«, die Sophie und die Musetta. 1961 bewunderte man die Sängerin an der Mailänder Scala als Sophie, die sie auch 1962 bei den Zürcher Festwochen vortrug. Gastspiele führten sie in die Musikmetropolen in aller Welt; in Europa, in Nord- und Südamerika feierte man sie bei ihren großen Konzert-Tourneen. Sehr erfolgreich war die Künstlerin aber auch in musikalischen Filmen, so in dem englischen Operettenfilm »Fledermaus 1955«. Am 26.5.1967 sang sie in Zürich in der Uraufführung der Oper »Madame Bovary« von H. Sutermeister die Titelrolle. Zu ihren großen Glanzrollen gehörte die Titelpartie in »Lulu« von A. Berg, die sie 1967 mit großem Erfolg in Hamburg vortrug. (Davon kam eine Schallplattenaufnahme bei EMI-HMV heraus). 1970 unternahm sie eine triumphale Tournee durch Russland. Große Erfolge im deutschen Fernsehen, wo sie seit Anfang der siebziger Jahre eigene Sendereihen (»Anneliese Rothenberger gibt sich die Ehre«) produzierte. Große Verdienste erwarb sie sich durch ihren Einsatz für junge Sänger, die sie in ihren Fernsehsendungen vorstellte. Sie nahm ihren Wohnsitz auf Schloss Salenstein im Schweizer Kanton Thurgau. Seit 1954 war sie mit dem Journalisten Gerd W. Dieberich, der zugleich ihr Manager war, verheiratet. Sie starb 2010 in Münsterlingen im Kanton Thurgau. – Eine der liebenswürdigsten Erscheinungen unter den Sopranistinnen ihrer Zeit; sowohl im Koloraturgesang als auch im Vortrag lyrischer Rollen ausgezeichnet. Auf der Bühne wegen der aparten Eleganz ihrer Erscheinung und der Intelligenz ihrer Darstellungskunst bewundert. Ihre Selbstbiographie erschien unter dem Titel »Melodie meines Lebens« (1972).

Ihre zahlreichen Schallplatten erschienen auf Columbia (»Figaros Hochzeit«), HMV-Electrola (»Die Fledermaus«, »Der Vogelhändler«, »Der betrogene Kadi« und »Orpheus und Eurydike« von Gluck, »Martha«, »Hänsel und Gretel«, »Undine« und »Der Wildschütz« von Lortzing, Ilia in »Idomeneo«, Susanna in »Figaros Hochzeit«, Konstanze in der »Entführung aus dem Serail« und Pamina in der »Zauberflöte«), Eterna (»La Traviata«), DGG (u.a. »Arabella«), Eurodisc und RCA (»Die Fledermaus«), Orfeo (»Penelope« von Liebermann, Salzburg 1954). Auf EMI erschienen zwei Sammlungen mit Arien und Liedern. Zahlreiche Mitschnitte von Rundfunk- und Fernsehaufnahmen.

 

20.6. Jacques OFFENBACH: 200. Geburtstag

 Die Eltern Jakob Offenbachs waren der Kantor, Komponist und Dichter Isaac Offenbach (1779/1781–1850) und seine Frau Marianne Rindskopf, Tochter eines Geldwechslers und Lotterieunternehmers. Die Familie lebte zunächst noch in Deutz, seit 1816 in Köln am Großen Griechenmarkt. Hier übte der Vater das Amt des Kantors in der Kölner Synagogengemeinde der Glockengasse aus. Jakob kam als siebtes von zehn Kindern zur Welt, einige seiner Geschwister zeigten Talent für Violine (Julius) oder Piano (Isabella). Jakob Offenbach erhielt den ersten Cello- und Violinunterricht von seinem Vater. Ab dem 25. November 1830 trat Jakob mit Isabella und Juda im Gymnicher Hof (am Neumarkt) als Trio auf, um Geld für den Musikunterricht zu verdienen. Um seinen Söhnen Jakob und dem vier Jahre älteren Julius (Jules) eine bessere Musikausbildung zu ermöglichen, reiste der Vater mit ihnen im November 1833 nach Paris. Das dortige Conservatoire national de musique et de déclamation stand damals Ausländern nicht offen; in einem Erlass des Jahres 1822 hatte der Minister verfügt, dass er sich die Zulassung von Ausländern vorbehalte. Selbst Franz Liszt erhielt durch den Leiter Luigi Cherubini wegen dieses Vorbehalts keine Zulassung. Der mit Empfehlungsbriefen angereiste Vater blieb hartnäckig und bekam die Zulassung für Sohn Jakob noch am 30. November 1833 (Eintragung in die Schülerliste). Jakob zog in eine Dachboden-Wohnung in der rue des Martyrs Nr. 23 und besuchte die Celloklasse von Olive-Charlier Vaslin (1794–1889), die er ohne Abschluss 1834 freiwillig wieder verließ. Jakob – der sich nunmehr Jacques nannte – begann 1835 als Cellist bei der Opéra-Comique für ein Monatsgehalt von 83 Francs und erhielt ab 1837 Kompositionsunterricht bei Jacques Fromenthal Halévy. Seit 1836 komponierte er kleinere Romanzen, Walzer und Salonstücke (Winterblumen, französisch Fleurs d’hiver, 1836; Rebecca, 1837), 1838 verlor er seine Stelle bei der Opéra-Comique. 1841 lernte er die Spanierin Hermine d’Alcain kennen, deren Vater als Konzertagent tätig war und Offenbachs erste Konzertreise im Mai 1844 an den Londoner Königshof ermöglichte, wo er vor Königin Victoria musizierte. Nachdem Offenbach zum Katholizismus konvertiert war, durfte er Hermine d’Alcain (1826–87), die katholische Tochter eines spanischen Karlistenführers, am 14. August 1844 heiraten. Gemeinsam hatten sie fünf Kinder, Berthe (* 1845), Minna (* 1850), Pépita (* 1855), Jacqueline (* 1858) und Auguste (* 1862). Sein erstes Stück L’Alcôve erschien 1847, es folgte 1849 Marietta (in Köln auf Deutsch als Marielle oder Sergeant und Commandant aufgeführt). Jacques zog während der Deutschen Revolution zwischen März 1848 und Juli 1849 mit seiner Familie nach Köln, weshalb er dort Marietta neufasste. Bereits 1849 kehrte die Familie zurück nach Paris, wo er im selben Jahr die Stelle als Kapellmeister am Théâtre-Français annahm und sein Werk Pepito im Oktober 1853 im Théâtre de variétés aufführte. 1855 verließ er das Théâtre-Français. Mit Fortunios Lied (französisch La chanson de Fortunio; Uraufführung am 5. Januar 1861) feierte er seinen ersten Bühnenerfolg. Hier machte er sich einen Ruf als hervorragender Virtuose und spielte mit Pianisten wie Anton Rubinstein, Franz Liszt und Felix Mendelssohn Bartholdy. Am 5. Juli 1855 eröffnete er anlässlich der Weltausstellung sein eigenes Théâtre des Bouffes-Parisiens, das zunächst in der Salle Lacaze des Théâtre Marigny an der Avenue des Champs-Élysées Platz fand, mit dem überwältigenden Erfolg von Die beiden Blinden (französisch Les deux aveugles). Es folgten hier sieben weitere Uraufführungen, darunter zahlreiche Einakter. Sehr erfolgreich führte er ab Juni 1855 sein Oyayaie auf. Mit seinem Werk Ba-ta-clan eröffnete er die Wintersaison am 29. Dezember 1855 in der Passage de Choiseul. Der Musiktitel gab dem Pariser Konzertsaal Bataclan seinen Namen. Es folgten internationale Bühnenerfolge mit Zwei- und Dreiaktern. Sein bedeutendstes Werk Orpheus in der Unterwelt (französisch Orphée aux Enfers) feierte am 21. Oktober 1858 Premiere in der Bouffes-Parisiens. Die zweiaktige Operette war sehr erfolgreich und machte Offenbach in ganz Europa populär. Das bekannteste Musikstück hierin ist der so genannte Höllen-Cancan (französisch Galop infernal) im zweiten Akt, ein Gassenhauer, der noch heute sehr bekannt ist und häufig auch separat aufgeführt wird. Nachdem Offenbach am 14. Januar 1860 die französische Staatsbürgerschaft erhalten hatte, wurde er 1861 Ritter der Ehrenlegion. 1863 traf er in Wien auf Johan Strauss und schrieb dort Die Rheinnixen (französisch Les fées du Rhin), uraufgeführt am 4. Februar 1864 im Wiener Theater am Kärntnertor. Offenbach verfasste 75 Kompositionen für Violoncello und 102 Bühnenwerke, darunter Die schöne Helena (französisch La belle Hélène; 17. Dezember 1864), Blaubart (französisch Barbe-bleue; 5. Februar 1866) oder Pariser Leben (französisch La vie Parisienne; 31. Oktober 1866). Die letztgenannte, im Théâtre du Palais-Roxal aufgeführte Opera buffa ist „das bezauberndste aller Lobeslieder, das je auf eine Stadt geschrieben wurde.“ In diesen humorvollen Operetten wird durch seine Parodien großer Opernwerke Offenbachs Vorliebe für Zynismus und politisch-kulturelle Satire erkennbar. 1870 wurde sein Kölner Geburtshaus abgerissen. Als im Juli 1870 der Deutsch-Französische Krieg ausbrach, begann Offenbachs Ruhm zu verblassen. Das Pariser Publikum mied ihn wegen seiner deutschen Herkunft. In der französischen Presse wurde er als Spion Bismarcks bezeichnet, während ihn die deutsche Presse als Vaterlandsverräter beschimpfte. Er brachte seine Familie nach Spanien in Sicherheit und unternahm Tourneen in Italien und Österreich. Als er aber im Juni 1871 nach dem Kriegsende nach Paris zurückkehrte, hatte sich der Zeitgeschmack geändert, und seine Werke blieben ohne Publikumserfolg. 1875 musste das Théâtre de la Gaité, das er erst 1873 übernommen hatte, schließen. Im folgenden Jahr unternahm er eine sehr erfolgreiche Reise in das Vereinigte Königreich und in die USA, wo er anlässlich der Jahrhundertausstellung (Centennial Exhibition) zwei seiner Operetten dirigierte und in New York und Philadelphia über 40 Konzerte gab. Ab 1877 konzentrierte er sich auf die Komposition seines Werks Hoffmanns Erzählungen (französisch Les contes d‘Hoffmann), deren Stimmpartituren er noch fertigstellen konnte. Im September 1880 machte ihn eine Gichterkrankung bettlägerig, und Offenbach zog sich nach Saint-Germain-en-Laye (Pavillon Henry IV, rue Thiers Nr. 19) zurück, wo er am 5. Oktober 1880 starb. Ernest Guiraud komplettierte die Orchestration der Oper, so dass ihre Uraufführung posthum in der Opéra-Comique am 10. Februar 1881 stattfinden konnte. Hoffmanns Erzählungen ist heute neben Bizets Carmen die meistgespielte französische Oper. Inzwischen gab es in der Pfarrkirche La Madelaine eine große Trauerfeier für den in ganz Paris bekannten Offenbach, sein Begräbnis fand auf dem Friedhof Cimetière de Montmartre statt, ganz in der Nähe seiner Wohnung. Das Grabmal entwarf der Architekt Charles Garnier.

 

21.6. Johannes SCHÜLER: 125. Geburtstag

 Er studierte an der Berliner Musikhochschule. 1920 begann seine Karriere als Kapellmeister am Stadttheater im oberschlesischen Gleiwitz. 1922 wechselte er an das Stadttheater Königsberg und 1924 das erste Mal nach Hannover. 1928 wurde Johannes Schüler Landesmusikdirektor in Oldenburg. Dort blieb er wie auch schon in Hannover vier Jahre. Schon in dieser Zeit fiel er durch seinen Einsatz für die zeitgenössische Musik auf. So gehörte er während seines Engagements in Oldenburg 1928 zu den ersten Dirigenten, die Alban Bergs Oper Wozzeck aufführten und so in gewisser Weise zum Durchbruch verhalfen. Am 14. April 1930 dirigierte er mit dem Oldenburger Landesorchester die Uraufführung der Drei Orchesterstücke op. 6 wiederum von Alban Berg. Durch die Initiativen Schülers und seines Vorgängers Werner Ladwig war Oldenburg in diesen Jahren ein Zentrum moderner deutscher Musikpflege. 1932 wechselte er als musikalischer Oberleiter an das Opernhaus Halle. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten war er 1933-36 Städtischer Musikdirektor in Essen, bevor er 1935 an die Berliner Staatsoper berufen wurde. 1937 wurde Schüler Mitglied der NSDAP (Nr. 5.377.245). 1938 wurde er von Adolf Hitler zum „Staatskapellmeister“ ernannt, im Jahr darauf zum Generalintendanten. Am 3. Oktober 1943 gastierte Schüler mit den Berliner Philharmonikern im besetzten Krakau. Vor der kriegsbedingten Schließung der deutschen Theater dirigierte Schüler am 31. August 1944 die letzte Aufführung in der Staatsoper Unter den Linden mit Mozarts Oper Die Hochzeit des Figaro. Schüler wurde als Dirigent von Hitler hoch geschätzt, sodass er ihn im August 1944 vor der beabsichtigten Schließung der Theater in die Gottbegnadeten-Liste der wichtigsten Dirigenten aufnahm, was ihn von Kriegsverpflichtungen freistellte. In der Nachkriegszeit erfolgte 1948 unter Schülers Leitung die erste Berliner Aufführung der Oper Mathis der Maler von Paul Hindemith. 1949 ging Johannes Schüler zum zweiten Mal nach Hannover. Dort war er bis 1960 Generalmusikdirektor (GMD) und Operndirektor des Opernhauses. Zu seinen großen Erfolgen gehörte die Uraufführung der Oper Boulevard Solitude des damals noch jungen Komponisten Hans Werner Henze am 17. Februar 1952. Weiterhin blieb Schüler aber auch als ständiger Gastdirigent der Berliner Lindenoper verbunden. Er starb 1966 in Berlin.

 

21.6. Étienne TROY: 175. Geburtstag

 Er war der jüngere Bruder des bekannten Baritons Eugène-Louis Troy (1836-71) und wurde wie dieser am Conservatoire National Paris ausgebildet. 1864 debütierte er am Théâtre Lyrique Paris. Während der ganzen Zeit seiner Karriere konzentrierte er sich auf die Interpretation von Buffo- und Charakterrollen sowie auf Comprimario-Partien. Am Théâtre Lyrique sang er in der Uraufführung der Oper »Roméo et Juliette« von Gounod den Grégorio (27.4.1867), verließ aber bereits 1868 wieder dieses Haus und trat nun als Gast an verschiedenen Theatern in der französischen Provinz, aber auch in Barcelona, auf. In der Saison 1876-77 war er wieder am Théâtre Lyrique im Engagement und wurde dann 1879 an die Pariser Opéra-Comique verpflichtet. Bis 1905 blieb er als ganz unentbehrliches Ensemblemitglied an diesem Theater, wo er sich in späteren Jahren, auch noch nach 1905, als Regisseur betätigte. An der Opéra-Comique wirkte er in einer großen Anzahl von Opern-Uraufführungen mit, u.a. in »Hoffmanns Erzählungen« (1881 als Luther), in »Manon« von Massenet (1884 als Wirt), in »Le Roi malgré lui« von E. Chabrier (1887), in »Esclarmonde« von Massenet (1889), in »La Basoche« von Messager (1890), in »Kassya« von L. Delíbes (1893), in »Cendrillon« von Massenet (1899), in »Louise« von Charpentier (1900) und in »La Carmélite« von Reynaldo Hahn (1902). Aus seinem sehr umfangreichen Bühnenrepertoire sind der Gad in »Joseph« von Méhul, der Antonio in »Figaros Hochzeit«, der Jasmin in »Les Rendez-Vous Bourgeois« von Isouard, der Urbain in »Richard Coeur-de-Lion« von Grétry, der Mercutio in »Roméo et Juliette« von Gounod, der Antonio in »Mignon« von Thomas, der Lillas Pastia in »Carmen« und der Berddret in »Fervaal« von V. d’Indy zu nennen.

 

22.6. Carol BAYARD: 85. Geburtstag

 Sie studierte zuerst Cellospiel, ließ dann jedoch ihre Stimme ausbilden und debütierte 1964 an der New York City Opera als Micaela in »Carmen«. Sie sang in der Folge viel an diesem Haus, aber auch an den Bühnen von Houston (Texas), New Orleans, Philadelphia, Seattle und San Francisco (1974 die Titelrolle in »La Grande Duchesse de Gerolstein« von Offenbach). In Seattle wirkte sie am 22.1.1970 in der Uraufführung der Oper »Of Mice and Men« von C. Floyd als Curleys Frau mit. Aus ihrem Repertoire sind hervorzuheben: die Nedda im »Bajazzo«, die Titelheldin in »Manon« von Massenet, die Fiordiligi in »Così fan tutte«, die Donna Anna im »Don Giovanni«, die Gräfin in »Le nozze di Figaro«, die Mimi und die Musetta in »La Bohème« von Puccini, die Rosalinde und die Adele in der »Fledermaus« von J. Strauß, die Violetta in »La Traviata«, die Alice Ford in Verdis »Falstaff« und die Marguerite im »Faust« von Gounod. Die Künstlerin, die auch eine gesuchte Konzertsopranistin war, war mit dem Komponisten, Dirigenten und Pianisten Thomas Booth verheiratet. Sie starb im Februar 2019 in Maplewood (NJ).

Schallplatten: Mitschnitte von Opernsendungen im Rundfunk.

 

23.6. Henri POUSSEUR: 90. Geburtstag

 Nach erstem Musikunterricht bei Herman Barg und Eugène Micha in Malmedy, studierte er 1947-52 am königlichen Konversatorum in Lüttich. Sein Orgellehrer Pierre Froidebise führte ihn an avantgardistische Musik heran, im Besonderen an die Zwölftonmusik, und machte ihn mit Pierre Boulez bekannt. Bereits während seines ersten Studienjahres gründete er einen Studentenchor, mit dem er regelmäßig Musik des Mittelalters aufführte. 1949-52 war er Organist an der Kirche Saint-François des Sales in Lüttich. Nach einem unüberbrückbaren Streit über serielle Musik mit dem Direktor des Konservatoriums Fernand Quinet, wechselte Pousseur ans Brüsseler Konservatorium, wo er 1953 in der Klasse von Jean Absil sein Abschlussexamen in Fugenlehre machte. In seiner Brüsseler Zeit fand er einen Förderer in André Souris (1899–1970), der mit ihm seine eigenen Erfahrungen aus dem Brüsseler Studio teilte. Ab 1952 nahm er regelmäßig an den Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt und den Donaueschinger Musiktagen teil. 1957 arbeitete er mit Luciano Berio und Bruno Maderna im Studio di Fonologia Musicale in Mailand und später im Studio für elektronische Musik in Köln mit Karlheinz Stockhausen. 1958 gründete er in Brüssel das Studio de musique électronique Apelac. 1963-64 unterrichtete er an der Musik-Akademie der Stadt Basel und 1966-68 an der Universität Buffalo. Seit 1970 unterrichtete er an der Universität Lüttich, wo er mit Kollegen wie Pierre Bartholomée und Philippe Boesmans das Centre de recherches musicales de Wallonie (seit 2010 Centre Henri Pousseur) gründete. 1975 übernahm er die Leitung des Lütticher Konservatoriums, von dem er sich 1952 wegen seiner Differenzen mit dem Direktor zurückgezogen hatte. Nach seinem offiziellen Ruhestand im Jahr 1994 war er noch bis zum Sommer 1999 an der Universität Leuven beschäftigt. Er schrieb in dieser Zeit fünf neue Werke, darunter vier in Erinnerung an seinen Vorgänger Karel Goeyvaerts, gruppiert in einem großen Zyklus für Klavier und Orchester. Neben fast 200 Partituren hat Pousseur in seinem Leben auch zahlreiche Artikel und mehrere Bücher über Musik geschrieben zu denen unter anderem Fragments Théorique I: sur la musique expérimentale (Brussels: Université Libre de Bruxelles, 1970), Schumann le Poète: 25 moments d’une lecture de Dichterliebe (Paris: Klincksieck, 1993), und Musiques croisées (Paris: L’Harmattan, 1997) gehören. Ihm wurden Ehrendoktortitel der Universitäten von Metz und Lille III verliehen, und im Jahr 2004 erhielt er eine Auszeichnung für sein Lebenswerk von der Akademie Charles Cros. Henri Pousseur starb 2009 in Brüssel. Sein Sohn Denis Pousseur (* 8. August 1958) studierte Klavier und wandte sich in seinen Anfangsjahren dem Jazz zu. Er wirkte am Entstehen einiger Werke des Vaters mit. Ab 1980 komponierte er mehrere Filmmusiken.

In seinem Anton Webern verpflichteten Werk verwendete Pousseur die Mittel der Aleatorik und der Elektronischen Musik; kompositorisch nutzte er die Zwölftonmusik. Neben Orchesterwerken schrieb er Stücke für kammermusikalische Besetzung unter Verwendung von Tonband und elektronischen Instrumenten. Seine Musik beschäftigte sich zudem mit Serialismus und offenen Formen und vermittelte zwischen so vermeintlich unvereinbaren Kompositionsstilen wie denen von Franz Schubert und Anton Webern (Votre Faust). Insgesamt hinterließ Pousseur mehr als 150 Kompositionen.

Weitere Informationen auf seiner Homepage: https://www.henripousseur.net/index.php

 

24.6. João Pedro de ALMEIDA MOTA: 275. Geburtstag

 Biographie des portugiesischen Komponisten auf Englisch: https://en.wikipedia.org/wiki/Jo%C3%A3o_Pedro_de_Almeida_Mota

 

26.6. June BRONHILL: 90. Geburtstag

Eigentlicher Name June Gough. Sie gewann 1950 den Sydney Sun Aria Contest, worauf ihre Heimatstadt Broken Hill in einer Sammlung die Kosten für ihre weitere Ausbildung in London zusammentrug. Aus Dankbarkeit nahm sie darauf den Künstlernamen Bronhill an (eine Kontraktion des Namens Broken Hill). 1952 kam sie zum Weiterstudium nach London; 1954 debütierte sie an der Londoner Sadler’s Wells Opera als Adele in der »Fledermaus« von J. Strauß, sang dort die Gilda im »Rigoletto«, die Norina im »Don Pasquale«, die Esmeralda in Smetanas »Die verkaufte Braut«, die Titelrolle in Flotows »Martha« und mit besonderem Erfolg 1958 die Hanna Glawari in der Lehár-Operette »Die lustige Witwe«. In dieser Partie war sie so erfolgreich, dass sie sie in den Jahren 1958-60 in London wie in weiteren englischen Städten und schließlich im Herbst 1960 bei einer Australien-Tournee in 200 Vorstellungen wiederholte. 1958 gastierte sie an der Covent Garden Oper London in der Titelpartie der Oper »Lucia di Lammermoor« von Donizetti. 1961 hörte man sie bei der Sadler’s Wells Opera London in der englischen Erstaufführung von Janáceks »Das schlaue Füchslein« in der Titelrolle, als Zerbinetta in »Ariadne auf Naxos« von R. Strauss; auch als Königin der Nacht in der »Zauberflöte«, in Menottis »The Telephone« und in »Orpheus in der Unterwelt« von Offenbach ist sie dort aufgetreten. 1964 gastierte sie bei der Sadler’s Wells Opera als Saffi im »Zigeunerbaron« von J. Strauß. 1974 hörte man sie bei der English Opera Group als Magda in »La Rondine« von Puccini. Sie wandte sich in der Folgezeit auch dem Musical und der Operette zu und erschien 1962-64 in solchen Werken in Australien, sang hier aber auch Opernpartien in Sydney und Melbourne. Seit dem Ende der sechziger Jahre trat sie vor allem in Australien auf, so u.a. 1976 bei der Australian Opera Sydney als Blondchen in der »Entführung aus dem Serail« und 1979 bei der State Opera of South Australia als Rosalinde in der »Fledermaus«. 1976 wurde sie zum Officer of the Order of the British Empire ernannt. Sie starb 2005 in Sydney. – Sie war verheiratet mit dem Fernseh-Produzenten Richard Finney, der aus Neuseeland stammte.

Schallplatten: HMV (Querschnitte und Arien aus Operetten).

 

28.6. Aurelian NEAGU: 90. Geburtstag

 Gesangstudium an der Musikakademie von Bukarest, in erster Linie als Schüler von Costescu Duca. Er debütierte 1951 an der Bukarester Nationaloper als Mephisto im »Faust« von Gounod. 1952-55 wurde er Preisträger bei internationalen Gesangwettbewerben in Bukarest, Prag, Sofia und Genf. Nach großen Erfolgen an der Oper von Bukarest, der er bis 1955 angehörte, war er 1960-61 am Stadttheater von Freiburg i. Br., 1961-62 an der Deutschen Oper Berlin, 1962-65 an der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf-Duisburg tätig. In den Jahren 1965-77 war er als erster Bassist am Opernhaus von Zürich engagiert, wohin er auch seinen Wohnsitz verlegte. Hier wirkte er auch in der Schweizer Erstaufführung von Prokofjews »L’Amour des trois oranges« mit (Spielzeit 1965-66 als Tschelio). Er gastierte am Nationaltheater Prag, am Bolschoi Theater Moskau, an den Staatsopern von Hamburg und München, an den Opernhäusern von Köln, Frankfurt a.M., Essen und Krefeld. Gastspiele am Teatro San Carlo Neapel, am Teatro Massimo Palermo, beim Maggio Musicale von Florenz, an den Theatern von Bologna, Kiew, Chicago und an der City Opera New York kennzeichneten neben erfolgreichen Konzertauftritten die weitere Karriere des Sängers. Von seinen Bühnenpartien sind zu nennen: der Iwan Susanin in Glinkas »Ein Leben für den Zaren« (»Iwan Susanin«), der Boris wie der Pimen im »Boris Godunow«, der Dosifej in »Chowanschtschina« von Mussorgsky, der Kezal in Smetanas »Die verkaufte Braut«, der Leporello im »Don Giovanni«, der Figaro in »Figaros Hochzeit«, der Kardinal Brogni in »La Juive« von Halévy, der Rocco im »Fidelio«, der Plumkett in Flotows »Martha«, der Basilio in Rossinis »Barbier von Sevilla«, der Mustafà in »L’Italiana in Algeri«, der Titelheld in Rossinis »Mosè in Egitto« und der Tiresias in »Oedipus Rex« von Strawinsky. Dazu sang er fast ausnahmslos alle großen Bass-Partien in den Opern von Verdi und R. Wagner. Er starb am 2011 in Zürich.

Schallplatten: Electrecord.

 

28.6. Kenneth SANDFORD: 95. Geburtstag

 Biografie des Operettensängers auf Englisch: https://en.wikipedia.org/wiki/Kenneth_Sandford

 

29.6. Marcello VIOTTI: 65. Geburtstag

In der französischen Schweiz als Sohn des italienischen Schmiedes Valentin Viotti geboren, studierte Marcello Viotti Gesang, Klavier und Cello am Conservatoire de Lausanne. Danach gründete er in Genf ein Bläserensemble, das er bereits selbst dirigierte. Er wurde am Beginn seiner Karriere von Wolfgang Sawallisch beeinflusst, den er als Chorsänger bei Dirigaten beobachten konnte. Viotti war ab 1985 mehrere Jahre als Kapellmeister am Teatro Regio Turin tätig. Danach war er künstlerischer Direktor des Stadttheaters Luzern, 1989-93 Generalmusikdirektor des Bremer Philharmonischen Staatsorchesters und 1991-95 Chefdirigent beim Rundfunk-Sinfonieorchester Saarbrücken, mit dem er eine Gesamteinspielung der Symphonien Franz Schuberts veröffentlichte. 1996-99 arbeitete er als einer der drei Hauptdirigenten des MDR Sinfonieorchesters in Leipzig. Er leitete 1998-2004 das Münchner Rundfunkorchester, das er zu internationalem Ansehen führte. Er feierte mit dem Orchester ab der Saison 1999/2000 große Erfolge mit der Konzertreihe Paradisi Gloria, mit der er in Zusammenarbeit mit Kardinal Friedrich Wetter dem Publikum geistliche Musik des 20. Jahrhunderts nahebrachte. Mit dieser Reihe, die ihre Ursache in der Gläubigkeit Viottis hatte, erregte er internationale Aufmerksamkeit. Er führte den bislang gern als Salonorchester bezeichneten Klangkörper zu hohem Rang. Als 2004 der Intendant des Bayerischen Rundfunks Thomas Gruber die Schließung des Rundfunkorchesters für 2006 verkündete, trat Viotti unter Protest von der Leitung zurück. Regelmäßig gastierte er an der Wiener Staatsoper (Debüt 1992 mit L’Elisir d’amore), wo er insgesamt 23 verschiedene Opern (Andrea Chénier, Tosca, La forza del destino, Il barbiere di Siviglia, Die Zauberflöte, L’Italiana in Algeri, Maria Stuarda, Hérodiade, Madame Butterfly, La Bohème, Lucia di Lammermoor, Un ballo in maschera, Carmen, Otello, Aida, Le Prophète, Don Carlo, Macbeth, Roberto Devereux, Cavalleria rusticana, Roméo et Juliette, Norma), aber auch an vielen anderen Opernhäusern wie etwa in München, Hamburg, Berlin, Zürich, Brüssel, Paris (1992 Il barbiere di Siviglia, 2003 Tosca) oder Mailand (1993 Beatrice di Tenda) sowie in San Francisco (2002 Carmen) und an der Metropolitan Opera New York (2000 Madame Butterfly, 2003 La Bohème, La Traviata und La Juive,  2004 Aida), weiter bei den Bregenzer Festspielen (1995 Il prigioniero, 1996 Le Roi Arthus, 1999-2000 Un ballo in maschera, sowie 1997-2003 Ortchesterkonzerte), bei den Salzburger Festspielen (2002 La donna del lago und 2003 ein Mozart-Konzert) und in der Arena di Verona (Rigoletto). Er dirigierte auch die Berliner, Münchner und Wiener Philharmoniker, die Bamberger Symphoniker ebenso wie die großen Orchester Australiens und Japans. Ein Höhepunkt seiner Karriere war die Ernennung zum Direttore musicale des Teatro La Fenice in Venedig im Januar 2002. Allein in der Saison 2003/04 leitete er u. a. Neuproduktionen von Jacques Fromental Halévys La Juive an der Metropolitan Opera in New York, Verdis Attila und Georges Bizets Les pêcheurs de perles in Venedig, Charles Gounods Roméo et Juliette für die Bayerische Staatsoper in München sowie eine Fernost-Tournee mit den Wiener Philharmonikern. Viotti lebte mit seiner Frau, die Geigerin war, und vier Kindern in der Nähe Saarbrückens im französischen Lothringen und in München. Sein Sohn Lorenzo Viotti (* 1990) wurde ebenfalls Dirigent, seine Tochter Milena (* 1988 in Lausanne) ist seit der Spielzeit 2010/11 3. Hornistin im Bayerischen Staatsorchester. 2005 wollte Viotti Verdis La Traviata mit Anna Netrebko bei den Salzburger Festspielen dirigieren. Er leitete zuletzt am 5. Februar 2005 die Premiere einer konzertanten Aufführung von Norma in der Wiener Staatsoper mit Edita Gruberová. Am 10. Februar brach er bei den Proben mit dem Münchner Rundfunkorchester zur konzertanten Aufführung von Jules Massenets Manon in München nach einem Schlaganfall zusammen. Wegen eines Blutgerinnsels, hieß es, habe Viotti an der Halsschlagader operiert werden müssen. Danach hatte sich sein Zustand rapide verschlechtert, am 16. Februar 2005 verstarb er. Ioan Holender, der Direktor der Wiener Staatsoper, beklagte den Tod von Viotti als „Verlust für die gesamte Musikwelt“. Viotti wurde am 23. Februar in seinem Geburtsort Vallorbe bei Lausanne beigesetzt.

Weitere Informationen auf der ihm gewidmeten Homepage: http://www.marcello-viotti.ch/  

 

Diese Seite drucken