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WIESBADEN/ Staatstheater: DER FLIEGENDE HOLLÄNDER. Wiederaufnahme

Mit spektakulärer Senta

26.03.2018 | Oper

WIESBADEN/ Staatstheater: DER FLIEGENDE HOLLÄNDER. Wiederaufnahme

Der Fliegende Holländer – spektakuläre Senta!

Wiederaufnahme am Hessischen Staatstheater Wiesbaden am 18. März 2018, besuchte Vorstellung am 25. März 2018.

Es gibt Inszenierungen, die machen Freude, unabhängig davon, wie oft diese erlebt werden. In der aktuellen Wiederaufnahme am Staatstheater Wiesbaden konnten sich die zahlreichen Zuschauer an der einfallsreichen Regie von Michiel Dijkema, der auch den Bühnenraum gestaltete, erfreuen. Die Oper wird nicht in ein Kühlhaus verfrachtet, sondern sie spielt erkennbar im maritimen Ambiente. Der Holländer ist ein Wanderer aus einer fernen Zeit, was auch durch sein historisches Kostüm (Kostüme: Claudia Damm) mit großem Schlapphut ersichtlich wird. Die Inszenierung arbeitet mit vielerlei Überraschungseffekten. So stürmt der Chor zu Beginn des 3. Aufzuges den Zuschauerraum auf allen Rängen, so das alle sich mitten im Feiergeschehen wähnen. Immer weider erstaunlich, dass das klanglich homogen und so gut koordiniert funktioniert. Der große Clou ist und bleibt das Schiff des Holländers, welches beim Geisterchor über den Orchestergraben in den Zuschauerraum segelt!

Bildergebnis für staatstheater wiesbaden der fliegende holländer mikneviciute
Foto: Lena Obst

 

Neugierde erzeugte die komplette Neubesetzung in der diesjährigen Wiederaufnahme. Als Senta war die vielseitige lettische Sopranistin Vida Mikneviciute zu bestaunen und ob ihrer hinreißenden Leistung zu bewundern. Ihr jugendlicher, dennoch mädchenhaft anmutender Sopran passte perfekt zur Rolle. Sehr erfreulich war die ungemein sichere Bewältigung dieser schweren Partie. Darstellerisch kniete sie sich mit großer Spielfreude in die Partie hinein. Dazu begeisterte sie mit einer fesselnden durchdachten Interpretation, die auch stimmlich jederzeit auf dem Punkt war. Ob im Liebesduett mit dem Holländer oder in den Ausbrüchen des Schluss-Aufzuges, jederzeit war Mikneviciute allen Anforderungen spielend gewachsen. Eine große, ja spektakuläre Leistung!

Die wandlungsfähige Romina Boscolo war eine hintergründige, zwielichtige Mary, die mit vielen Zwischentönen ihrer Partie klares Profil und gut verständlichen Text gab.

Als Holländer stellte sich in Wiesbaden Oliver Zwarg vor. Darstellerisch präsent, bereitete ihm die Partie stimmlich keine hörbaren Probleme. Seine eher bleich und nasal klingende Stimme bleibt Geschmackssache. Dies wäre leichter zu verschmerzen, würde Zwarg als Interpret diese vielschichtige Partie textlich gestalten. Leider nichts davon! Die Töne wurden brav und gleichförmig daher gesungen. Diese Beiläufigkeit im Ausdruck nahm der Titelpartie jegliche Faszination und wirkte zuweilen wie eine interpretatorische Totalverweigerung. Darunter litt vor allem sein mit akademisch dozierender Gleichförmigkeit ungestalteter Monolog, der auch eine herunter gelesene Speisekarte hätte sein können und nicht ein Text, der alle Gefühlsanteile einer zutiefst leidenden und zerquälten Seele offenbart. Bleibt zu hoffen, dass Zwarg für sein in Wiesbaden anstehendes Rollendebüt als Hans Sachs (!) sich noch zum Textgestalter mausert….oder zumindest GMD Patrick Lange das inhaltlich überzeugender mit ihm erarbeitet.

Eine erfreuliche Begegnung war hingegen mit dem Daland, verkörpert von Albert Pesendorfer, gegeben. Ein sonorer Baß, der sichtlich Freude an seiner Rollengestaltung hatte und vielen Ideen seine Rolle gelungen charakterisierte. Sowohl Zwarg als auch Pesendorfer werden in der kommenden Spielzeit als Sachs in Wiesbaden zu erleben sein. Als Erik war Paul McNamara zu hören, der engagiert spielte, allerdings mit seinem kleinlauten vor allem in der Höhe sehr engen Tenor in der Kavatine des 3. Aufzuges deutliche Grenzen erreichte und sich nicht für weitere Aufgaben empfahl. Stimmfrisch  gefiel Joel Scott als munter agierender Steuermann, der sich sein Forcieren in seinem Solo abgewöhnen sollte, so vermeidet er den Kickser in der Höhe, den er in dieser Vorstellung verursachte.

Eine Freude waren Chor und Extrachor des Staatstheater in der bewährten Einstudierung von Albert Horne. Mit überschäumender Spielfreude waren die Sängerinnen und Sänger ein wesentlicher Aktivposten der Aufführung.

GMD Patrick Lange konnte seine Tendenz des raschen Musizierens in der Holländer Partitur erkennbar gut ausleben. Mit viel Brio und Vorwärtsdrang stürmte er mit seinem gut aufgelegten Orchester durch die Partitur. Sehr schön war wieder der Streicherklang aufgefächert, während das Blech niemals dröhnend intonierte. Ärgerlich wie bereits in der letzten Wiederaufnahme, das komplette Weglassen aller Tam-Tam-Einsätze im Geisterchor. Da bei den übrigen Einsätzen die Spieler von Tuba und Harfe aufs Tam-Tam schlugen, scheint mir hier ein Schlagzeug-Dienst eingespart zu werden. Wiesbaden ist Staatstheater mit einem A-Orchester und agiert hier wie in der tiefsten Provinz. Sehr peinlich!

Viel Jubel, am meisten und zurecht für die umwerfende Vida Mikneviciute im gut besuchten Staatstheater.

Dirk Schauß

 

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