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DVD/Blu-ray – BERNSTEIN AT 100 – The Centennial Celebration at Tanglewood

Live Aufnahme aus Tanglewood, 25. August 2018, major

18.12.2018 | dvd

DVD/Blu-ray – BERNSTEIN AT 100 – The Centennial Celebration at Tanglewood

Live Aufnahme aus Tanglewood, 25. August 2018, major

 

Der schon zur Legende avancierte Lehrer, Klassik- und TV-Star Leonard Bernstein und Tanglewood, das war eine 50-jährige Erfolgsgeschichte sondergleichen. Ein Stipendium führte den jungen Lenny bereits 1940  nach Berkshire County nahe Lenox. Das Boston Symphony Orchestra (BSO) hatte dort ab 1937 seine Sommerzelte aufgeschlagen. Am 11. Juli 1941 gab Bernstein in Tanglewood sein echtes Debüt als Dirigent mit den Boston Pops. Zu diesem Anlass dirigierte er ohne Proben das Vorspiel zu Wagners „Die Meistersinger von Nürnberg“. Fünfzig Jahre danach (exakt am 19.8.1990) leitete Bernstein hier das letzte Konzert seines Lebens: Coplands Dritte, Beethovens Siebente und Brittens „Sea Interludes“ mit dem BSO.

 

Punktgenau am 100. Geburtstag feierte das Boston Symphony Orchestra in einem Galakonzert den großen amerikanischen Musiker, Sohn ukrainischer Immigranten. Die heterogene, zwischen üblichem Wunschkonzert und schwerer Pranke schwankende Darbietung von kleinen und größeren Musikstückerln reichte von Eigenkompositionen Bernsteins für Broadway Shows und Konzertsäle bis hin zu Werken Mahlers und Coplands. Unter den ausführenden Künstlern begegnen wir den Dirigenten Michael Tilson Thomas (Absolvent des Tanglewood Music Centre) und Christoph Eschenbach, aber auch der Geigerin Midori und dem Bariton Thomas Hampson, die allesamt eine ganz persönliche Beziehung zum Jubilar hatten. Das Boston Symphony Orchestra hatte zu diesem Anlass Gastmusiker aus drei Bernstein nahe stehenden Orchestern geladen: New York Philharmonic, Wiener Philharmoniker (Daniel Froschauer Violine, Michael Bladerer Kontrabass) und Israel Philharmonie Orchestra. Zudem durften junge Musiker dreier mit Bernstein verbundener Institutionen, und zwar des Tanglewood Music Center, des Schleswig-Holstein Music Festivals sowie des japanischen Pacific Music Festivals, mitwirken.

 

Es war grosso modo ein quicklebendiges, gleichzeitig intim berührendes, musikalisch und emotional kontrastreiches Programm, das die Veranstalter für das zahlreich erschienene Publikum (15.000 sollen es gewesen sein) zusammengestellt haben. Der derzeitige Chefdirigent des BSO, Andris Nelson, startete mit Bernsteins herrlich überkandidelter Ouvertüre zu „Candide“, dann wollte Midori mit dem ersten Satz „Phaedrus; Pausanias“ aus Bernsteins komplexer „Serenade nach Platos Symposion“  für Violine und Orchester ihren historischen Erfolg aus dem Jahr 1986 (da war sie 14!) wiederholen. Der dritte Satz aus Bernseins dritter Symphony „Kaddish“ einte Nadine Sierra (Sopran), die Frauen des Tanglewood Festival Chors unter dem Dirigenten Keith Lockart. Der Meditation Nr. 3 für Cello (Kian Soltani) und Orchester aus dem Avantgarde-Gospel-Oratorium „Mass“ folgte fraglos als großer Höhepunkt eine halb szenische Version mit Tanz von Ausschnitten aus Bernsteins „West Side Story“ mit Isabel Leonard (Maria), Jessica Vosk (Anita), Tony Yazbeck (Tony), Clyde Alves (Riff) und DJ Petrosino (Bernardo). Ganz wunderbar gelangen das Duett: ‚A boy like that – I have a love‘ und dem charismatischen Tilson Thomas sei Dank auch die Energie und die Dynamik dieses Musicals.

 

Thomas Hampson eröffnete den zweiten Teil mit  ‚Der Schildwache Nachtlied‘ aus Mahlers „Des Knaben Wunderhorn“, Michael Tilson Thomas  führte das glühende Finale  „Appalachian Spring“ von Aaron Copland die Virtuosität des BSO beeindruckend vor und Filmmusiklegende John Williams kümmerte sich höchstpersönlich um sein nigelnagelneues etwas sperriges „Highwood’s Ghost, eine Begegnung für Harfe, Cello und Orchester mit Jessica Zhou und Yo-Yo-Ma. Das Finale aus Gustav Mahlers euphorisch auftrumpfender Auferstehungssymphonie mit Nadine Sierra und Susam Graham als Gesangsolistinnen unter dem himmelhoch jauchzenden Dirigat von Andris Nelson beschwor die weltumarmende Verbundenheit Bernsteins mit dem Oeuvre des österreichischen Komponisten. Vielleicht war Bernsteins unermüdlicher Einsatz für die symphonischen Welten Mahlers sein größter Verdienst als reproduzierender Musiker. Als Zugabe berührte „Somewhere“, alle auf der Bühne und so manche/r im Publikum sang mit. Audra McDonald, die „Somewhere anstimmte,  führte auch durch den Erinnerungs-Abend, der neben der Musik auch Videos Bernsteins in Tanglewood und Interviews mit Kollegen, Freunden und Familie (Bonus) bescherte.

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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