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AUF DEN SPUREN VON ANTON BRUCKNER 3 : BAD KREUZEN

19.10.2024 | REISE und KULTUR

AUF DEN SPUREN VON ANTON BRUCKNER 3 : BAD KREUZEN

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Gruß aus Bad Kreuzen. Foto: Robert Quitta

Dass Anton Bruckner (zumindest nach außen hin) kein besonders glückliches Leben führte, ist ja bekannt. Weniger bekannt ist hingegen, wie sehr er an einer Zwangsneurose, genauer gesagt: an einer Zählneurose litt. In einer psychischen Krisensituation begann er die Blätter von Bäumen zu zählen, die Fenster von Gebäuden, die Steine auf der Straße etc. Wenn er glaubte, sich verzählt zu haben, begann er einfach wieder von vorne. Als er auch noch anfing, die Sterne am nächtlichen Himmel zu zählen, sagte ihm sein Arzt klipp und klar, „dass nun der Irrsinn vor der Tür stünde“ und verbrachte ihn kurzerhand in die Kaltwasser-Heilanstalt in Bad Kreuzen. Drei Monate musste der arme Anton dort ausharren. Welchen Behandlungen er dort ausgesetzt war, wissen wir nicht genau und wollen wir auch gar nicht so genau wissen. Es dürfte sich aller Wahrscheinlichkeit um ziemlich extreme Hardcore-Kneippkuren gehandelt haben, für die die Heilanstalt ja berühmt war.

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Das Kaltwasser-Heilbad. Foto: Robert Quitta

Nach Ablauf der drei Monate war Bruckner zwar nicht geheilt (die Zählneurose kam immer wieder), aber immer soweit wieder arbeitsfähig, dass er gleich darauf die f-moll Messe komponierte. Immerhin.

Im Rahmen der landesweiten dezentralen Bruckner-Expo ist im renovierten Turm der Burg Kreuzen eine sehr nette Ausstellung zu sehen. Diese beschäftigt sich zwar nur sehr wenig mit dem (ziemlich undokumentierten) Zwangsaufenthalt unseres armen Meisters hier, sondern in erster Linie mit der Geschichte der Kaltwasser-Heilanstalt. Aber diese ist auch extrem interessant, da sie ziemlich genau die unglückselige Geschichte des 20. Jahrhunderts widerspiegelt.

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Die Folterwannen. Foto: Robert Quitta

1845 gegründet war sie zuerst ein schickes Nerven-Sanatorium, zu dem die betuchten Gäste von weither anreisten (und es war langwierig und kompliziert, in die Einschicht von Kreuzen zu gelangen).

Nach dem Zusammenbruch der Monarchie blieben die Gäste aus, und der Abstieg begann. Im zweiten Weltkrieg diente die Anstalt als Lazarett, nach der Befreiung des nahegelegenen KZs Mauthausen wurden darin Überlebende wieder aufgepäppelt. Seither befindet sich hier ein Flüchtlingslager, zuerst für Flüchtlinge aus Ungarn, dann für die aus der Tschechoslowakei usund seither für die jeweiligen aktuellen Flüchtlingswellen ( aus Uganda, Polen, Jugoslawien, den Sowjet-Nachfolgestaaten,  Tschetschenien, Afghanistan, Mongolei, Somalia, Ukraine etc.) bis zum heutigen Tag.

Von den eleganten Gebäuden der ehemaligen Heilanstalt ist zwar gar nichts mehr übrig (das an ihrer Stelle errichtete Flüchtlingslager ist eher Baracken-artig). Dennoch ist es für den Bruckner-Verehrer, um nicht zu sagen: Bruckner-Pilger berührend, den Ort des zeitweiligen Martyriums des Hl. Anton zu besuchen. Die Tempel seiner Quälgeister sind verschwunden, aber der Ausblick auf die umgebende Landschaft, der vielleicht auch dazu beigetragen hat, wieder ein wenig Frieden in seine zerrissene Seele zu bringen, ist immer noch so schön und beruhigend und besänftigend wie damals…

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Der versöhnende Blick. Foto: Robert Quitta

Robert Quitta, Bad Kreuzen

 

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