Ab 22. Februar 2013 in den österreichischen Kinos
DER HYPNOTISEUR
Hypnotisören / Schweden / 2012
Regie: Lasse Hallström
Mit: Mikael Persbrandt, Tobias Zilliacus, Lena Olin u.a.
Es ist doch etwas anderes, zuhause zu arbeiten. Wenn wir demnächst wieder einen Hollywood-Film des wahrlich vielseitigen (und qualitativ schwankenden) schwedischen Regisseurs Lasse Hallström zu sehen bekommen (die Romanverfilmung „Safe Haven“ nach Nicholas Sparks), dann handelt es sich um eine schwer verdauliche Schnulze. Wenn er wieder einmal in seine Heimat zurückkehrt, dann nimmt er sich einen Krimi von „Lars Kepler“ vor – dahinter versteckt sich ein erfolgreiches schwedisches Schreibe-Ehepaar. Und die Kriminalromane, die aus dem Norden kommen und sich gerade bei uns besonderer Beliebtheit bei den Lesern erfreuen (man sage nur: Stieg Larsson, Henning Mankell, Jo Nesbø oder Jussi Adler-Olsen), sind besonders hart, kalt, schwer verdaulich, aber natürlich sehr, sehr interessant. Also darf sich auch Hallström einmal von seiner ungemütlichen Seite zeigen.
Man ist in Stockholm. Erst ein Mord in der Turnhalle – und kaum hat Kommissar Joona Linna (ein Mann, trotz des uns weiblich erscheinenden Vornamens) diesen Fall aufgenommen, steht schon der nächste an: Die Familie dieses Mannes wurde hingemetzelt. Nur dessen Sohn hat, schwer verletzt, überlebt. Und erinnert sich, wie das in Schocksituationen so ist, erst einmal an gar nichts.
Da erscheint die problematische Hauptfigur: Schon als Erik Maria Bark, „der Hypnotiseur“, aus dem Bett geholt wird, bekommt man seine Eheprobleme mit. Obwohl er eigentlich von der Polizei nicht mehr herangezogen werden darf, riskiert Linna um der Wahrheit willen, den verletzten Sohn in die Vergangenheit zurückzuführen…
Und während sich auf der einen Seite eine Familietragödie um Adoption, Lieblosigkeit, weggegebene Kinder offenbart, rast die Ehe des Hypnotiseurs in die Hölle, weil die Autoren – das muss man schon sagen – den ältesten aller Tricks benützen: Der Täter (die Täterin – wir wollen alle Optionen offen halten) entführt den kleinen Sohn von Bark, um diesen zu zwingen, sich aus dem Fall zurück zu ziehen. Denn wer tief in das Gedächtnis der Menschen hinabsteigt, fördert so einiges herauf – auch bei der Ehefrau, wenn es darum geht, die nächtliche Entführung des Kindes zu rekonstruieren…
Schweden ist ein kaltes Land, man friert angesichts des vielen Schnees, der Dunkelheit, der tragisch verkniffenen Menschen. Und zum Showdown ist man dann noch auf einem gefrorenen See, und wenn die Eisdecke einbricht… dann komprimiert sich die Dramatik zwar auf althergebrachte, aber doch immer wirkungsvolle Art und Weise.
Hier arbeitet Hallström mit nordischen Schauspielern: Der Finne Tobias Zilliacus ist ein unkonventioneller, scheinbar unspektakulärer, aber bei näherer Betrachtung sehr interessanter Typ, und sollte es andere Filme mit Kommissar Joona Linna geben (die Bücher wären jedenfalls vorhanden), hätte man eine Idealbesetzung für eine Serienfigur gefunden. Für den Hypnotiseur, einen innerlichen schwer belasteten Mann, dem seine Fähigkeit auf der Seele liegt, ist Mikael Persbrandt (Darsteller des Schweden-Helden Hamilton aus den Romanen von Jan Guillou), gleichfalls eine Idealbesetzung – im Gegensatz zu so viel Gelacktem haben diese Männer Ecken und Kanten im besten Sinn. Seine unglückliche und auch hysterische Gattin wird von Weltstar Lena Olin verkörpert, die nebenbei die Gattin des Regisseurs ist.
Tja, ungemütlich ist es im hohen Norden, wenn die Verbrechen blühen. Aber manche von uns ziehen es dort dennoch jedem amerikanischen Durchschnittsthriller vor.
Renate Wagner