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WÜRZBURG: DIE LUSTIGEN WEIBER VON WINDSOR. Premiere

13.03.2016 | Oper

WÜRZBURG: DIE LUSTIGEN WEIBER VON WINDSOR – Premiere am 12.3.2016 (Werner Häußner)

Würzburg Nicolai Die lustigen Weiber Foto Nico Manger
Kunterbunt: Taiyu Uchiyama (Cajus), Silke Evers (Frau Fluth) und Maximilian Argmann (Spärlich) in der Inszenierung der „Lustigen Weiber von Windsor“ von Gregor Horres (Regie) und Jan Bammes (Ausstattung) am Mainfrankentheater Würzburg. Foto: MFT/Nico Manger

Die Welt der lustigen Weiber von Würzburg ist vor allem eins: bunt. Wenn’s rund geht in den Affärenversuchen des heruntergekommenen Lebemanns Sir John Falstaff, durchglühen schon einmal kräftige Farben das Gehege aus Briefen, mit dem Jan Bammes die Bühne des Würzburger Mainfrankentheaters umbaut. Es könnten die Liebesschreiben sein, die der Filou wer weiß schon an wie viele Damen gerichtet hat. Oder sind es vielleicht Rechnungen, die ihm von düpierten Ehemännern präsentiert wurden?

Nicht gespart an Farbe hat Bammes auch bei den Kostümen des Personals der „Lustigen Weiber von Windsor“ Otto Nicolais: Die Fluths in luftigem Rosa, die Reichs in dezenterem Grau-Grün-Türkis gewürfelt, die Schnitte biedermeierlich angehaucht. Sir Johns dezenten Wanst umflort eine Art rotes Dinnerjacket, das wie sein Träger bessere Tage gesehen hat. Junker Spärlich steckt in weißer, rot gepunkteter Ganzkörperwäsche mit Spitzenbesatz, während Dr. Cajus wie ein Wiedergänger aus dem Varieté in paillettenschillerndem Rot über die Bühne stakst, Baguette und (leere) Bouteille in der Hand, die Haare trikoloriert. Die Jungen sind Leute von heute, aber Fenton tritt mit einem Wams auf, das ihn als kleinen Robin Hood kennzeichnen könnte – der Aufrührer gegen die elterliche Kontrolle über das Liebes- und Heiratsleben des Nachwuchses.

So weit wäre das alles ganz nett anzusehen. Aber eine Ausstattung will eingebunden werden in ein szenisches Konzept. Und da setzt Gregor Horres nur auf die Geschichte als Selbstläufer. Hintersinn oder Ironie – wie vor ein paar Wochen im gut hundert Kilometer entfernten Landestheater Coburg in Aron Stiehls Regie – halten sich, wenn sie denn angezielt sind, gut versteckt. Die Figuren bleiben hölzern, agieren nur dann mit Esprit, wenn ein genuines Theaterblut wie Barbara Schöller (Frau Reich) sich blendend mit Silke Evers (Frau Fluth) versteht, weil sie im Ensemble gut aufeinander eingespielt sind.

Die Chargen wie Cajus (Taiyu Uchiyama mit verunglücktem französisch sein wollendem Akzent) oder Spärlich (Maximilian Argmann mit ansprechend leichter Stimme) knallen nicht, sondern verpuffen, und tragen so gut wie nichts dazu bei, die Intriguen zu würzen. Auch Christoph Stegemann, sonst in Halle im „Ring“ aktiv, bekommt keinen Regie-Impuls, um ein eventuell vorhandenes komisches Potenzial auszuspielen. Er hängt mit Bierkasten vor seinem abgerissenen Wohnwagen mit ein paar undefinierbaren Kumpels herum, deren hervorstechendes Wesensmerkmal sinnfrei überzogene Bewegungen sind. Immerhin hat Stegemann einen klaren, unverquollenen Bass zu bieten, der den Falstaff musikalisch seriöser als gewöhnlich erscheinen lässt.

Ganz im Sinne der „heit’ren Laune“ agieren die aufgeweckten Damen: Barbara Schöller darf als Frau Reich mit stahlglänzender Tiefe eine Gespensterszene der romantischen Oper persiflieren, Silke Evers singt den wunderbaren Arien-Einfall für Frau Fluth mit leichtem, beweglichem, angenehm gerundetem Sopran. Beide brillieren in ihrem Duett, das wohl wie so mancher Moment in Nicolais Partitur sanft ironisierend gemeint ist – in diesem Fall mit Blick auf Bellini und Donizetti. Ausgesprochen schönes, konzentriert geführtes Material bringt Joshua Whitener für die Lerchenarie Fentons, aber auch für die weniger prominenten Stellen seiner Partie mit; seine Partnerin Anja Gutgesell kann sich in Rezitativ und Arie („Wohl denn, gefasst ist der Entschluss“) vorteilhaft präsentieren.

Daniel Fiolka hat als cholerisch-eifersüchtiger Fluth mehr Chancen, einen Charakter zu formen als Herr Reich, den Bryan Boyce vornehmlich als Langweiler geben muss. Michael Clarkes Chor weiß im mitternächtlichen Spuk der inszenierungsfreudigen Windsorer Damen musikalisch viel deutlicher als szenisch, was er zu tun hat. Das Philharmonische Orchester Würzburg, bei den Streichern mehr als bei den Bläsern um Eleganz und Leichtigkeit bemüht, wird von Romely Pfund auf Nummer sicher und daher ohne metrische Beweglichkeit oder Phrasierungsfinesse geleitet. Das ist der Dirigentin jedoch nicht anzulasten: Sie musste sehr plötzlich einspringen, nachdem GMD Enrico Calesso länger als erwartet an einer Influenza zu laborieren hat. Ein lauer Abend ohne Inspiration: Gregor Horres, der in Würzburg eine durchdachte Arbeit mit Meyerbeers „L’Africaine“ und in Hagen/Westfalen einen klugen „Don Quichotte“ von Massenet vorgelegt hat, offenbart diesmal, wie schwer es ist, im komischen Genre zu überzeugen

Werner Häußner

 

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