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Blu-ray WOLFGANG AMADEUS MOZART „COSÍ FAN TUTTE“ – Live Mitschnitt aus dem Theater an der Wien 2014

27.06.2021 | dvd

Blu-ray WOLFGANG AMADEUS MOZART „COSÍ FAN TUTTE“ – Live Mitschnitt aus dem Theater an der Wien 2014

 

NIKOLAUS HARNONCOURT im Finale seines DA PONTE ZYKLUS

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Einigen wird die Premiere von Mozarts „Cosí fan tutte“ an der Wiener Staatsoper vom 15.12.1989 noch erinnerlich sein. Das Produktionsteam Johannes Schaaf, Hans Schavernoch und der Dirigent Nikolaus Harnoncourt sahen in der „Cosi“ ein düstere schwarze Messe dunkler Machenschaften, auch die Musik klang eher äschern fahl als nach einer quirligen Verwechslungskomödie mit Tiefgang. Die Besetzung war medioker, der Zuspruch des Publikums hielt sich in Grenzen. Zeitsprung: 25 Jahre später im Theater an der Wien dirigierte Harnoncourt zum letzten Mal dieses so charmante, spritzige und doch im Innersten traurige Dramma giocoso über die Vergänglichkeit von Liebe und die scheint‘s beliebige Austauschbarkeit von (sexuellen) Partnern. Im Endeffekt zeigt das Stück einen Teil menschlicher Normalität, Mozart hält uns den Spiegel direkt vors Gesicht und um Gottes Willen, ja, darüber darf auch herzlich gelacht werden. Die Angeschmierten sind ohnedies wir alle, also was soll‘s.

 

Diesmal im Theater an der Wien – wie „“Le nozze di Figaro“ und „Don Giovanni“  in konzertanter Version mit simplen Spielanweisungen – haben wir es bei aller großartig markanten Artikulation und energischer Bogenführung mit einem vergleichsweise weitaus gemäßigteren Nikolaus Harnoncourt zu tun. Die Rezitative müssen wieder teils gesprochen, teils gesungen werden, dem Concentus Musicus Wien sind eingesprenkelt durchaus leuchtende lyrische Farben, lebenspralle Tempi und instrumentaler Schabernack vergönnt. Der Arnold Schoenberg-Chor ist bei seinen kurzen Einsätzen ohnedies über jeglichen Zweifel erhaben. 

 

Bei der Besetzung haben die Herren eindeutig die Nase vorne. André Schuen gibt kernig-schönstimmig den virilen Draufgänger Guillelmo, vom Timbre her erinnert er bisweilen an den jungen Bo Shovhus. Mauro Peter  singt mit kerngesunder Stimme und Technik einen vorzüglichen Ferrando und Markus Werba darf mit dunkler Ironie den derben Strippenzieher Don Alfonso verkörpern. Seine Mitplayerin Despina ist mit der Mezzosopranistin Elisabeth Kulman überbesetzt (ich weiß schon, solche  Besetzungen mit einem Mezzo sind fantasievoll, Luc Bondy hat einst die 74-jährige Martha Mödl gefragt, ob sie in Brüssel die Despina singen will), die Fiordiligi scheint mit der lyrischen Sopranistin Mari Eriksmoen eklatant unterbesetzt. Ein Rollentausch der beiden hätte der Balance der Aufführung und der Profilierung der Rollen gut getan. Katija Dragojevic setzt als Dorabella kaum memorablen Akzente. 

 

Bleiben als absolut unverzichtbares Dokument die Probenmitschnitte aus Harnoncourts Privatwohnung von Felix Breisach: Witzig, aufschlussreich, sprachmächtig. Fazit: Für Harnoncourt-Fans wegen der musikalischen Leitung ein Muss, sängerisch gibt es trotz der Glanzlichter André Schuen und Mauro Peter (viel) bessere „Così-Konserven.“

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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