GRANADA : 73. FESTIVAL INTERNACIONAL DE MUSICA Y DANZA vom 7.-10.6.2024
Letztes Wochenende wurde das 73. Festival Internacional de Musica y Danza in der andalusischen Stadt Granada feierlich eröffnet. Das Festival ist das größte und wichtigste seiner Art in Spanien, in seiner Bedeutung etwa vergleichbar mit den Salzburger Festspielen für Österreich. Daher ist es auch kein Wunder, dass es zum Auftakt zu einem grossen Auftrieb von aus Madrid (aber auch aus dem Ausland) angereisten VIPs und Promis kam, am zweiten Abend sogar gekrönt von einem Besuch der hier immer noch sehr beliebten Königin Reina Sofia.
Petrenko und das Gustav Mahler Jugendorchester. Copyright: Fermin Rodriguez
Das Programm war dem Anlass entsprechend exquisit. Der bestvorbereitetste Dirigent unserer Zeit, Kyrill Petrenko, widmete sich anlässlich des Bruckner-Jahres zum ersten Mal dessen 5.Symphonie – an der Spitze des (sich auf einer Spanientournée befindlichen) Gustav Mahler Jugendorchesters. Quasi als Probelauf, denn ab August wird er die Fünfte dann mit „seinen“ Berliner Philharmonikern in Berlin, Salzburg etc. zur Auufführung bringen. Petrenkos Interpretation war wie immer denkwürdig: das Adagio mit seinem mysteriösen und faszinierenden pizzicato pianissimo, der ironische und zweideutige Ländler im Scherzo, die monumentale grosse Fuge im Finale….Ein über 90jähriger Kritiker war davon so angetan, dass er fast bereit war, seine Erinnerungen an die Bruckner-Symphonien des Heiligen Sergiu Celibadache vorübergehend verblassen zu lassen.
Generaciones. Copyright: Fermin Rodriguez
Wie kann man das toppen ? Gar nicht, außer durch ganz was Anderes. Und also beschlossen die 95 genialischen Youngsters nach dem offiziellen Bis aus eigener Initiative heraus (und ganz ohne Dirigenten) eine total überraschende Draufgabe aus dem Hut zu zaubern: den hiezulande völlig unbekannten (in Andalusien aber weltberühmten) Pasodoble „Amparito Roca“ von Jaime Texidor. Ein fetziges und ins Blut gehendes Musikstück, das in Spanien und in Südamerika nicht nur bei Hochzeiten und Begräbnissen, sondern auch bei Fiestas, Corridas und sogar Olympischen Spielen äußerst populär ist.
Es ist schade, dass es von diesem überwältigenden Ereignis kein offizielles Video gibt: denn dieser kollektive, sich selbst organisierende Ausbruch von unbändiger Musizierlust und entfesselter Lebensfreude (inklusive gemeinsamen In-die-Knie-Gehens und Hoch-in-die-Luft-Springens) ist schier unbeschreiblich. Möge dieser Jugend ihr Elan und ihre Energie noch lange nicht ausgehen…!
Am zweiten Abend präsentierte das Ballet Nacional de España, geleitet von Rubén Olmo – eben in Anwesenheit seiner Schirmherrin, der Königin – seine neueste Kreation: Generaciones. Ein interessanter Mix aus drei Choreographien mit unterschiedlichen, sowohl traditionellen wie innovativen Zugängen zur autochthonen Kunstform Andalusiens: dem Flamenco.
Jordi Savall und Le Concert des Nations. Copyright: Fermin Rodriguez
Den Abschluss des Eröffnungswochenendes bildete ein Konzert von beliebten Stammgästen des Festivals: Jordi Savall und dem Concert des Nations mit einem reinen Barockprogramm von Antonio Vivaldi (Concerto für 4 Violinen) und Johann Sebastian Bach (Cembalo Concerto, Suite Nr.2). Bezaubernd und besonders wie immer.
Die Hauptspielstätten des Festivals wie der Palacio de Carlo V und das Teatro del Generalife befinden sich in der Alhambra, einem der schönsten, magischsten und zauberhaftesten Ort auf diesem Planeten – was einen nicht unbedeutenden Reiz dieser Granadiner Veranstaltung ausmacht.
Monastero de San Jerónimo. Copyright: Fermin Rodriguez
Nicht minder reizvoll sind allerdings auch die „Nebenspielstätten“, wie z.B. das Monastero di San Geronimo, in dem am Sonntag die „Accademia del Piacere“ unter Fahmi Alqhai mit Viola da Gamba-Versionen von Bachschen Chorälen auftrat.
Es gibt ja viele prächtige, ihren Reichtum zur Schau stellenden, katholische Kirchen auf dieser Welt, aber einen solchen Altar wie hier habe ich in meinem Leben noch nie gesehen: total vergoldet, bis zur Decke reichend, mit Dutzenden von Heiligen in den Nischen wie eine seltsame Kreuzung aus Ikonostase und indischem Tempel…Unglaublich !
Das ausgedehnte Festival dauert insgesamt sechs Wochen. Es ist das letzte, das der scheidende künstlerische Leiter Antonio Moral programmiert hat. Der ließ sich naturgemäß nicht lumpen und wartet daher zu seinem Abschied noch mit einem wahren Feuerwerk an grossen Namen und interessanten Programmpunkten auf. Bis zum 14. Juli könnten Sie also noch Konzerte erleben von: Christoph Eschenbach, András Schiff, den Wiener Philharmonikern (unter Lorenzo Viotti, David Afkham, Christiane Karg, Klaus Mäkelä, Elisabeth Leonskaja, Elsa Dreisig und und und…
Und das u.a. auch in so speziellen „Nebenspielstätten“ wie dem Patio de las Arrayanes, dem Patio de los Innocentes, dem Patio de los Mármoles, dem Corral de Carbon,der Iglesias de los Santos Justo y Pastor, dem Colegio Mayor Santa Cruz la Real etc.etc.
Also worauf warten Sie noch ? Die Alhambra und die Sierra Nevada warten auf Sie…
Robert Quitta, Granada