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BLU RAY: FALSTAFF/ Salzburger Festspiele 1982 – erschienen bei C-Major, Artikel: 761504

19.01.2023 | dvd

Giuseppe Verdi

FALSTAFF/ Salzburger Festspiele 1982

Bluy-Ray erschienen bei C-Major, Artikel: 761504

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Giuseppe Verdi

FALSTAFF

Salzburger Festspiele 1982

Bluy-Ray erschienen bei C-Major, Artikel: 761504

„Falstaff“ war der Höhepunkt von Verdis langer Karriere als Opernkomponist. Er hatte nach der Uraufführung von „Un Ballo in Maschera“ 1858 von Ruhestand gesprochen und glaubte wirklich, nach der „Aida“ 1871 seine kompositorische Feder niedergelegt zu haben. Verdi liebte und verehrte Shakespeare mehr als jeden anderen Dichter.  Dennoch schrieb er seinen „Falstaff“ zunächst zu seinem eigenen Vergnügen. Verdis 28. und letzte Oper, „mein kleiner Genuss“, wie er sie nannte, war alles, was er sich erhoffen konnte. Es war ein Triumph bei seiner Uraufführung an der Mailänder Scala am 9. Februar 1893. Der größte italienische Komponist aller Zeiten war damals 80 Jahre alt. Es war nochmals ein gigantischer Höhepunkt einer einzigartigen Komponisten Laufbahn.

Und es war auch ein Höhepunkt und Meilenstein in der langen Karriere von Herbert von Karajan, der sich mit dem großen Festspielhaus in Salzburg eine riesige Traumbühne bauen ließ, um dort seine Lieblingsopern selbst zu inszenieren und zu dirigieren. Mit dem genialen Bühnenbildner Günther Schneider-Siemssen entstanden mustergültige Opernaufführungen von bleibender Schönheit, immer im Dienste der Komponisten.

Verdis Falstaff begleitete Karajans lange Karriere. Wie so oft, so gab es bereits eine frühe Aufnahme des Werks, hier mit Tito Gobbi in der Titelpartie und  dem sonor gesungenen Ford von Rolando Panerai.

Die Salzburger Aufführung vereint zu einem großen Teil Sängerinnen und Sänger, mit den Karajan viele Jahre die Zusammenarbeit pflegte. Zu seinen Lieblingssängern zählte u.a. der große italienische Bariton Giuseppe Taddei, den Karajan oft in seiner Zeit als Wiener Staatsoperndirektor besetzte und ihn auch unbedingt für seine Studio Tosca Einspielung haben wollte.

Von daher war es nur folgerichtig, diesen fabelhaften Sänger mit dem Falstaff zu betrauen. Taddei ist denn auch der absolute Mittelpunkt dieser splendiden Vorstellung. Sein Stimme ist auch hier im Alter von immerhin 66 Jahren immer noch prall und seine Charakterisierung exzellent. Seine Augen, Mimik und Körpersprache geben den Charakter von Sir John perfekt wider. Taddei lebt und porträtiert jede Nuance des Textes, die Rollenidentifikation gerät staunenswert perfekt. Sein Falstaff hat Größe, Würde und eine tiefe Menschlichkeit, die anrührend wirkt. Kaum zu glauben, dass erst zwei Jahre nach Salzburg das sehr späte MET Debüt des Baritons folgen sollte. 

Als sein Widersacher Ford singt Rolando Panerai mit immer noch völlig intakter Stimme raumgreifend und stark in der szenischen Wirkung. Die Szene zwischen den beiden Baritonen, als Ford Falstaff mit einem Bestechungsgeld besucht und entdeckt, dass Falstaff bereits weiß, wann es sicher ist, Alice zu besuchen, ist meisterhaft gestaltet. Panerai schildert danach Fords Wut und Verwirrung in seinem Monolog mit ungebändigter Stimmkraft, Ausdruck und ohne jegliche Übertreibung. Überhaupt achtet die kluge Regie von Karajan darauf, dass es zu keinerlei Klamauk auf der Bühne kommt. Somit wirken die komischen Effekte ganz locker und selbstverständlich aus der szenischen Interaktion entwickelt.

Die Darstellungen der beiden männlichen Veteranen sind die Höhepunkte der Aufführung. Francisco Araiza ist hier als Fenton als lyrischer Poet auf der Höhe seiner Kunst zu erleben. Janet Perry ist als Nanetta attraktiv in Erscheinung, natürlich im Spiel und jederzeit stimmsicher. Raina Kabaivanskas Alice wirkt schon etwas überreif als Figur und tönt stimmlich bereits etwas herbstlich. An der Seite von Panerai ist sie dennoch eine adäquate Partnerin. Christa Ludwigs Quickly gelingt ein zündendes Rollenportrait und verwöhnt dazu mit edler Mezzo Kolorierung ihrer herrlichen Stimme. Und auch das war Salzburg in jener Zeit: in jeder Partie wurden Sängerinnen und Sänger der Spitzenklasse engagiert. Trudeliese Schmidt, die große Sänger Darstellerin wertet ihre Partie der Meg ungemein auf. Der große Piero de Palma ist ein hinreißender Dr. Cajus. Heinz Zednik als herrlich kauziger Bardolfo hat einen fabelhaften Konterpart in dem profunden Pistola von Federico Davia.

Herbert von Karajan bietet mit den wunderbaren Wiener Philharmonikern eine perfekte Wiedergabe der Meisterpartitur, bei der jede Note, jeder Akkord wie ein Edelstein funkelt. Mit rhythmischer Präzision und feinsten Nuancen sprudelt die Partitur, dass es nur so eine Pracht ist. Die edle Klangwiedergabe, die den sonoren Chor mit einschließt, findet eine perfekte szenische Entsprechung, die Verdis Meisterwerk in hinreißender Gestalt in Szene stellt.

Diese Aufführung ist eines der wichtigsten Operndokumente von Herbert von Karajan. Sie zeigt seine große, immense Meisterschaft. Ebenso eindrucksvoll ist nachzuvollziehen, wie groß die Gesamtwirkung einer Opernaufführung sein kann, wenn das Werk im Mittelpunkt steht und nicht ein „regietheatralischer Murks“ von Herrn oder Frau XY. Verdi ist das Zentrum der Aufführung und alle Ausführenden tragen dazu bei, dass Verdis Schwanengesang zur besten, unvergesslichen Wirkung gelangt.

Eine wunderbare Aufführung. Bedauerlich nur, dass bei der Bild- und Tonqualität Wünsche offen bleiben. Die Farbgebung des Bildes hätte etwas kräftiger ausfallen können, ebenso wirkt die Tonabmischung etwas körperlos, obschon nun eine DTS-Tonspur ergänzt wurde. Etwas mehr Substanz, insbesondere in den Tiefen, wäre dem Hörerlebnis sehr förderlich gewesen.

Dirk Schauß, 19. Januar 2023

 

 

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