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ZÜRICH: LA VIE PARISIENNE – Produktion der OperaBox. Premiere

29.12.2017 | Operette/Musical

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Christa Fleischmann als Gabrielle: Die Party gerät aus den Fugen. Copyright. Thomas  Entzeroth


Zürich: LA VIE PARISIENNE – Produktion der OperaBox-Premiere 28.12.2017

Operetten-Plausch auf der direkten Linie

Diesmal hat sich das auf Initiative des Direktors des ZKO (Zürcher Kammerorchester) Michael Bühler gegründende Opernunternehmen OperaBox Zürich in dankenswerter Weise der leider selten aufgeführten Operette von Jacques Offenbach „La vie parisienne“ angenommen. Das Werk stellt enorme Ansprüche an die Ausführenden, erfordert einen riesigen „Personal-Aufwand“ und verfügt über eine Spieldauer von gut 3 Stunden. Unterstützt von Orchester-Mitgliedern des ZKO unter Leitung von Andreas Joho, wurde in einer gelungenen musikalischen Einrichtung von Wolfgang Drechsler die vier-aktige Original-Fassung gespielt. Gesungen wurde durchwegs im französischen Original, während die Dialoge mal französisch, dann wieder deutsch, Schweizer Mundart und sowohl englisch als auch schwedisch geführt wurden. Paul Suter hatte wiederum die Regie übernommen und aus der spritzigen Operette Offenbachs einen recht derben Boulevard-Schwank mit viel Schwung und einem guten Zug gemacht. Das kann man schon so machen, dabei geraten aber leider einige der feinen Anspielungen sowohl erotischer wie politischer Art unters Eis. Die lokalen Anspielungen kommen aber beim „heimischen“ Publikum gut an und die Lacher waren sicher gesetzt. Es ist auch erstaunlich, mit welch einfachen Mitteln Myriam Kirschke (Bühnenbild) in den Probesaal des ZKO die passende Spielstätte mit Pariser Atmosphäre und unter Mithilfe der raffinierten Lichtgestaltung von Markus Brunn hinzaubern konnte.

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Mardi Byers mit Daniel Zihlmann als Gardefeu. Copyright: Thomas Entzeroth

Es sei angesichts der umfangreichen Besetzungsliste erlaubt, aus dem Sänger-Ensemble stellvertretend ein paar Leistungen hervorzuheben, die besonders hervorstachen. Dabei muss aber betont werden, dass gerade dieser Operetten-Produktion die ausgewogene Ensemble-Leistung der OperaBox zum Erfolg verhilft. Nun zu ein paar der Solisten: Erwin Hurni und Daniel Zihlmann sind das Lebemann-Freundespaar Chicard bzw. Gardefeu, wobei sich Daniel Zihlmann durch zwar beeindruckende, aber für die Belange einer Operette zu starke und wenig flexible Stimmentfaltung seines Tenors neben dem zurückhaltenden Bariton von Erwin Hurni hervortat. Das „Objekt“ ihrer Begierde war die wirklich schön singende Violetta Radomirska als Métella, die zwar hübsch anzusehen war, aber als „Lebedame“ wenig „verruchte“ Erotik ausstrahlte. Dagegen war Mardi Byers als Lady Christine eine Wucht: sie vermochte ihre an Wagner, Strauss und Verdi geschulte Stimme höchst flexibel und mit toller Höhe den Bedingungen des Operetten-Genres anzupassen. Dazu spielte sie die leicht vulgäre Amerikanerin mit Grandezza. Als ihr in erstaunlich idiomatischem Schwedisch parlierender Gatte Baron de Gondremarck gab Erich Bieri als Komödiant mitunter dem Affen etwas gar viel Zucker, sang aber in jeder Beziehung tadellos. Als Alphonse bzw. Urbain setzte das OperaBox-Urgestein Jürg Krattinger mit einer intakten Bassstimme einmal mehr das Publikum in Erstaunen. Sehr gut traf Niklaus Rüegg (Pompa di Matadores) den rhythmisch exakten Parlando-Stil der französischen Operette. Apart die Handschuh-Verkäuferin Gabrielle von Christa Fleischmann, die als „trauernde Witwe“, animiert wohl durch zu viel Champagner, ihren Abgesang in einer Tyrolienne enden lässt und damit die ganzeGesellschaft ad absurdum führt. Von den „übrigen Damen“ ist Jeanne Pascale stellvertretend zu nennen, die durch gute Bühnen-Präsenz die „Neben“-Rolle der Pauline zu einer Haupt-Rolle machte.Auch die „restlichen Herren“ waren mit Engagement bei der Sache, so auch der kubanische Tänzer Reinier Powell und der köstliche Flavio Corazza als Baron de Frascata. Und überhaupt ist festzuhalten, dass bei so viel Engagement und Investition von Talent mit Fug und Recht der Hut gezogen werden muss. Allen Beteiligten also viele Bravi!

John H. Mueller

 

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