Ab 5. September 2014 im Kino
DAS GROSSE MUSEUM
Österreich / 2014
Regie: Johannes Holzhausen
Über ein Jahr lang durfte Johannes Holzhausen im Kunsthistorischen Museum Wien, einer der größten Institutionen ihrer Art, den Alltag mitfilmen. Ohne Einschränkungen, ohne „gestellte“ Szenen. Ein Blick hinter die Kulissen, wie man ihn nicht jeden Tag erlebt
Als kunstinteressierter Wiener geht man schon öfter ins „Kunsthistorische“, das „KHM“, wie die Kürzel lautet. Man bewegt sich in imposanten Räumlichkeiten von imperialem Prunk, sieht Kunstwerke aller Art, von Gemälden bis Römerköpfen, Tapisserien bis zur „Saliera“, erlebt immer wieder neue Ausstellungen – und fragt sich üblicherweise nicht, wie ein solches Schlachtschiff eigentlich im Alltag funktioniert. Man weiß von zuhause, dass man Stoffe vor Motten und Holz vor Würmern schützen muss und alles immer wieder geputzt gehört – und im Museum?
Der aus Salzburg stammende Filmemacher Johannes Holzhausen zeigt es. Und wenn da eine junge Mitarbeiterin vor der Krone des Heiligen Römischen Reiches kniet und sorglich-vorsichtig mit einem Pinsel hantiert, ist das ein Bild so skurril wie berührend. Holzhausen durfte (für den Kinobesucher) überall hin – in die Büros der leitenden Mitarbeiter, in die Ausstellungsräume mit dem namenlosen Aufsichtspersonal, in die Werkstätten, wo auch ein Gemälde für die Präsidentschaftskanzlei restauriert wird, Maria Theresia und ihre erwachsenen Kinder, man gehört schließlich dem Bund, also macht man auch das. Und die Habsburger sind ohnedies überall – einst vertrieben und heute in allem, was mit der Kunst und Kultur des Landes zu tun hat, über präsent.
Holzhausen filmte auch rund um ein ganz konkretes Großereignis des KHM – während der Neu-Entstehung der „Kunstkammer“. Sabine Haag, die sympathische Direktorin des Hauses, drückt sich vor nichts, ist überall dabei, legt auch Hand an, wenn es gilt, Kunstwerke wie auf Spitalswägen von einem Ort vorsichtig zum nächsten zu rollen. Zu Beginn führt sie Neil MacGregor, den Direktor des British Museum in London, durch die noch leeren Räume der künftigen Kunstkammer und erklärt ihm auf Englisch, was hier geschehen wird. Im Laufe des Films erlebt man auch die Sitzung mit den Pressedamen über Presseunterlagen, über Ablauf der Eröffnung. Man ist überall dabei.
Und der Dokumentarfilmer hält den Mund – er macht sich nicht, wie interviewende Journalisten sonst immer, wichtig. So, wie der Film geschnitten ist, spricht er für sich selbst. Erzählt von der Sorge um die Werke und von der Liebe zur Sache, von Geldmangel und der spürbaren inneren Anteilnahme aller Beteiligter.
Und wenn man nächstens ins KHM kommt, sieht man von all dem nichts, nur die Ergebnisse der Arbeit hinter den Kulissen. Vielleicht hätte man dann Lust, eine verbotene Türe aufzumachen und nach den vielen „Heinzelmännchen“ Ausschau zu halten. Im Kino kann man sie wenigstens eineinhalb Stunden lang beobachten.
Heiner Wesemann