Die Festivals in Znojmo und Retz – in Harmonie beim musikalischen Grenzverkehr
Ein musikalischer Grenzverkehr? Ja, einer, der wohl besser funktionieren dürfte als der Kulturaustausch am anderen, dem östlichen Ende der südmährisch–österreichischen Grenze. Die beiden sommerlichen Festivals von Retz und Znojmo (anno dazumal: Znaim), knapp dies- und jenseits des trennenden früheren Eisernen Vorhanges, sehen das ‚Europa der Offenen Grenzen‘ nach wie vor als allzu fragil an. Und sind daher bestrebt, ihren kulturellen Austausch zu verstärken. Alexander Löffler, der Festival-Intendant von Retz, arbeitet im Einklang mit seinem Znaimer Kollegen Jirí Ludvík auf solch ein Ziel hin: „Mittelfristig streben das Hudební Festival Znojmo und das Festival Retz ‚Offene Grenzen‘ einen gemeinsamen öffentlichen Auftritt und ein einheitliches Ticketing-System an, um so für das Publikum als eine zentrale Kulturveranstaltung im Herzen Europas wahrnehmbar zu werden.“ Und in Planung: „Somit stehen gleich sechs gemeinsame Veranstaltungen in grenzüberschreitender Kooperation auf dem Programm der nächstjährigen Festivals in Retz und Znojmo. Zugleich haben sich die beiden Festivals mit dem Sujet ‚Engel und Propheten‘ erstmals einen gemeinsamen thematischen Bogen gegeben.“
Weihnachtsmarkt Znojmo
Das wäre für den kommenden Sommer gedacht. Doch jetzt, in den winterlichen Wochen? Engel sollen jedenfalls über dem aktuell beworbenen und viel gelobten Znaimer Adventmarkt (plus temporärem Eislaufplatz) schweben. Von Österreich aus leicht auch mit der ÖBB zu besuchen. Jedenfalls ist ein Besuch der historischen Stadt empfohlen. Sehr attraktiv ist sie über dem engen Tal der Dyje (= Thaya) gelegen: die Burg mit ihrer Jahre langen Geschichte und dem gepflegten Burgmuseum, die ins Auge stechenden St. Nikolaus Kirche aus dem 12. Jahrhundert, der schlank aufragende Rathausturm, die früheren Befestigungstürme. Und auch ein heimeliges Stadttheater im Monarchie-Stil gäbe es zu besuchen – doch längst schon ohne eigenes Orchester und heute auf eher lockere Gastspiele angewiesen.
Weiter hinauf, nördlich, von Südmähren nach Nordböhmen, ebenfalls weihnachtlich gestimmt: Christbaumschmuck und so manch glitzernde künstliche Edelsteine werden hier gefertigt. Ehemals berühmt und gefragt als Gablonzer Glas – heute: Jablonec und das ‚Crystal Valley‘ ( …. und das Riesen- und Isergebirge als eine naturbelassene und Ruhe vermittelnde weite Naturlandschaft). Böhmische Schmuckindustrie mit großer Tradition in früheren Jahren. Auch heute wieder in neuem Glanz, in Zusammenarbeit der zahlreichen Manufakturen: geblasene Glasperlen, prächtige Luster, gläserne Steine, Bijouterie, Schmelzglasplastiken, Hackperlen. Früher der Stammsitz von Swarovski … Daniel Swarovski ist 1895 von hier nach Wattens umgezogen. Verwandt auch mit der in den letzten Jahren weltweit so erfolgreichen Riedel Glas–Dynastie in Kufstein. Ein Johann Christoph Riedel wird 1673 in Jablonec datiert. In den Folgen des 2. Weltkrieges haben sich dessen Nachfahren 1957 in Tirol niedergelassen, und Riedel Glas zählt heute zu Österreichs Markenzeichen.
Von den böhmischen Glasmachern aber zurück zu den Kulturmachern von Znojmo und Retz. Musikalisch in historischer Sprache verbleibend: Der Prophet soll in Felix Mendelssohn Bartholdys „Elias“ mit mahnenden dramatischen Worten in der Kirche der Dominikaner in Retz singen. Und in Znojmo wird Erzengel Raphael in Joseph Haydns vormals in höchsten Tönen gelobten und oft aufgeführtem Oratorium „In ritorno di Tobias“ dem Titelhelden beiseite stehen.
Info: www.czechtourism.com / www.visitczechrepublic.com
Meinhard Rüdenauer