Ballett: The Lovers‘ Garden – Il Giardino degli Amanti mit Musik von Wolfgang Amadeus Mozart – Teatro alla Scala zur 225. Wiederkehr des Todestages des Komponisten; major DVD
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Eine tänzerische Weltpremiere eröffnete die Feierlichkeiten 2016 an der Mailänder Scala zur Begehung des 225. Todestages von Wolfgang Amadeus Mozart. Zu kammermusikalischen Klängen (Flötenquartett in D-Dur KV 285 und Ausschnitten aus weiteren Flötenquartetten (KV 298, 285b), Streichquartetten (KV 80, 155, 156, 157, 168, 387), dem Oboenquartett (KV 370), und dem Klarinettenquintett (KV 581) hat Tänzer und Choreograph Massimiliano Volpini ein Stück geschaffen, in dem der Zuschauer einen Trupp junger Tänzerinnen und Tänzer aus der exzellenten Ballettkompanie der Scala in verschiedene Rollen aus dem Opernschaffen Mozarts schlüpfen sieht. An der Spitze stehen die Solisten Roberto Bolle und Nicoletta Manni, die die traumartigen sechs Sequenzen in einem zauberischen labyrinthischen Garten anführen. Das Bühnenbild von Erika Carretta stützt sich auf historisierende farbenfrohe Prospekte, im Hintergrund des Gartens der Villa aus dem 18. Jahrhundert scheint ein Birkenwäldchen einem Gemälde gleich dem bunten Treiben zumindest räumlich Einhalt gebieten zu wollen.
Das auch in der Filmregie gut sichtbare und ins optische Geschehen mit ein bezogene La Scala Streichquartett und weiteren Solisten des Orchesters ist in einem eigenen Garten platziert und wird somit zu einem integrativen Teil des Stücks.
Der Inhalt ist allerdings ziemlich banal und tänzerisch keimfrei umgesetzt. Alles strotzt nur so vor Lieblichkeit und Schönheit in diesem Mozartschen Sommernachtstraum. Neckische Verfolgungsspiele wechseln ab mit Versatzstücken aus „Le nozze di Figaro“, das Personal aus „Don Giovanni“ darf hinzukommen, natürlich kann in einem qui pro quo der Liebessehnsüchte auch das Quartett Fiordiligi, Dorabella, Guglielmo und Ferrando aus „Cosi fan tutte“ nicht fehlen. Am Höhepunkt der irrealen Gartenparty hat die Königin der Nacht ihren großen Auftritt und macht darauf aufmerksam, dass Mozart die Zauberflöte nie vollendet hat und es kein Finale für sie gibt. Also gehen alle an die Stelle zurück, von der sie aufgebrochen sind, während die einen die Geschichte zu ihrem Ende führen. Nur Don Giovanni muss dem Geist des Kompturs folgen.
Dieses Treiben der Faune und Waldgeister, der Sylphiden und leichtfüssigen Traumgespinste ist charmant gedacht und optisch reizvoll in Szene gesetzt. Allerdings trägt der Abend dramaturgisch nicht, die allzu rokokohaft verspielte, wenig abwechslungsreiche Choreographie nützt sich im Verlauf des Stücks ab. Die Opulenz der Farben und das unruhige Gewusel tun das ihrige, um das Auge und auch das Ohr zu ermüden. Intime Kammermusik und romantische Rollenspiele im nächtlichen Garten sollten eigentlich zusammenpassen. Durch die permanente Überaktion wird die Musik jedoch vollkommen überdeckt. Vielleicht ist aber auch die Truppe zu jung, um glaubhaft großen Operncharakteren prägnanten Ausdruck verleihen zu können. Sicherlich ist das Setting insgesamt hochästhetisch und modisch schick, zum Thema „Der Garten der Liebenden“ hätte einem aber auch eine weniger oberflächlich kokette, weniger glatte Umsetzung einfallen können.
Die Filmregie ist erstklassig, besonders gefallen die das Quartett mit einbeziehenden perspektivischen Schnitte.
Dr. Ingobert Waltenberger