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BELCANTO: THE TENORS of the 78 ERA – Eine Dokumentarfilmserie über große Tenöre der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – NAXOS 3 DVDs bzw. 3 Blu-Ray, 2 CDs

29.03.2018 | dvd

BELCANTO: THE TENORS of the 78 ERA – Eine Dokumentarfilmserie über große Tenöre der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – NAXOS 3 DVDs bzw. 3 Blu-Ray, 2 CDs

 

Der Einführung des Tonkinos in den 30-er Jahren ist zu verdanken, dass zahlreiche Filmdokumente aus der noch ins 20. Jahrhundert hineinreichenden Ära des „Belcanto“ (niemand weiß so recht was genau damit gemeint ist)  existieren, aber auch, dass charismatische Sänger wie Beniamino Gigli, Richard Tauber oder Lauritz Melchior zu veritablen Kinostars avancierten.

 

Die 13 jeweils 30-minütigen Filme wurden 1997 von Jan Schmidt-Garre als Fernsehserie produziert; sie waren im DVD-Format schon 2006 erhältlich. NAXOS hat nun die Filme technisch aufgemotzt (Format 16/9 HD), um 2 Arien-Soundtrack CDs ergänzt und mit umfangreichen Informationen zu den Filmen und einen 126 Seiten umfangreichen Essayband zu allen Fragen der Gesangstechnik, Stilistik von Belcanto, Vibrato, Krisen in der Kunst des Singens u.a. in einer einzigartigen, auch graphisch und haptisch luxuriösen Box zusammengefasst. Neben legendären Gesangsnummern von Caruso, Gigli, Schipa, Schmidt, Slezak, Tauber, Björling, Kozlovsky, McCormack, Melchior, Rosvaenge und Thill samt Interviews von Zeitgenossen, Freunden, Kollegen sowie nicht immer aufschlussreichen oder kundig-objektiven Kommentaren. Hier offenbart sich ganz generell das bekannte Problem der präzisen Beschreibung/Wertung von spezifischer Qualität in Stimmen und Technik. Wie man das jedoch macht, exerziert vorbildlich Jürgen Kesting vor. Ergänzt wird die Box durch eine Bonus-DVD, auf der bislang noch nicht veröffentlichte Ausschnitte aus Filmen mit Tito Schipa, Joseph Schmidt und Ivan Kozlovsky zu sehen sind. Die Bonus-DVD enthält der Ordnung halber noch zwei umfangreiche, bisweilen banale Interviews mit John Steane und Stefan Zucker.

 

Ganz retro werden Erinnerungen an die Zeit der Schellacks und Trichtergrammophone wach, die den Kunstformen Oper, Lied oder Operette damals eine neue Hörerschaft erschloss. Die Box bietet nicht mehr oder weniger als eine erstaunliche Reise von 1904 bis 1950 in eine dank dieser erhaltenen Ton- und visuellen Dokumente Zeit eines völlig anderen Verständnisses von Gesang, dessen Produktion und Schönheit. In der Gegenwart, wo auf TV-Sendern landauf landab Krethi und Plethi um den Rang sog. Superstars mit schwächlich ausgestatteten Stimmbändern wetteifern, sind hier hingegen echte „Stars“ mit voller gesellschaftlicher Akzeptanz zu bewundern. Informativ und unterhaltsam sind manche Porträts allemal, wenngleich von Stil, Konzept und Strickmuster der Porträts her der Zug der Zeit schon spürbar vorbeigefahren ist. Dafür gibt es andere Erkenntnisse: Wie populär Meyerbeer als Komponist damals noch gewesen sein muss, lässt sich auch daran ermessen, dass fast alle Tenöre die Arie „O Paradiso“ im Repertoire hatten. Die Tonqualität der Dokumente ist je nach Aufnahmebedingung unterschiedlich (gewöhnungsbedürftig), dennoch kommt der Stimmcharakter dieser Tenöre bisweilen besser zum Ausdruck als das bei heutigen Fachkollegen auf CD mit all den verwendeten Filtern und elektronischen Hilfsmitteln der Fall ist.

  

Format: Audiobook, Classical, Widescreen

Sprachen: Französisch, Italienisch, Spanisch, Deutsch, Englisch, Japanisch, Koreanisch

Untertitel: Englisch, Französisch, Deutsch, Italienisch, Japanisch, Koreanisch, Spanisch

Bildseitenformat: 16:9 – 1.78:1

 

Fazit: Eine Lektion in Gesang für diejenigen, die neben den Filmen auch die beiden eng beschriebenen Broschüren in englischer Sprache lesen wollen, für andere Nostalgie oder schlicht die Entdeckung ästhetisch und stilistisch längst verblichener Opernwelten samt deren Nachwirkungen auf unsere Zeit.

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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