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WIESBADEN/ Maifestspiele: Grandioser Start mit THE TURN OF THE SCREW, LA TRAIVIATA, DIE FRAU OHNE SCHATTEN

07.05.2015 | Oper

Eröffnung der Internationalen Maifestspiele in Wiesbaden 01.- 03. Mai 2015: GRANDIOSER START

 Man war sehr gespannt, was Uwe Eric Laufenbergs ersten Maifestspiele zu bieten haben werden. Und man wurde vollends befriedigt.

 Den Anfang der Internationalen Maifestspielen in Wiesbaden machte am 1. Mai Benjamin Brittens kongeniales Kammerspiel „The Turn of the Screw“. Die Produktion war bereits im Theater an der Wien zu sehen und überzeugte genauso in Wiesbaden wie in Wien. Für die Inszenierung zeichnet Robert Carsen verantwortlich. Die Produktion ist an einen alten Stummfilm in Grau angelegt (Großartige Ausstattung: Robert Carsen, Luis Carvalho). Durch eine packende Personenführung, beeindruckende Lichteffekte (Robert Carsen, Peter van Praet) und geniale Regie-Ideen zeigt Carsen, was man unter echtem Regietheater versteht. Oft fährt einem ein Schauer über den Rücken. Ganz besonders gelungen ist die Traumszene der Gouvernante, in der sie in einem Bett liegt und über ihre Silhouette ihr eigenes Gesicht als Video projiziert wird (Äußerst interessant und vielseitig: Finn Ross). Genial, dass der junge Bursche Miles die Gouvernante küssen will und sie dieses aber im letzten Moment verweigert.

 Auch die musikalische Seite war perfekt. Allen voran überzeugte Claudia Rohrbach mit schlankem Sopran als Gouvernante. Großartig die dramatische Helen Donath als Mrs. Grose. Victoria Lambourn als Miss Jessel überzeugte ebenso wie Thomas Piffka als Prolog/Peter Quint. Ein besonderes Lob gilt Stella An als Flora und dem Knabensopran der Chorakademie Dortmund Yorick Ebert.

 Das Hessische Staatsorchester Wiesbaden wurde von Generalmusikdirektor Zsolt Hamar klar und deutlich geführt. Durch große Klangbögen und viele Details sowie herausragende Tempi und Piani gelingt ihm ein wunderbarer Britten-Abend.

 Das Premierenpublikum wusste das zu schätzen und dankte nach diesem zweieinhalbstündigen Abend (samt Pause) allen Beteiligten mit riesigem Jubel. Regisseur Robert Carsen war nicht anwesend, da er sich gerade bei der Expo in Mailand aufhällt, wo er ebenfalls inszeniert. Doch die Spielleiterin Maria Lamont erhielt stellvertretend ebenfalls kräftige Bravos.

 Fazit: Eine rundum geglückte Eröffnung der Maifestspiele. Prädikat: Unbedingt hingehen!

 Der zweite Tag der Maifestspiele in Wiesbaden setzte auf einen Klassiker. Giuseppe Verdis „La Traviata“, die Produktion hatte bereits im März dieses Jahres am Staatstheater Wiesbaden Premiere gefeiert.

 Regisseur Nicolas Brieger zeigt mit viel Gefühl für Verdis Musik, wie Violetta, mit platinblonder Perücke (schöne Kostüme: Andrea Schmidt-Futterer) unter einer perversen Gesellschaft leidet. Fast die ganze Oper lang ist in einer Glaskugel ein Violetta-Double an verschiedenen medizinischen Geräten angeschlossen, um zu überleben. Mehr tot als lebendig. Violetta selbst steigt am Ende in diese Kugel und stirbt. Im ersten Akt wird eine Limousine reingefahren (Passende Bühne: Raimund Bauer) und kleine Mädchen missbraucht. Außerdem wird viel mit Champagner herumgespritzt. Man kann sehr schön das Aufblühen der Liebe zwischen Violetta und Alfredo miterleben. Aber auch die Beziehung zwischen Alfredo und seinem Vater Giorgio Germont ist gut ausgearbeitet. Insgesamt eine gute Umsetzung der wohl bekanntesten Oper von Verdi.

 Olesya Golovneva führte ein Ensemble von echter Klasse an. Mit einer leichten Höhe sowie dramatischen Passagen überzeugte sie schon von Anfang an. Der junge Rumäne Ioan Hotea sang mit frischem Tenor die wunderschöne Partie des Alfredo. Ein besonderes Highlight war George Petean als Giorgio Germont mit einer kernigen, robusten Bassstimme. Auch der Rest des Ensembles überzeugte lückenlos.

 Die Musikalische Leitung hatte wie am Vorabend GMD Zsolt Hamar inne. Perfekt führte er das Orchester und ging vorsichtig und gekonnt an dieses gar nicht so leichte Werk heran. Wieder einmal Spitze!

 Großer Jubel für einen herrlichen Verdi-Abend.
Fazit: Gelungene musikalische Seite, gelungene Inszenierung. Was will man mehr?

 Nach „The Turn of the Screw“ und „La Traviata“ war man schon sehr erfreut über dieses Eröffnungs-Wochenende in Wiesbaden. Doch was man am dritten Abend zu sehen und hören bekam, übertraf beide Abende um Längen.

 

„Die Frau ohne Schatten“ von Richard Strauss war die Eröffnungsproduktion der neuen Intendanz gewesen. Regie führte der neue Intendant Uwe Eric Laufenberg selbst und es ist ihm Großartiges gelungen. Eine faszinierende Personenregie, geniale Einfälle, klassisch und doch gewagt. Eine fünf Sterne Leistung! Die Erscheinung des Jünglings in Sliptanga und Sixpack (Magische Kostüme: Antje Sternberg), der nackte Kaiser und die nackte Kaiserin im Bett, der Falke als misshandelter Sklave des Kaisers. Großartig! Berührend wenn Barak und die Färberin Geschlechtsverkehr haben und sie ganz unbeeindruckt mitmacht. Oder am Schluss des ersten Aktes, als der Färber zu seiner Frau geht, sie sich wegdreht und er sie zudeckt, bevor er in sein Bett zurück schreitet. Auch die langsame Versteinerung des Kaisers wird deutlich gezeigt. Zuerst verwandelt er sich in einen kalten Herrscher (brutal, aber überzeugend dargestellt im Traum der Kaiserin: Der Jüngling wird gefoltert.) Auch echtes Wasser wird auf der Bühne bei der Szenen des Lebenswassers ausgeschüttet. Die Kaiserin befreit sich aus den Fängen der bösen Amme, geht eine symbolische Treppe hinauf (Einfallsreich die Bühne von Gisbert Jäkel) und erlöst ihren Mann vom Versteinern. Doch die Kaiserin misstraut diesem ach so glücklichen Ende. Ein riesiger Spiegel kommt vom Schnürboden, das Licht im Saal geht an, die Kaiserin verschwindet und die letzten Sekunden des wunderbaren Schlusses darf sich das Publikum selbst im Spiegel betrachten!

 Einmalig die Musik: Eine Besetzung der Extraklasse! Manuela Uhl zeigt mit extremer Höhe und angenehmem Sopran, dass sie sich mittlerweile in die oberste Liga der ganz großen Kaiserinnen hochgearbeitet hat. Eine Klasse für sich: Evelyn Herlitzius als Färberin. Mit einem kräftigen Instrument und packender Dramatik ein Glücksfall für „Die Frau ohne Schatten“. Ebenfalls großartig Doris Soffel als Amme. Eine beeindruckende Interpretin dieser Partie. Unübertrefflich Oliver Zwarg als lyrischer Barak. Auch Lance Ryan überzeugte als Kaiser. Das restliche Ensemble ebenfalls einmalig gut. Matias Tosi als Geisterbote, Gloria Rehm als Falke, Silvia Hauer als Stimme von oben, Heather Engebretson als Hüter der Schwelle des Tempels, Ralf Rachbauer als Buckliger, Christopher Bolduc als Einäugiger, Benjamin Russell als Einarmiger und Aaron Cawley (mit gut trainiertem Körper) als strippender Jüngling.

 Der GMD der Oper Frankfurt Sebastian Weigle war ein absoluter Glücksfall für diesen Abend. Intensiv, detailreich, magisch sein Dirigat. Das Hessische Staatsorchester Wiesbaden klang einwandfrei, einfach großartig! Auch der Chor (Leitung: Christoph Stiller, Albert Horne) konnte sich durchaus hören lassen.

 Unzählige Bravo-Rufe, Getrampel und Standing Ovations für ein einmaliges Frau ohne Schatten-Erlebniss!

 Fazit: Der absolute Höhepunkt der Maifestspiele. Eine außergewöhnliche Leistung von allen Seiten.

 Fazit des Eröffungs-Wochenendes der Internationalen Maifestspiele in Wiesbaden:

Uwe Eric Laufenberg hat es geschafft! Das war ein Operngenuss vom Allerfeinsten. Man kann sich auf ein spektakuläres Festival bis Ende Mai freuen. Bitte weiter so!

 Sebastian Kranner

 

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