AUF DEN SPUREN VON ANTON BRUCKNER 4 : STEYR
Der Hauptplatz. Foto: Robert Quitta
Steyr ist sicher die schönste Stadt Oberösterreichs und auch eine der schönsten von ganz Österreich (zu der sie in der Fernsehsendung „9 Plätze – 9 Schätze“ 2023 auch verdienterweise gewählt wurde). Dass die Altstadt so gut erhalten ist und Steyr dadurch seinen Charme bis heute bewahren konnte, verdankt es nicht zuletzt einer List der Geschichte, nämlich der Tatsache, dass die Strecke der Westbahn daran vorbei geführt wurde. Dadurch blieb Steyr trotz seiner Schönheit mehr oder minder ein Geheimtipp und von chinesischen Touristenströmen glücklicherweise verschont. Genau s o bekämpft man Overtourism schon im Ansatz, liebe Leute !
Mit Anton Bruckner (dessen Name untrennbar mit Ansfelden und St.Florian verknüpft ist) verbindet man Steyr hingegen eigentlich eher nicht. Dabei hat er 20 (!) Sommer hier verbracht und große Teile der 8. und 9.Symphonie geschrieben.
Grund genug, um ihm hier zu seinem 200.Geburtstag zwei Ausstellungen zu widmen.
Das Statmuseum. Foto: Robert Quitta
Die erste mit dem bochenen Titel „Un#erhört, dieser Bruckner !“ (diese cool sein wollende Raute hätte einem schon Warnung genug sein müssen) ist ein Witz. Sie besteht aus ein paar Schautafeln , die über das Stadtmuseum Steyr verteilt sind und enthält Inschriften in „kindergerechter“ Sprache mit Perlen wie: „Ein Komponist ist ein Mensch, der Noten schreibt.“ und „Welche Musik schrieb Bruckner ? Musicals? Schlager? Popsongs ?“. Ja, hält man denn die Kids alle für völlig schwachsinnig? Ärgerlich.
Das Stadtmuseum selbst ist hingegen unbedingt einen Besuch wert. Im uralten Innerberger Stadl untergebracht, wurde es wunderschön renoviert und ist nunmehr State of the art der Museumsgestaltung. Besondere erlenntnisreich der berühmten Steyrern gewidmete Saal. Oder wussten sie, dass die Dynastie der Familie Hartlauer von hier stammt ?
Bruckner vor dem Mesnerhaus. Foto: Robert Quitta
Großartig hingegen die zweite Anton Bruckner gewidmete, auf eine private Initiative zurückgehende, Ausstellung mit dem schönen Titel „Wo ich alljährlich so gerne weile“. Mit geringfügigen Geldmitteln hat der umtriebige Wolfgang Hack das alte leerstehende Mesnerhaus wieder notdürftig in Stand gesetzt und mit etlichen Bruckner-Dokumenten und Bruckner-Devotionalien liebevoll ausgestaltet. Der Großteil davon aus Familienbesitz, denn seine Familie lebt seit 600 Jahren in Steyr, ein Urgroßvater war Mitglied einer Liedertafelund dadurch Bruckner auch persönlich verbunden. Die Wahl des Mesnerhauses ist nicht zufällig, denn Bruckner, der im Pfarrhof gegenüber Quartier bezogen hatte, pflegte hier immer zum Essen zu kommen. Eine charmante, stimmungsvolle, leider vorerst nur provisorische Ausstellung, die eine Umwandlung in ein Museum über das Bruckner-Jahr hinaus mehr als verdienen würde.
Gedeckter Tisch für Anton Bruckner. Foto: Robert Quitta
(Bruckner Birnenmost und graue Bruckner-Filzpatschn gibt’s übrigens auch zu kaufen, und der informative Katalog ist ein Sammlerstück für den Bruckner-Liebhaber.)
Da Steyr weitaus mehr Sehenswürdigkeiten aufweist als sich in einem Halbtagsausflug bewältigen liessen und der Aufenthalt daselbst, wie schon Bruckner wusste, angenehm und entspannend ist, empfiehlt es sich, zumindest eine Nacht hier zu vorbringen. Am besten im im wahrsten Sinne des Wortes ersten Haus am Platz: dem Hotel Mader direkt am Stadtplatz. Das in drei verschachtelten Gebäuden untergebrachte Hotel ist so etwas wie der gesellschaftliche Mittelpunkt der Stadt. Restaurant, Wirtshaus, Café, Bar und Veranstaltungsräume gibt es hier, bodenständige, aber auch moderne Küche, und natürlich den Chef, den Herrn Mader als einen persönlichen Gastgeber, wie es sie kaum noch gibt. Wer es darüber hinaus noch schafft, ein Zimmer mit Blick auf den Stadtplatz zu ergattern, hat überhaupt das große Los gezogen …
Der Maibaum. Foto: Robert Quitta
Auf besagtem bezaubernden Platz (am schönsten im Mai mit Maibaum) befindet sich auch ein Café mit dem ungewöhnlichen Namen Frau Franzi. Wenn man hier eine der viiielen Frühstücksvariationen mit Blick auf die Enns geniesst, vermeint man, dass es dieses schon immer gegeben haben müsste. In Wirklichkeit gibt es erst seit ein paar Jahren, aber Chefin Nicole ist es gelungen, es so zu gestalten, dass man sich darin auf Anhieb wohlfühlt …und es für den Rest des Aufenthalts einfach als zweites Wohnzimmer adoptiert…
Robert Quitta, Steyr