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DER BUTLER

18.12.2013 | FILM/TV

FilmPlakat Butler quer x Butler mehrere xx

Ab 20. Dezember 2013 in den österreichischen Kinos
DER BUTLER
The Butler / USA / 2013
Regie: Lee Daniels
Mit: Forest Whitaker, Oprah Winfrey, Alan Rickman, Jane Fonda, Robin Williams, Terrence Howard, Cuba Gooding Jr. u.a.

Cecil Gaines war ein in doppeltem Sinn „armer“ schwarzer Junge, materiell und seelisch: Aufgewachsen in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in den Südstaaten, nach der Sklaverei zwar, aber in einer Welt der gänzlich rechtlosen Schwarzen, musste er zusehen, wie seine Mutter vom weißen „Master“ vergewaltigt, sein protestierender Vater getötet wurde. Und durfte noch „froh“ sein, dass die harte Herrin (der Film glänzt in Besetzungsluxus, hier ist Vanessa Redgrave die Bestimmerin im Herrenhaus) ihn vom Feld holte und zum Haussklaven erzog. Deren beste Eigenschaft bestand darin, gänzlich „unsichtbar“ zu sein, nicht vorhanden, von den Weißen nicht zu bemerken, nur eine dienende Funktion…

Und genau diese Fähigkeit, die er dann in Luxushotels des Südens zeigen konnte, brachte ihm jene Stellung, die er ein Leben lang innehatte: Cecil Gaines wurde Butler im Weißen Haus, und er blieb es faktisch sein Leben lang, bis zur Pensionierung. Er kam 1957, als Dwight D. Eisenhower (Robin Williams) Präsident war, und blieb 29 Jahre lang bis 1986, sieben Präsidenten hindurch (dafür braucht man dann auch zweieinviertel Stunden Spieldauer, wenn es auch ein absolut „schneller Durchlauf“ durch die amerikanische Geschichte bleibt).

Der Butler des Films, mit wunderbarer Verhaltenheit dargestellt von Forest Whitaker, hat in dem Butler Eugene Allen ein wahres Vorbild, und er eignet sich so vorzüglich als Beispielfall, weil hier der Verlauf einer profunden gesellschaftlichen Veränderung nachzuzeichnen ist – von einer Generation Schwarzer, die von der Sklaverei nur theoretisch entfernt war, durch eine Welt der Bürgerrechtsbewegung, die einen zumindest „halb-schwarzen“ Präsidenten wie Barack Obama möglich machte, bei dessen Wahlkampf der alte Cecil Gaines noch begeistert dabei ist…

Der Film verläuft nun auf zwei Ebenen. Die private ist stark, sie zeigt nicht nur das Weiße Haus aus den Augen der Dienerschaft, sondern auch die private Welt von Cecil und seiner Frau Gloria (erstaunlich überzeugend besetzt mit Oprah Winfrey, die manchen Kummer im Alkohol ersäuft) sowie der beiden Söhne, die eine ganz verschiedene Entwicklung nehmen. Da ist manches an Kummer und Herzweh und Sentimentalität dabei, wie es – wenn auch nicht immer so radikal – in vielen Familien zu finden ist.

Und in diesem Rahmen findet auch, von Forest Whitaker mit höchstkarätiger (und „oscar“-verdächtiger) Kunst gestaltet, die Entwicklung des Cecil Gaines statt. Der anfangs weiß, dass sein Überleben davon abhängt, gänzlich unauffällig zu sein, niemanden zu stören. Und der am Ende gelernt hat, nicht nur im Rahmen der „schwarzen Community“ von Washington (Terrence Howard , Cuba Gooding Jr., Lenny Kravitz) seinen Platz zu behaupten, sondern auch immer wieder beim Personalchef des Weißen Hauses mit der Frage vorstellig wird, warum die schwarzen Angestellten für dieselbe Arbeit schlechter bezahlt werden als die weißen…

Auch sein Verständnis als Amerikaner wandelt sich: Hat er zu Beginn für die schwarzer Bürgerrechtsbewegung, der sein Sohn (David Oyelowo) in nach und nach führender Stellung angehört, nur Abscheu übrig (auch das radikale Pflänzchen Angela Davis mit wüster Negerkrause taucht kurz an der Seite des Sohnes auf und stört die brave Bürgerlichkeit, die die Familie Gaines sich erarbeitet hat), bis er deren Notwendigkeit erkennt und sich beteiligt. Und mit dem zweiten Sohn (Elijah Kelley) wird der Familie das Opfer vieler Amerikaner abverlangt, als er im Sarg aus Vietnam zurückkehrt…

Butler Whitacker und Eisenhowerx Butler Reagans x

Nebenbei ist der Film eine „Schau“ der amerikanischen Geschichte aus der Sicht des Weißen Hauses, sprich: die Präsidenten marschieren durch. Da gibt es bemerkenswerte Besetzungen, weniger die Kennedys (James Marsden und Minka Kelly) als Liev Schreiber als Lyndon B. Johnson , John Cusak als vom Schicksal zerdrückten Richard Nixon, hervorragend Alan Rickman und Jane Fonda als Ronald und Nancy Reagan. (Die anderen Präsidenten seiner Ära, Ford und Carter, erscheinen im Fernsehen per historischem Material.) Und alle haben – man glaubt es auch – diese diskreten und bewährten schwarzen Butler nicht als leblose Möbelstücke, sondern als sehr lebendige Menschen betrachtet, denen sie sich auch gelegentlich anvertrauten (und sei es im Suff…).

Der Film von Lee Daniels durchstreift die Jahrzehnte mit der optischen Sorgfalt des Historienfilms. Natürlich wirkt er immer wieder ein wenig oberflächlich, einfach der Menge seiner Information wegen, die hier durch die Jahrzehnte zu stemmen sind. Aber wenn Menschengeschichten erzählt werden, wird die Geschichte-Geschichte unweigerlich so lebendig und fassbar wie hier.

Renate Wagner

 

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