Francesco Cilea
ADRIANA LECOUVREUR
(Blu-ray Disc Version)
Maurizio – Martin Muehle
Prince de Bouillon – Alessandro Spina
Abbé de Chazeuil – Paolo Antognetti
Michonnet – Nicola Alaimo
Quinault – Davide Piva
Poisson – Antonio Garés
Major-domo – Michele Gianquinto
Andriana Lecouvreur – Maria José Siri
Princess de Bouillon – Ksenia Dudnikova
Mademoiselle Jouvenot – Chiara Mogini
Mademoiselle Dangeville – Valentina Corò
Fiorentino Maggio Musicale Chorus
(chorus master: Lorenzo Fratini)
Fiorentino Maggio Musicale Orchestra
Daniel Harding, conductor
Frederic Wake-Walker, stage director
Recorded at the Teatro del Maggio Musicale Fiorentino, 27 and 30 April 2021
Eine erfreuliche Veröffentlichung auf DVD/Blu Ray ist soeben beim Label Naxos erschienen. Dabei handelt es sich um eine Aufführung von Francesco Ciléas Meisterwerk „Adriana Lecouvreur“ beim Maggio Musicale in Florenz aus dem Jahr 2021.
Ciléas Oper zählt zu den herausragenden Werken des Verismo. Prägnante Leitmotive, dramatische Entwicklungen und vor allem spektakuläre Gesangspartien machen „Adriana Lecouvreur“ zu einem spannenden Opernerlebnis.
Hierzu sind jedoch herausragende Sängerpersönlichkeiten notwendig, was in der aktuellen Aufzeichnung glücklicherweise der Fall ist.
Es ist eine wichtige Aufnahme aus vielen Gründen. Zu erleben sind Sänger auf der Höhe ihrer Schaffenskraft, dazu in einer ansprechenden Bühnenoptik und überzeugenden Inszenierung. Eine Aufführung in dieser Gesamtqualität hat heute leider Seltenheitswert. Umso erfreulicher ist dieses Dokument!
Mit Maria José Siri in der Titelpartie ist eine treffliche Besetzung gelungen, die im Zenit ihres Könnens dokumentiert ist. Sie singt und spielt Adriana mit großer Hingabe. Ihre aparte Stimme ist den zahlreichen Herausforderungen völlig souverän gewachsen. Feine Farbvaleurs, dramatische Attacke setzt sie klug und mit viele Raffinesse ein. In der schwierigen Prosa zeigt sie Mut zum Pathos, der natürlich wirkt und aus der erlebten Empfindung resultiert. Ihre Arien geraten ihr mit staunenswerter Makellosigkeit. Einer ihrer vielen Höhepunkte ist ihre ergreifend gestaltete Arie „Poveri fiori“! Siri gibt hier alles, was sie hat und differenziert bravourös zwischen feinster Mezzavoce und weit ausladender Höhe. Ein fabelhaftes Rollenportät!
Ihre Gegenspielerin ist mit Ksenia Dudnikova ebenso ausgezeichnet besetzt. Die dunkel timbrierte Mezzosopran Stimme umgibt die Partie der Principessa volltönend und mit raumgreifender Höhe. Dazu vermag sie auch ihrer Rolle deutliches darstellerisches Profil zu geben.
Als Maurizio ist Martin Muehle zu erleben. Ein herausragender Tenor, der eine perfekt geführte Stimme für das veristische Repertoire einbringt. Sein müheloser Gesang, der aus Passion und Hingabe resultiert, begeistert und zeigt auf der anderen Seite, wie wichtig es ist, in dieser Rolle einen echten Spinto Tenor zu hören. Jonas Kaufmann und Piotr Beczala haben zwar auch in dieser Partie erfolgreich reüssiert, können aber nicht mit der sonoren und völlig mühelosen Vokalgebung Muehles mithalten. Martin Muehle ist hörbar ein Sänger alter Schule, der an große Rollenvertreter der Vergangenheit denken lässt und doch einen ganz eigenen Weg beschreitet. Wunderbar!
Grossartig in seiner Vielschichtigkeit und klugen Charakterisierung überzeugt und begeistert der persönlichkeitsstarke Nicola Alaimo als Michonnet. Mit kultivierter Baritonstimme und vielen Akzenten wertet er seine Partie deutlich auf.
Erfreulich hoch ist das Niveau aller übrigen Nebenrollen in klaren Charakterzeichnungen.
Als Dirigent wurde für diese Aufführungsserie Daniel Harding verpflichtet, der hier mit einer überraschend schlüssigen und kantablen Interpretation überzeugt. Symphonisch aufrauschend und dann wieder mit großer klanglicher Delikatesse spürt er jedem Detail nach. Sensibel arbeitet Harding die vielen Lyrismen heraus. Auf der anderen Seite scheut er auch nicht die große Klanggeste (Finali zwei und drei). Daniel Harding ist zudem ein aufmerksamer Begleiter, der das Sängerensemble auf den Händen trägt. Chor und Orchester des Maggio Musicale sind hörbar engagiert bei der Sache und gefallen durch ihr hohes musikalisches Niveau.
Regisseur Frederic Wake-Walker, der den ursprünglich vorgesehen Jürgen Flimm ersetzte, war eine gute Wahl für diese Produktion. Er gab den Akteuren Raum für die szenische Entfaltung und verzichtete dankenswerter Weise darauf, szenischen Irrsinn anzurichten.
So kann sich der Zuschauer an einer plausiblen Personenführung erfreuen, die mit dem musikalischen Verlauf Hand in Hand geht. Kostüme, Bühnenbild und Lichtgestaltung vermitteln trefflich die Atmosphäre, die in diesem Werk angedacht ist. Gekonnt geriet der Wechsel zwischen Gesang und Prosa, dazu hie und da ein kleiner ironischer Kommentar im szenischen Geschehen.
Die Bild- und Tonqualität genügt höchsten Ansprüchen, so dass einem packenden Opernabend wahrlich nichts im Wege steht.
Dirk Schauß, 13. September 2022