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DVD: GIUSEPPE VERDI: SIMON BOCCANEGRA – Opernhaus Zürich – Philharmonia Zürich, Fabio Luisi

20.08.2021 | dvd

DVD: GIUSEPPE VERDI: SIMON BOCCANEGRA – Opernhaus Zürich – Philharmonia Zürich, Fabio Luisi

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Ein moderner, filmischer Simon Boccanegra

Die Premiere von Verdis Simon Boccanegra vom 6. Dezember 2020 am Opernhaus Zürich, die für 50 Glückliche vor Ort und die grosse Mehrheit als Stream zu erleben war, ist nun auch als DVD (und Blu-Ray) erschienen. Die Produktion gewinnt dadurch.

Was anlässlich der Premiere im Hinblick auf Live-Aufführungen und deren Genuss «vor Ort» gesagt wurde, gilt weiterhin: Regisseur Andreas Homoki hat sich entschieden, die Mittelalter-Handlung von Verdis „Simon Boccanegra“ ästhetisch näher an unsere Zeit heranzurücken und lässt sie etwa zwischen 1895 und 1920 spielen. Eine uns eher vertraute politische Situation, in der die aristokratischen Eliten vom Bürgertum verdrängt wurden, sei der 1. Weltkrieg. Sein Ausstatter Christian Schmidt hat ihm dazu reichlich mit Türen bestückte Palastmauern auf die Drehbühne gestellt (Künstlerische Mitarbeit Bühnenbild: Florian Schaaf). So erinnert das Bühnenbild an die hauseigenen Produktionen von „Don Pasquale“, „I Capuleti“ oder „Tristan und Isolde“. Ein Schiffswrack stellt den Bezug zu Boccanegras Karriere als Korsar wie auch zum Ort der Handlung, Genua, her. Mit der Drehbühne wird ohne Umbaupausen gespielt, was mit sich bringt, dass der Wechsel zwischen Innen und Aussen vor allem durch prägnante Beleuchtungswechsel (Lichtgestaltung: Franck Evin) angedeutet wird. Die Uniform der Militärs erinnert deutlich an die Uniformen des Faschismus, der in dieser Zeit (1922) in Italien an die Macht gekommen ist. Den Schlachtruf „Guerra a Venezia“ (zu Beginn der Ratsszene) unterstreicht ein Uniformträger mit einem gehobenen rechten Arm. (https://onlinemerker.com/zuerich-opernhaus-simon-boccanegra-premiere-live-auf-arte/)

Betrachtet man die Aufzeichnung nun als eigenständiges Kunstwerk und nicht als aus der Not geborenen Ersatz für eine reguläre Aufführung, so gewinnt Homokis Inszenierung eindeutig. Die häufigen Szenenwechsel unter Verwendung der Drehbühne entsprechen Szenenwechsel im Film und der Verlust von Portal und Theateratmosphäre nehmen der Unruhe ihre Wirkung. Das von der FAZ gelobte hautnahe Erleben von Mimik und Gestik ist ebenfalls vom Film her bekannt und wirkt hier, was nicht selbstverständlich ist, beeindruckend, da alle Solisten offensichtlich den Umgang mit der Kamera gewohnt sind.

Christian Gerhaher, der als Simon Boccanegra debütiert, überzeugt mit einem wunderbar warmen Bariton, der in der Ratsszene zu dramatischer Höchstform aufzulaufen vermag. Christof Fischesser, als Jacopo Fiesco ebenfalls Rollendebütant, gestaltet seine Rolle mit elegantem, dunklen Bass. Jennifer Rowley, auch sie debütiert in ihrer Rolle, singt eine hervorragende Amelia Grimaldi. Der Georgier Otar Jorjikia als Gabriele Adorno absolviert den ersten Akt ohne Probleme. Im zweiten Akt beginnt die Stimme rau und heiser zu wirken. Bass-Bariton Nicholas Brownlee beeindruckt als Paolo Albiani mit wunderbar vollem Klang. Zusammen mit Brent Michael Smith als Pietro gestaltet er einen überzeugenden Beginn des Prologs. Siena Licht Miller als Magd Amelias und Savelii Andreev als Hauptmann der Armbrustschützen ergänzen das Ensemble des Abends.

Pandemiebedingt musizieren die Philharmonia Zürich und der Chor der Oper Zürich und Zusatzchor der Oper Zürich (Choreinstudierung: Janko Kastelic) unter Generalmusikdirektor Fabio Luisi im Probensaal am Kreuzplatz (der Chor wird szenisch vom Statistenverein am Opernhaus Zürich würdig vertreten). Chor und Orchester überzeugen rundum.

Ein moderner Simon Boccanegra und als solcher eine wichtige Ergänzung der Diskographie.

Eine Live-Aufzeichnung aus dem Opernhaus Zürich Dezember 2020

Bildformate NTSC 16:9

Tonformate PCM Stereo, Dolby Digital 5.1, DTS 5.1

Region Code 0

Laufzeit 142:13

Diskformat DVD 9

20.08.2021, Jan Krobot/Zürich

 

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