Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WUPPERTAL: ALI BABA UND DIE 40 RÄUBER von Selman Ada

12.04.2012 | KRITIKEN, Oper

Selman Ada: Ali Baba und die  40 räuber                     Wuppertal – Premiere 25.3.2012 (DE) – Vorstellung 11.4.2012

 
Foto: Uwe Stratmann/ Theater Wuppertal

 Als Event für die ganze Familie wollen die Wuppertaler Bühnen ihre Produktion von Selman Adas Märchenoper „Ali Baba“ verstanden wissen. In der besuchten Vorstellung gab es in der Tat einen hohen Anteil von Kids und die Stimmung war höchst beifallsfreudig. Eine türkische Akzentuierung des Spielplans gab es in der Stadt der Schwebebahn schon einmal, diesmal jedoch handelt es sich um eine deutsche Erstaufführung, sogar mit hauseigener Eindeutschung des Librettos. Selman Ada, Komponist mit mehrjähriger Paris-Erfahrung, dürfte trotz internationaler Breitenwirkung seiner Tätigkeit (auch als Dirigent und Pianist) hierzulande relativ unbekannt sein. In seinem Heimatland jedoch ist er populär, fungiert zudem seit 2009 als GMD aller türkischen Staatstheater.

Das „alla turca“ war zumal im 18. Jahrhundert en vogue. In Opernsujets spielte die Türkei als Schauplatz gleichwohl keine übermäßig wichtige Rolle. Glucks „Cadi dupé“ oder auch Rossinis „Turco in IItalia“ gehen mit Coleur locale eher buffonesk, die Türkenbab in Strawinskys „Rake’s Progress“ kommt über ein witziges personales Zitat nicht hinaus. So ist es wohl einzig die „Entführung“ Mozarts (der bereits seine „Zaide“ in der Türkei spielen lässt), welche das exotische Land stimmig in die Handlung integriert und dem Kontrast von Hemisphären überdies dramatische Akzente abgewinnt. Second-hand-Atmosphäre gleichwohl.

Das gilt auch für „Ali Baba und die 40 Räuber“ von Selman Ada (UA 1991). Es gibt ja bereits erhebliche Zweifel darüber, ob die 270. Erzählung aus „1001 Nacht“ wirklich arabischer Herkunft ist. Es könnte durchaus sein, dass der erste große Verbreiter dieser Märchen, Antonine Galland, am Ende des 17. Jahrhunderts auch Geschichten aus eigener Feder in seine Sammlung mischte. Dem muss nicht unbedingt akademisch nachgegangen sein, wie auch die Musik von Ada nicht akribisch auf folkloristische Authentizität hin überprüft werden sollte. Sie ist ein wirkungsvoller Stilmix aus Orient und Okzident, eingängig, auf Anhieb sympathisch und offenkundig geeignet, Kinderohren für sich zu gewinnen. Da es in Wuppertal nicht, wie etwa in Köln, Dortmund oder auch in Wien, eine institutionalisierte Kinderoper gibt, kommt dieser Initiative besonderer Wert zu.

Das unter Florian Frannek  launig aufspielende Sinfonieorchester Wuppertal trägt zum orientalischen Reiz des Abends nachhaltig bei. Besonders jedoch sahnt die fantasievolle Inszenierung von Operndirektor JOHANNES WEIGAND ab und fesselt das Interesse der Kinder. Die eingeschränkte Textverständlichkeit bereitet den kleinen Zuschauern zwar erkennbar Schwierigkeiten, aber die vor jedem Szenenwechsel projizierte Inhaltsangabe bedeutet Hilfe, auch als Überbrückung der sich mitunter etwas hinziehenden Umbaupausen. Die laubsägeartige Ausstattung von MARKUS PYSALL samt den attraktiven, bunten Kostümen beschäftigt das Auge ebenso wie eine reizvolle Puppentheater-Einlage. Bestechend die choreografische Lebendigkeit der Aufführung und die witzige Einbeziehung von Video-Projektionen. Der verstärkte Chor gibt sich ebenso spiellaunig wie die Solisten, von denen ARANTZA EZENARRO, JOSLYN RECHTER und BANU BÖKE (gesanglich attraktiv) sogar einen Bauchtanz à trois hinlegen. Der letztgenannten Sopranistin ist auch ein schönes Duett mit ihrem Liebhaber Abdullah gegönnt (MILJAN MILOVIC, liebenswert, chevaleresk), MICHAEL TEWS (Räuberhauptmann) erweist sich einmal mehr als vollsaftige Bühnenpersönlichkeit. Für die Titelpartie konnte Wuppertal ÜNÜSAN KOLUGLU gewinnen, einen mehrfach prämierten türkischen Tenor. Als Ali wirkt er robust, via Internet sind aber auch seine lyrischen Qualitäten zu überprüfen (Mahlers Gesellenlieder, Wagners Wolfram). Der Erfolg von Adas Oper für Groß und Klein sollte sich herumsprechen und zum Nachspielen animieren.

 Christoph Zimmermann

 

 

Diese Seite drucken