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Ahoi! Das kulturelle Prag erwacht – Tschechiens Metropole als florierende Kulturstadt 

06.07.2021 | REISE und KULTUR

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Foto: Serghei Gerciu

Ahoi! Das kulturelle Prag erwacht – Tschechiens Metropole als florierende Kulturstadt 

 ‚Das kulturelle Prag erwacht‘ ist das an kunstbeflissene Reisende gerichtete Motto der Kulturstadt Prag in diesem Sommer. Und sehenswert ist sie, die frühere Habsburger-Stadt. In seiner Substanz ist der historische Kern auch das Prag von heute: Die romantisch verwinkelte Altstadt mit ihren barocken Palästen und Malá Strana, die Kleinseite am gegenüber liegendem Ufer der Moldau mit dem Hradschin, der Prager Burg und dem gotischen Veitsdom. Die berühmte Karlsbrücke aus dem 14. Jahrhundert mit ihren emporragenden Heiligenstatuen verbindet die beiden alten Stadtteile. Wie eine Wunderwelt sieht alles zusammen aus.

Auf die hochgeschossenen gotischen Kirchenbauten früherer Tage sind barocke Prachtbauten gefolgt. Die herrschaftlichen Besitzer der böhmischen Ländereien – die Kinskys und Schwarzenbergs, Lobkowitz oder Kriegsherr Wallenstein – haben sich ihre Prunkpaläste errichten lassen. Und da sich die Habsburger gegen in Gottes Namen plündernde Schweden und andere protestierende evangelische Gläubige schließlich doch durchzusetzen vermochten, so hat sich der Katholizismus als staatstragende Religion mit den zahllosen Kirchenbauten noch imposanter in Szene zu setzen gewusst.

Wolfgang Amadeus Mozart hatte keine weiten Weg zurückzulegen, als er über lehmige Pfade zur Uraufführung seines „DonGiovanni“ 1787 ins Ständetheater eilte oder sich in der St. Nikolaus-Kirche auf die Orgelbank setzen wollte. Während seiner Aufenthalte in Prag hatte er auch seine Unterkunft im Palais des Grafen Pachta, und dort am Ufer der Moldau komponierte er für eine der berühmten herrschaftlichen Familienmatineen seine Sechs Deutschen Tänze. Am Spaziergang ins so nahe Theater ist er auch am um einiges prächtigere Palais der Clam-Gallas vorbei geeilt, in welchem etwas später Ludwig van Beethoven Gast gewesen ist um der Adelsgesellschaft am Klavier vorzuspielen. Und auf seinen kurzen Wegen ist Mozart von gnadenvoll winkenden Heiligenstatuten an jeder Hausecke gesegnet worden.

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Foto: Czech-Tourismus

Solch Segen erhielten auch die unzähligen herumstreunenden Touristen aus aller Herren Länder, welche Prag als vielleicht schönste historische Stadt auf touristischer Kurzvisite besucht haben. Coronas Todesenegel sind auch in Tschechien nicht ausgeblieben, und somit ist im Jahr 2021 dies eingetreten, was sich so mancher von den Ausländerströmen geplagte Prager gewünscht hatte – leere, eher leergefegte Straßen und endlich einmal wieder verträumte romantische Gässchen. Und somit: eine großes schäumendes Bier, zur Chinesenzeit noch 94 Kronen wert, ist nun um 46 Kronen genußvoll zu trinken.

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Foto: Czech Tourismus

Doch zurück zur Kunst. Die Musik- und Kulturstadt Prag setzt nun nach der erzwungenen Covid-Pause zu neuen Aktivitäten an. Mit vollen Programmen soll es ab Herbst wieder voll losgehen. Und das Divádlo narodni, das stolze patriotische Nationaltheater am Ufer der Moldau, auf alte und neuere tschechische Künste ausgerichtet, bedankt sich mit der Tour ‚Národni na vode‘ (= das Nationaltheater am Wasser) bei den ihr während der Pandemie treu geblieben Pragern mit Musizieren auf einem Moldau-Schiff. Das Orchester in weißen Hemden ist am oberen Deck der ‚Bella Bohemia‘ dicht aufgereiht, und Dirigent Jaroslav Kyzling fordert seine Musiker zu böhmischer Musizierfreude auf. Nahe ans Ufer oder um die kleine Insel Kampa gefahren, und dem überall dicht gedrängten Pragern werden an mehreren Stationen das Mondlied der Rusalka oder die schönsten Opernmelodien vorgesungen. Das gefällt! Zwar ist dazu hin und wieder aus den Uferlokalen rockiger Sound zu vernehmen – ihre Kultur hat für die Prager aber doch den Vorrang. Kultur? Auffallend jedenfalls: Während die Wände am Wiener Donaukanal im Zentrum das Stadt mit unzähligen fast nur primitiven Graffiti beschmiert sind, so halten die  Ufer der Moldau die Würde ihrer Stadt unbefleckt in Ehren.

‚Das kulturelle Prag erwacht‘ ist nun das an Schlagwort für an Kultur interessierte Touristen. Dazu werben große Fotos von Plácido Domingo für dessen kommenden Konzertabend in Tschechien. Allerdings nicht Prag sondern Cesky Krumlov, die Schiele-Stadt, das südböhmische Kulturdenkmal, wird am 4. September sein Auftrittsort sein. Und auch Publikumsliebling Adam Plachetka, von der Wiener Staatsoper nun ausgebootet, wird dort gastieren. Einige Blicke auf die auf mehrere Palais aufgeteilten Kunstschätze der Nationalgalerie könnten ebenfalls von Interesse sein. Alte Pratermusik ist noch bei den Ringelspielen zu hören, und im stattlichen Österreichischem Kulturforum wird die Exposition ‚Kalliope Austria, Frauen in Gesellschaft, Kultur und Wissenschaft‘ präsentiert.

Die drei alten Opernhäuser der Stadt bleiben sich ihren Programmlinien treu, kommen ohne eingekaufte Container-Inszenierungen aus. Das von tschechischen Nationalisten gebaute Nationaltheater, 1881in Beisein von Kronprinz Rudolf und seiner Gattin Stefanie mit Friedrich Smetanas „Libuse“ eingeweiht – und bald darauf vom Dachstuhl aus abgebrannt und neu errichtet – vermittelt die Kultur des Landes. Für das Ständetheater  (Stavovské divadlo) heißt es neben Smetana und Dvorak immer wieder mozartisch „Don Giovanni“ oder „Figarova svatba“. Und die Prager Staatsoper (Státni opera) setzt auf Richard Wagner und ähnliche Konsorten. So nebenbei: alle drei historischen Theaterbauten zeichnet die elegante bürgerliche Architektur des späteren 19. Jahrhunderts aus. Und dazu gibt es direkt neben dem Nationaltheater für die Laterna magika und andere Musiktheater-Zaubereien noch mit Nová scena einen modernen Theaterbau. Doch kurz noch zu Mozart zurück. Was soll er in seinen späteren, doch immer noch jungen Jahren gesagt haben: „Die Prager verstehen meine Musik!“ So ähnlich könnte es aus seinem Mund schon geklungen haben.

Info: www.visitczechtourism.com oder wien@czechtourism.com

Meinhard Rüdenauer

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Foto: Dagmar Veselkova

 

 

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