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DVD THE WINTER’S TALE (Ballett, 2015)

31.03.2018 | dvd

DVD
THE WINTER’S TALE
Ballett von Christopher Wheeldon
The Royal Ballet, London, aufgezeichnet 2015
Opus arte

Gerade britische Choreographen (Kenneth MacMillian, Frederick Ashton, beide dem Londoner Royal Ballet eng verbunden) waren berühmt dafür, aus klassischen literarischen Themen opulente Handlungsballette zu romantischer Musik gemacht zu haben. „The Winter’s Tale“ von Christopher Wheeldon (Choreographie) und Joby Talbot (Musik), die 2014 gemeinsam ihr „Tanzstück“ aus Shakespeares „Wintermärchen“ geschaffen haben, gehen ganz anders und ganz heutig vor.

Dabei gilt gerade dieses Shakespeare Stück (bekannt dafür, dass in ihm Böhmen am Meer liegt…) als so schwierig, dass selbst die Bühnen selten danach greifen. Die Frage, ob man jedes Detail der ebenso tragischen wie verworrenen Handlung verstehen muss, stellt sich allerdings nicht in dieser kühlen, nichtsdestoweniger faszinierenden Welt, die Wheeldon mit den Mitteln eines intensiv gleitenden Modern Dance, Talbot mit gemäßigten, nie gefälligen „modernen“ Klängen und Bob Crowley mit einem schlicht-dichten Design, das auch noch auf Licht und Video setzt, auf die Bühne stellen.

Getanzt wird die Geschichte des über die Maßen eifersüchtigen König Leontes von Sizilien (Edward Watson, im psychologischen Ausdruck stark gefordert, wenn die Eifersucht wie Wahnsinn über ihn kommt), der seine schwangere Gattin Hermione (besonders schön und elegant: Lauren Cuthbertson) verstößt, weil er sie des Ehebruchs mit seinem Freund Polixenes (Federico Bonelli) verdächtigt. Die Intensität der Gefühle reißt das Publikum wirklich mit.

Hermione gilt dann bekanntlich für tot, und nach dem düsteren Beginn springt die Handlung im zweiten Akt um 17 Jahre, zeigt in weit glücklicherem Ambiente (das hier auch zumindest mit einem blühenden Baum, hellen Kostümen und eine lebhaft-beschwingten Tanzsprache voll Heiterkeit ausgedrückt wird), wie die Tochter des Paares, Perdida (wunderbar anmutig: Sarah Lamb), mit ihrem Geliebten Florizel (Steven McRae) glücklich in Böhmen lebt. (Hier wird auch die Musik freundlicher.)

Nach einigen Komplikationen findet das Happyend im dritten Akt dann wieder in Sizilien statt, wo sich die wunderbare, nicht weiter erklärte Wendung ergibt, dass eine Marmorstatue lebendig wird und der bestrafte König seine Hermione wieder erhält… das strahlt in dieser Version geradezu Magie aus (die im Sprechtheater nicht unbedingt zu erzielen ist).

Das Geschehen ist als Drama allerdings so absurd, dass es tatsächlich besser in die stilisierte Welt des Tanzes passt, wo Logik keine Voraussetzung für das Bühnengeschehen ist. Dass man optische Kühle mit so viel Intensität des Gefühls verbinden kann, ist eine Stärke dieser Produktion, dass die beiden auseinanderfallenden Welten Sizilien / Böhmen sich hier so kontrastreich und doch harmonisch verbinden, eine weitere.

Das ist, Presse und Publikum haben es längst erkannt, wieder einmal eine besondere Leistung des Royal Ballet, und man sollte sich freuen, das Werk zumindest auf DVD kennenlernen zu können.

Renate Wagner


BALLETT: The Winter’s Tale

Choreographie: Christopher Wheeldon
Musik: Joby Talbot
Ausstattung: Bob Crowley

Orchestra of the Royal Opera House
Dirigent: David Briskin

Edward Watson (Leontes)
Lauren Cuthbertson (Hermione)
Sarah Lamb (Perdita)
Zenaida Yanowsky (Paulina)
Steven McRae (Florizel)
Federico Bonelli (Polixenes)
Bennet Gartside (Antigonus)
Joe Parker (Mamillius)

 

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